14. Dezember 2010
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20:23
Antwort
vonRechtsanwalt Michael Vogt
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gerne darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Nach § 626 BGB kann ein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen die es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar erscheinen lassen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Eine fristlose Kündigung stellt somit die ultima ratio dar. Es ist vor Ausspruch der Kündigung stets zu prüfen, ob sie nicht durch mildere Mittel vermieden werden kann.
Dementsprechend wird vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich sein, wie sie ja in Ihrem Fall auch erfolgt ist.
Hierbei gilt es im Falle ständiger Unpünktlichkeiten des Arbeitnehmers allerdings zu berücksichtigen, dass diese nur ausnahmsweise einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können. In der Regel kommt in diesen Fällen nur eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, die von der einschlägigen Rechtssprechung auch in diversen Fällen zugelassen wurde. (LAG Köln, 22.04.2010, 7 Sa 1206/09; LAG Köln, 20.10.2008, 5 Sa 746/08; LAG Schleswig-Holstein, 28.11.2006, 5 Sa 271/06)
Eine außerordentliche Kündigung wegen ständiger Unpünktlichkeit setzt nach der grundlegenden Entscheidung des BAG vom 17.03.1988, 2 AZR 576/87, voraus, dass die wiederholte Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Arbeitsverweigerung erreicht hat. Eine solche Situation ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer wiederholt unpünktlich erscheint und sich daraus der nachhaltige Wille ergibt, den vertraglichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß nachkommen zu wollen. Im Rahmen der stets erforderlichen Interessenabwägung ist dann ferner erheblich, ob es durch das Verhalten des Arbeitnehmers zu einer konkreten Störung des betrieblichen Friedens oder des Arbeitsablaufs gekommen ist.
Dies wurde auf der Basis der BAG Rechtssprechung vom LAG Hessen im Falle eines Arbeitnehmers bejaht, der trotz mehrfacher Abmahnungen in einem Zeitraum von knapp zwei Jahren über 20 mal zu spät zur Arbeit erschienen ist. (LAG Hessen, 10.11.2004, 2 Sa 756/04)
Ebenfalls bejaht wurde eine fristlose Kündigung wegen Unpünktlichkeit in zwei älteren Entscheidungen des LAG Düsseldorf. (LAG Düsseldorf, 27.11.1974, 6 Sa 1249/74; 30.06.1959, 3 Sa 140/59)
Es wird angesichts der sehr strengen Kriterien, die an eine fristlose Kündigung zu stellen ist, daher auf jeden Fall empfehlenswert sein, dass Sie Ihrem Arbeitnehmer gegenüber hilfsweise eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Ferner sollten Sie beachten, dass eine fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach dem letzten Zuspätkommen erfolgen muss, § 626 Abs. 2 BGB.
Abschließend hoffe ich, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.
Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir Verbindung aufnehmen.
Für eine über diese Erstberatung hinausgehende Interessenvertretung steht Ihnen meine Kanzlei selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Michael Vogt
Fachanwalt für Insolvenzrecht