Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Bertha-von-Suttner-Straße 9
37085 Göttingen
Tel: 0551 70728-16
Web: https://rkm-goettingen.de/gero-geisslreiter-verwaltungsrecht
E-Mail: verwaltungsrecht@rkm-goettingen.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Blick zu nehmen: Im Fall einer Erbschaft geht das BSG davon aus, dass aufgrund § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [b]maßgeblicher Zeitpunkt der Änderung der Einkommensverhältnisse der Zeitpunkt des Erbfalls ist[/b], also der des Todes der Erblassers (BSG, Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R -). Bereits ab diesem Zeitpunkt könne ein Erbe aufgrund seiner durch den Erbfall erlangten rechtlichen Position über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Diese Besonderheiten der Gesamtrechtsnachfolge im BGB seien auch für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen nach dem SGB II entscheidend. Ob der Erbe schon zum Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich - zumindest bedarfsmindernde - Vorteile aus seiner Erbenstellung ziehen könne, sei dabei zunächst ohne Belang. Entscheidend für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen sei daher, ob der Erbfall jedenfalls vor der (ersten) Antragstellung eingetreten sei. Liege der Erbfall vor der ersten Antragstellung, handele es sich um Vermögen; liege er hingegen zeitlich nach der ersten Antragstellung, handele es sich um Einkommen.
In diesem Sinne ist Ihre Erbschaft dem Grunde nach [b]als Einkommen schon ab dem Erbfall anzurechnen[/b], nicht erst ab Erteilung eines Erbscheins. Die Erbschaft muss als Änderung in den Einkommensverhältnissen unverzüglich dem Jobcenter gemeldet werden. Das ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch I (SGB I). Das Jobcenter würde dann entsprechende [b]Neuberechnungen (auch für die Vergangenheit ab dem Erbfall)[/b] anstellen, sobald Ihnen das Geld aus der Erbschaft zufließt.
Sie können sich ab Dezember aus dem Leistungsbezug abmelden. Allerdings müssen Sie für den Zwischenzeitraum noch angeben, dass Ihnen aus einer Erbschaft xy Euro zugeflossen sind, denn es wird die o.g. Neuberechnung geben.
Die Erbschaft müssen Sie auf jeden Fall melden. andernfalls machen Sie sich wegen Betruges durch Unterlassen strafbar. Und bei einer Neubeantragung wäre die Erbschaft ebenfalls im Antragsformular anzugeben. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Bundesland Sie dann wohnen.
Über Ihren Alg II-Bezug erfährt niemand im Rahmen der Abwicklung der Erbschaft, wenn Sie Ihren Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten gegenüber dem Jobcenter nachkommen. Andernfalls würde das Jobcenter wahrscheinlich die Erbschaft auf sich überleiten und gegenüber den Miterben etc. auftreten.
Wenn Sie mit Ihrer Freundin nicht in einer Bedarfsgemeinschaft leben, müssen Sie keine Sorge haben, den Lebensunterhalt Ihrer Freundin mitfinanzieren zu müssen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen; ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird u.a. vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c, Abs. 3a SGB II). Die Beweislast läge jedenfalls bei Ihnen. Ein Untermietvertrag und eine räumliche Aufteilung und Nutzungsregelung wie in einer Wohngemeinschaft wäre unbedingt erforderlich.
Es gibt keine Vorschrift, welche die automatische Information des für einen Erben zuständigen Jobcenters vorsähe. Das Jobcenter kann nur bei einem entsprechenden Verdacht Informationen bei diversen Auskunftsstellen einholen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sehr geehrter Herr Geißlreiter,
danke für Ihre Antwort.
Ich würde also am kommenden Montag meine Erbschaft dem Jobcenter formlos melden,
mitteilen, dass ich mich auf Grund der Erbschaft zum 01.12. vom Bezug abmelde
und zudem mitteilen, dass mir die Erbschaft noch nicht zugeflossen.
Der Ablauf wäre, dass das Jobcenter verschiedene Nachweise anfordert und gegebenenfalls
für den Monat des Zufluss meiner Erbschaft eine Neuberechnung durchführt?
Der Todestag des Erblassers ist der 02.10.2018.
Das Jobcenter darf also für die Erbschaft keine Ansprüche für die Zeit vor dem Todestag geltend machen?
Danke vorab!
Ja, so würde ich das weitere Vorgehen empfehlen.
Das Jobcenter würde bei Zufluss des Geldes aus der Erbschaft oder bei Abmeldung aus dem Leistungsbezug eine Neuberechnung vornehmen für die Zeit ab dem 02.10.2018. Für die Zeit davor haben Sie nichts zu befürchten!
Beste Grüße!