Freihändiger Verkauf

9. April 2008 01:54 |
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Insolvenzrecht


Guten Tag,
folgender Fall:

Eigentümer besitzt zwei Immobilien.

Bank A ist erstrangig auf der einen Immobilie X abgesichert.

Bank B ist erstrangig auf der zweiten Immobilie Z abgesichert und zweitrangig auf der ersten Immobilie X (Nachrang als Zusatzsicherheit). Jeweils Grundschulden.

Auf beiden Immobilien ist im dritten Rang (Immo X) bzw. zweiten Rang (Immo Z) eine Eigentümer-Grundschuld eingetragen, die notariell an einen dritten abgetreten wurde. Abtretung nicht im Grundbuch eingetragen, obwohl schon viele Jahre abgetreten. Forderung besteht auch noch.

Das Darlehen der Bank B wird notleidend. Bank B beantragt Zwangsverwaltung für beide Immobilien X und Z.

Bank A tritt der Zwangsverwaltung nicht bei, erklärt sich aber mit einem freihändigen Verkauf der Immobilie A einverstanden.
Drittrangiger Gläubiger auch mit Verkauf der Immobilie X einverstanden. Tritt auch nicht der Zwangsverwaltung bei. Weiss aber im Zweifel auch nichts davon, weil Abtretung grundbuchlich noch nicht vollzogen.

Konkreter Kaufinteressent für Immobilie X ist vorhanden, mit Finanzierungsnachweis.

Bank B hatte dem Verkauf der Immobilie X vor einiger Zeit zu deutlich niedrigerem Kaufpreis bereits zustimmt. Würde sich also jetzt verbessern.

Eigentümer möchte nun die Immobilie X veräußern.
Bank A ist einverstanden und wäre komplett befriedigt.
Bank B bekäme darüber hinaus einen beachtlichen Erlös für Nachrang-Grundschuld aus dem Verkauf.
Drittrangiger Gläubiger auch einverstanden mit Teilverkauf.

Bank B blockiert diesen Verkauf mit der Begründung, dem nur zuzustimmen, wenn auch ihre Forderung abgelöst würde, was nur funktioniert, wenn beide Immobilien gleichzeitig verkauft würden. Das ist aber utopisch.Keine wirtschaftliche Einheit. Es gibt eine gemeinsame Zufahrt, die aber über Wegerecht zugunsten der Immo Z gesichert ist.

Immobilie Z, auf der Bank B erstrangig besichert ist, könnte ggf. vermietet werden. Miete würde Darlehensrate decken.

Für die Immobilie Z, auf der Bank B erstrangig besichert ist, gibt es derzeit keinen Kaufinteressenten.

Gleichwohl würde der Bank B aus dem Verkauf des Objektes X wie gesagt ein nachrangiger Teilerlös zufließen.

In wenigen Monaten droht in beiden Immobilien Leerstand (Gewerbemietvertrag läuft definitiv aus).

Gefahr, dass der Käufer , der zumindest Immobilie X jetzt kaufen und nach Leerzug sofort selbst nutzen würde, abspringt, ist gross. Danach Verwertungssituation schwierig.

Nun die Frage:

1. Kann der Eigentümer trotz Zwangsverwaltung (Stichwort Veräußerungsverbot) überhaupt wirksam einen Kaufvertrag für die Immobilie X schliessen ?
(Mal ungeachtet der anschließenden Diskussion über eventuelle Pfandfreigaben)

2. Kann oder muss hier sogar der Zwangsverwalter am Verkauf mitwirken bzw. -wenn er zustimmen müsste- das Objekt aus der Zwangsverwaltung entlassen gegen Zahlung des Kaufpreises ?
Zwangsverwalter ist sehr kooperativ und befürwortet wirtschaftlich den Teilverkauf im Interesse aller Gläubiger.

3. Kann der Abtretungsgläubiger aus den an ihn abgetretenen Eigentümer-Grundschulden der Zwangsverwaltung beitreten, um zumindest für den Nichtverkauf seine Rechte zu sichern ?

4. Kann ein dritter Gläubiger über den Umweg einer Zwangssicherungshypothek trotz laufender Zwangsverwaltung eine Zwangsversteigerung beantragen ? Würde ggf. also aus dem vierten Rang erfolgen.

Macht hier aber Sinn, weil jeder Teilverkauf ein höheres wirtschaftliches Ergebnis bringt als der drohende Leerstand bzw. dann eine Zwangsversteigerung ohne Käufer bzw. zu niedrigerem Preis als jetzt freihändiger Verkauf. Eintragung der Sicherungshypothek hätte also für Bank B Signalwirkung, dass aus dem Nachrang jemand die ungünstigere Zwangsversteigerung lostreten könnte. Taktische Frage.

