Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Zugegangen ist die Kündigung in dem Moment, indem Sie sie in Ihrer Zimmertür steckend vorgefunden haben.
Die Kündigung ist jedoch nicht wirksam, weil die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nicht vorlagen. Es dürfte an einem ausreichenden Verstoß fehlen, die Email war keine ausreichende Abmahnung (ich erkläre das bei Ziffer 2.) und die Kündigung wurde erst ausgesprochen, als das beanstandete Verhalten bereits beendet war.
2. Eine Abmahnung muss nicht schriftlich erfolgen. Für eine E-Mail gilt, dass sie in dem Moment zugegangen ist, indem Sie bei Ihrem Provider eingeht und theoretisch für Sie abrufbar ist. Dies ist allerdings beschränkt auf die "normalen" Zeiten der Kenntnisnahme. Wenn also eine E-Mail erst spät abends eingeht, gilt sie erst am nächsten Tag als zugegangen.
Es ist schon fraglich, ob die E-mail die für eine Abmahnung nötige Eindeutigkeit hat. Allerdings ist das zum Teil Auslegungssache. Es kommt aber auf diese Frage letztlich nicht an:
Wenn die Übernachtung der Ehefrau und der Kinder für vier Nächte als einmaliges Ereignis garkeine Pflichtverletzung ist (wofür vieles spricht), ist die Abmahnung sowieso unbeachtlich.
Tatsache ist aber, dass jedenfalls bei Absendung der E-mail erst eine Übernachtung stattgefunden hatte, so dass zu der Zeit noch garkeine Pflichtverletzung gegeben war.
Man kann jetzt darüber streiten, ob § 8 Nr. 2 des Mietvertrages überhaupt wirksam ist. Soweit es dort heißt: "ein Wochenende/Monat", ist das nach meiner Auffassung kein rechtswirksames Verbot, außerhalb des Wochenendes Übernachtungsbesuch zu empfangen. So ein Verbot müsste eindeutiger geregelt sein. Gegen ein solches Verbot würden im Übrigen auch weitere gesetzliche Beschränkungen sprechen, die ich hier aber nicht alle erklären kann. Tatsache ist jedenfalls, das im Ergebnis bei nur einer Übernachtung noch kein Verstoß gegen Ihre mietvertraglichen Pflichten vorgelegen hat.
Eine Abmahnung kann jedoch ihre Rechtsfolgen (die Berechtigung zur fristlosen Kündigung) nur dann entfalten, wenn eine Pflichtverletzung bereits vorliegt. Die "Abmahnung" des Vermieters entfaltet daher mangels Pflichtverletzung keinerlei Wirkung.
Auch bei Abmahnung durch E-Mail gelten weitere Voraussetzungen. So müssten Absender der E-Mail zum Beispiel die vermietenden Eheleute sein. Allerdings gibt es auch Mietverträge, in denen sich die Vermieter gegenseitig zum Ausspruch von Willenserklärungen bevollmächtigen. Das müsste gegebenenfalls noch geprüft werden, es wäre aber nur sozusagen eine zweite Verteidigungslinie, weil - wie gesagt - die Abmahnung mangels Verstoß ohnehin ins Leere geht.
Das Gespräch mit dem Sohn der Vermieter hat rechtlich keinerlei Bedeutung, weil Sie mit ihm kein Vertragsverhältnis haben.
3. Da die Kündigung unwirksam war, kann der Vermieter auch keinen Schadensersatz geltend machen, er kann folglich auch nichts von der Kaution abziehen. Nach § 8 Nr. 3 des Mietvertrages könnte er 20,- € verlangen. Es lohnt sich nicht, darüber zu streiten, ob diese Vertragsklausel unwirksam ist oder nicht. Gegebenenfalls würde ich an Ihrer Stelle einen Abzug von 20,- € hinnehmen.
4. Keinesfalls darf der Vermieter das Schloss auszuwechseln und Sie „auf die Straße setzen". Das dürfte er übrigens selbst dann nicht tun, wenn die fristlose Kündigung berechtigt wäre. Falls der Vermieter das Schloss auswechselt oder Ihnen auf andere Weise den Zugang zu der Wohnung / dem Zimmer verwehrt, können Sie Antrag auf Wiedereinräumung des Besitzes im Wege der einstweiligen Verfügung beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Sie werden sich mit diesem Antrag auch durchsetzen.
5. Was die generelle Einschätzung und die weitere Vorgehensweise betrifft, ist für Sie vor allem eins wichtig: die Kündigung ist unwirksam! Folglich können Sie alle drei von Ihnen genannten Möglichkeiten in Betracht ziehen. Das hängt natürlich auch davon ab, wie viel Lust Sie haben, bei diesem Vermieter weiterhin zu bleiben. Die Kaution sollten Sie vollständig zurückverlangen, wie gesagt möglicherweise abgesehen von den Betrag von 20,- € für die Übernachtungen, weil ein gerichtlicher Streit über diesen Betrag sich auf keinen Fall lohnen wird.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen