Fristlose Kündigung wegen Köperverletzung?

| 24. Juni 2011 10:02 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


13:25
Guten Tag,

heute morgen kam es in meiner WG zum Übergriff, dazu muss ich aber weiter ausholen. Mein Vermieter wohnt ebenfalls in dieser Wohnung und hat letztes Jahr mein Zimmer ohne mein Wissen und ohne meine Erlaubnis betreten und dort Süßigkeiten entwendet. An sich keine große Sache, aber für meine Privatsphäre eine erhebliche Störung. Ich habe dem Vermieter gesagt, dass ich nicht möchte, dass er mein Zimmer ohne Erlaubnis und/oder Kenntnis betritt. Einige Monate später geschah selbiges wieder, als ein Fernsehtechniker in der Wohnung die Anschlüsse überprüft hat. Hier hab ich nichts gesagt, da der Techniker ja in das Zimmer musste.

Ich benutze hinter der Tür immer ein Handtuch auf dem Boden gegen den Zigarettenrauch selbigen Mitbewohners. Bei Verlassen des Zimmers ziehe ich dieses Handtuch immer soweit es geht hinter der Tür heran, sodass man bei betreten des Zimmers das Handtuch automatisch durch die Tür wegschiebt. Das Gleiche habe ich auch auf Verdacht letztes Wochenende getan - als ich am Montag das Zimmer betrat, war das Handtuch weggeschoben, sodass ich davon ausgehe, dass wieder jemand in meinem Zimmer war, der weder Erlaubnis dafür hatte, noch mich davon in Kenntnis gesetzt hat.

Ich habe dann diese Woche Dienstag das Zimmerschloss ausgetauscht, sodass ich das Zimmer abschließen kann.

Gestern haben wir eine WG-Abrechnung gemacht, wobei der o.g. Mitbewohner und Vermieter den Schlüssel für die Tür heimlich entwendet hat. Als ich ihn heute morgen darauf ansprach, sagte er mir, dass er den Schlüssel nicht hat.

Ich habe dann begonnen, dass Schloss erneut auszubauen, weil ich damit zum Schlosser wollte und mir einen neuen Schlüssel kaufen wollte. Währenddessen kam der Vermieter dazu, meinte, dass ich bei weiterem Ausbau die Kündigung erhalte, welches ich akzeptiert habe und weiter das Schloss ausgebaut habe.

Daraufhin ging der Vermieter ohne Vorwarnung auf mich los, hat auf mich eingeschlagen, ich bin auf das Bett zurückgewichen und der Vermieter hat auf mich eingetreten.

Ich habe danach umgehend die Polizei gerufen und Anzeige wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Diebstahl gestellt - ich gehe nicht davon aus, das es da großen Ärger für den Vermieter gibt.

Das Schloss plus Schlüssel hat mir der Vermieter im Beisein der Beamten ausgehändigt. Ich habe alles wieder eingebaut und die Wohnung nach Abschließen des Zimmers mit den Beamten verlassen.

Wie man sich denken kann, möchte und kann ich dort nicht mehr wohnen und habe nach wie vor Angst, dass mir oder meinen Sachen etwas geschieht.

Nun die Frage: kann ich die Kündigung des Mieters, welche fristgerecht mit einer Kündigungfrist ("möglich zum übernächsten Monat") ignorieren und fristlos zu einem Zeitpunkt kündiggen, der mir passt? Da es alles kurzfristig ist, kann ich nicht direkt heute ausziehen, würde dieses aber gern dieses oder spätestens nächstes Wochenende tun.
24. Juni 2011 | 10:36

Antwort

von


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Marktstraße 17/19
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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:

Ich gehe hier davon aus, das Ihr WG-Mitbewohner Hauptmieter der gemeinsamen Wohnung ist und Ihr Vermieter, der einen Teil der Wohnung an Sie untervermietet hat. Falls dieses nicht richtig sein sollte, bitte ich Sie höflich darum, dieses im Wege der hier kostenlos möglichen Nachfragefunktion klarzustellen.

Das Untermietverhältnis ist ans sich ein normales Mietverhältnisses, so dass insofern die gesetzlichen Kündigungsregeln eingreifen, wenn nichts anderes (wirksam) vereinbart ist.

Zur außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit:
Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.

Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,

2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist.

Entweder ist hier von Letzterem auszugehen bzw. haben Sie bereits mündlich eine Abmahnung ausgesprochen.

Allerdings müssten Sie dann angekündigt haben, dass Sie ausziehen, wenn sich die Verhältnisse nicht bessern.

Ansonsten müsste man aber aufgrund der zahlreichen zu Ihren Lasten begangenen Delikte wohl nach meiner ersten Einschätzung davon ausgehen, dass im Rahmen einer Interessenabwägung eine Abmahnung entbehrlich war.

Zum wichtigem Grund:
Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Es stellt grundsätzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar, wenn der Vermieter ohne vorherige Ankündigung und ohne sich vorher zu vergewissern, ob der Mieter anwesend ist, die Wohnung (mit Hilfe eines eigenen Schlüssels) unbefugt betritt.

Wichtig ist die "nachhaltige" Störung des Hausfriedens, was aber nach meiner ersten Einschätzung erfüllt sein dürfte, da wegen mehrmaliger Verletzung Ihrer Privatshäre (Hausfriedensbruch) und des Diebstahls sowie der Körperverletzung davon auszugehen ist.

Nach meinem derzeitigen Eindruck wäre eine fristlose außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.
Sie sollten auch sicherheitshalber hilfsweise und vorsorglich schriftlich fristgerecht kündigen, in erster Linie dann fristlos.

Sie sollten auch erwägen, deswegen einen Anwalt Ihrer Wahl einzuschalten.

Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 24. Juni 2011 | 13:10

Hallo Herr Hesterberg,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Eine Frage noch: mir steht theoretisch ja eine Mietkaution in Höhe von 370 Euro zu, welche ich in Raten (mündliche Vereinbarung wurde darüber getroffen) gezahlt habe. Wie soll ich mich berhalten bzw was kann ich tun, wenn der Vermieter diese Kaution gar nicht oder nur zum Teil an mich zurückzahlt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Juni 2011 | 13:25

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

Diese müssten Sie schriftlich zurückfordern, unter Fristsetzung, jedenfalls darf regelmäßig von einer Fälligkeit von vier bis sechs Monaten nach Mietende seitens des Mieters ausgegangen werden.

Falls dieses nicht fruchtet, können Sie das gerichtliche Mahnverfahren einleiten, ggf. auch einen Anwalt einschalten, wobei Sie dessen Kosten als Verzugsschadensersatz jedenfalls dann geltend machen können, wenn Sie vorher selbst Ihren Vermieter in Verzug gesetzt haben.

Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 26. Juni 2011 | 21:30

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