5. Im Falle einer Zwangsversteigerung wäre der Erlös sicherlich für die Immobilie X niedriger als nun beim freihändigen Verkauf. Macht sich die Bank B schadenersatzpflichtig, wenn sie jetzt den freihändigen Verkauf wider die wirtschaftliche Logik blockiert und dann bei einer späteren Zwangsversteigerung weniger erlöst wird ?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Sehr geehrte Ratsuchende,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform nur dazu dienen soll, Ihnen einen ersten Eindruck der Rechtslage zu vermitteln. Die Leistungen im Rahmen einer persönlichen anwaltlichen Beratung/Vertretung können und sollen an dieser Stelle nicht ersetzt werden.

Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen. Es können nur die wesentlichen Aspekte des Falles geklärt werden.

Aufgrund Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

1) Gemäß §§ 148 Abs. 1, 23 Abs. 1 ZVG kann der Schuldner nach der Beschlagnahme nicht mehr über das Grundstück und die beweglichen Sachen verfügen. Zu Gunsten des betreibenden Gläubigers entsteht ein Veräußerungsverbot. Allerdings bewirkt die Beschlagnahme keine Grundbuchsperre, so dass Verfügungen grundsätzlich möglich sind. Das heißt, dass eine Veräußerung gegenüber dem Gläubiger unwirksam wäre, §§ 135, 136 BGB. Wird eine Sache in Verletzung solchen Verfügungsverbotes übereignet, wird der Erwerber zwar Eigentümer, dem Verfügenden verbleibt jedoch weiterhin die Rechtsmacht, zu Gunsten des Geschützten zu verfügen und dadurch die erste Verfügung unwirksam zu machen. Eine verbotswidrige Verfügung kann nur wirksam werden, wenn das Verbot aufgehoben wird, der Geschützte sie genehmigt oder das geschützte Recht entfällt.
Ein eventueller Käufer kann nicht gutgläubig erwerben, da das Veräußerungsverbot im Grundstück eingetragen ist. Er kann nicht Eigentümer des Grundstücks werden.

2) Nach § 152 ZVG hat der Zwangsverwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche die Beschlagnahme sich erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen. Der Verwalter ist jedoch nach § 1 ZVwV an die Weisungen des Gerichts gebunden, auch wenn die Verwaltung selbstständig und im pflichtgemäßen Ermessen zu führen ist. Selbstständig kann er nicht ein Objekt gegen Zahlung eines Kaufpreises aus der Zwangsverwaltung entlassen.
Festzuhalten ist, dass der Zwangsverwalter eingesetzt wurde, um die Rechte des betreibenden Gläubigers zu wahren.

3) Gemäß §§ 146 Abs. 1, 27 ZVG kann ein weiterer Gläubiger durch die Beantragung einer weiteren Zwangsverwaltung, so ergeht ein Beschluss, dass der Beitritt des Antragstellers zugelassen wird. Dies ist grundsätzlich auch aus einer abgetretenen Eigentümergrundschuld möglich.

4) Während eines laufenden Zwangsverwaltungverfahrens kann gleichzeitig auch die Zwangsversteigerung betrieben werden, sogar vom selben Gläubiger.

5) Eine Schadensersatzpflicht ist nicht gegeben. Die Zwangsverwaltung dient der Sicherung und Vollstreckung der eigenen Rechte und Forderungen eines Gläubigers. Er hat nicht Sorge dafür zu tragen, dass andere Gläubiger befriedigt werden, oder der Schuldner möglichst viele der gegen ihn bestehenden Forderungen auslösen kann.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung bieten.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Mareike Preu
Rechtsanwältin


www.kanzlei-preu.de

Rückfrage vom Fragesteller 9. April 2008 | 09:04

Ist es grundsätzlich möglich, jetzt in der laufenden Zwangsverwaltung noch eine Sicherungshypothek einzutragen und ggf. aus dieser Zwangsversteigerung zu beantragen ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. April 2008 | 09:29

Sehr geehrte Ratsuchende,

grundsätzlich ist es auch jetzt noch möglich, eine Zwangssicherungshypothek eintragen zu lassen und aus dieser heraus die Zwangsvollstreckung zu beantragen.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Eintragende die letzte Rangstelle unter den Gläubigern einnehmen wird. Das heißt, dass dieser Gläubiger im Falle der Versteigerung womöglich den geringsten oder auch gar keinen Anteil am Erlös erhalten wird.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Mareike Preu
Rechtsanwältin

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