Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
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Nach Ihrer Schilderung sind der Sohn und die Tochter nach dem Tod des Vaters gemeinsam Erben des Hauses und bilden eine Erbengemeinschaft. Das Haus und der Hund sind gemeinschaftliches Eigentum der Erbengemeinschaft. Die Tochter wohnt weiterhin im Haus, der Sohn nutzt ebenfalls regelmäßig das Haus (eigenes Zimmer, Wäsche, Garage), hat aber keine Vermietungsabsicht und blockiert Sanierungen, während die Tochter einen Verkauf oder eine Vermietung anstrebt.
Zu Ihrer konkreten Frage, ob der Sohn von der Tochter Miete verlangen kann (in Geld oder als Dienstleistung Hundehüten):
1.
Rechtslage zur Nutzung des Hauses durch Miterben
Solange die Erbengemeinschaft besteht und das Erbe nicht auseinandergesetzt ist, steht das Haus allen Miterben gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe hat grundsätzlich das Recht, das Haus (bzw. seinen Anteil daran) mitzubenutzen. Eine Ausgleichspflicht für die Nutzung entsteht nur, wenn ein Miterbe das Haus allein oder in einem die Quote übersteigenden Umfang nutzt und die anderen Miterben von der Nutzung ausgeschlossen sind.
2.
Mietzahlungspflicht unter Miterben
Nach dem Tod des Vaters und bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann ein Miterbe, der das Haus allein nutzt, verpflichtet sein, den anderen Miterben eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Dies ergibt sich aus § 745 Abs. 2 BGB (Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands). Voraussetzung ist, dass der nutzende Miterbe die anderen von der Nutzung ausschließt oder diese ihr Nutzungsrecht nicht ausüben können.
Im vorliegenden Fall ist die Situation jedoch besonders:
Der Sohn nutzt das Haus ebenfalls regelmäßig (eigenes Zimmer, Wäsche, Garage, Aufenthalt an den meisten Abenden).
Die Tochter nutzt das Haus zwar intensiver (wohnt dort), aber der Sohn ist nicht von der Nutzung ausgeschlossen. Eine Ausgleichspflicht für Mietvorteile ist nur dann gegeben, wenn ein Miterbe einen die eigene Quote übersteigenden Teil nutzt und die anderen Miterben von der Nutzung ausgeschlossen sind.
Wenn – wie hier – beide Miterben das Haus nutzen, besteht grundsätzlich keine Ausgleichspflicht.
3.
Hundehüten als "Mietausgleich"
Das Hundehüten ist keine mietrechtliche Gegenleistung, sondern eine Frage der Verwaltung des gemeinschaftlichen Nachlasses (hier: Hund als Nachlassgegenstand).
Die Tochter ist nicht verpflichtet, den Hund allein zu versorgen, aber sie kann auch nicht verlangen, dass der Sohn dies übernimmt, solange keine entsprechende Vereinbarung besteht. Ein "Mietausgleich" in Form von Hundehüten ist rechtlich nicht vorgesehen.
4.
Rückwirkende Mietforderungen
Da nach Ihrer Schilderung bis zum Tod des Vaters und auch danach keine Miete oder Nebenkosten gefordert oder gezahlt wurden und beide Miterben das Haus nutzen, kann der Sohn auch rückwirkend keine Miete von der Tochter verlangen.
Auch eine nachträgliche Umdeutung der Nutzung als "Mietverhältnis" ist nicht möglich, da es keine entsprechende Vereinbarung gab und beide Miterben das Haus nutzen.
5.
Fazit
Der Sohn kann von der Tochter keine Miete verlangen, weder in Geld noch in Form von Hundehüten, solange beide das Haus nutzen und keine der Parteien von der Nutzung ausgeschlossen ist.
Erst wenn die Tochter das Haus allein nutzen und der Sohn von der Nutzung ausgeschlossen wäre, könnte eine Nutzungsentschädigung in Betracht kommen. Dies ist hier aber nicht der Fall.
Zusammengefasst:
Solange beide Miterben das Haus nutzen und keine ausdrückliche Vereinbarung über eine Miete besteht, besteht keine Verpflichtung der Tochter, an den Sohn Miete zu zahlen – weder in Geld noch in Form von Dienstleistungen wie Hundehüten.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Vielen Dank für die Antwort,
ich bitte Sie mir noch die entsprechenden Paragraphen zu nennen. Ich vermute, dass z.B. §743 Satz 2 BGB dazu gehört.
Und ich habe noch folgende Frage zu einem Nebenaspekt:
Sie schreiben "Die Tochter ist nicht verpflichtet, den Hund allein zu versorgen, aber sie kann auch nicht verlangen, dass der Sohn dies übernimmt, solange keine entsprechende Vereinbarung besteht."
Dies erscheint mir ein bisschen widersprüchlich. (Außer Sie meinten, dass der Sohn nicht zur Komplettübernahme verpflichtet ist.) Ist der Sohn nicht verpflichtet sich zur Hälfte um den Hund zu kümmern und muss dieser Pflicht auf jeden Fall nachkommen?
Dann habe ich noch eine Frage zu den Nebenkosten. Die K.I. sagt mir, dass auch die Nebenkosten, die für "die ordnungsgemäße Verwaltung" von Haus und Hund notwendig sind, z.B. das Heizen des Hauses, ebenfalls von der Erbengemeinschaft zu tragen sind (§2038 BGB). Ist das korrekt?
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Anspruch auf Miete/Nutzungsentschädigung – einschlägige Paragraphen
Die rechtliche Grundlage für die Nutzung gemeinschaftlichen Eigentums durch Miterben findet sich in § 743 BGB. Dort heißt es:
§ 743 BGB – Nutzung durch die Teilhaber
(1) Jeder Teilhaber ist zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach Maßgabe des § 742 berechtigt.
(2) Über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstandes bestimmen die Teilhaber gemeinschaftlich; im Zweifel gebührt jedem ein dem Verhältnis seines Anteils entsprechender Teil des Gebrauchs.
Das bedeutet: Solange keine abweichende Vereinbarung besteht und kein Miterbe von der Nutzung ausgeschlossen ist, kann grundsätzlich keine Miete oder Nutzungsentschädigung verlangt werden. Erst wenn ein Miterbe den anderen von der Nutzung ausschließt oder einen über seine Quote hinausgehenden Teil nutzt, kann nach § 745 Abs. 2 BGB eine Nutzungsentschädigung verlangt werden.
§ 745 Abs. 2 BGB – Nutzungsentschädigung
Jeder Teilhaber kann von den anderen eine dem Anteil entsprechende Vergütung für die Nutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen, soweit er den Gegenstand allein oder in einem die ihm gebührende Nutzung übersteigenden Umfang benutzt.
2. Versorgung des Hundes – Pflicht zur Mitwirkung?
Der Hund ist Teil des Nachlasses und damit gemeinschaftliches Eigentum der Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB). Die Verwaltung des Nachlasses, wozu auch die Versorgung des Hundes gehört, steht allen Miterben gemeinschaftlich zu (§ 2038 BGB).
§ 2038 BGB – Verwaltung des Nachlasses durch die Erben
(1) Die Erben sind zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet; jeder von ihnen ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßnahmen mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind.
Das bedeutet: Grundsätzlich sind beide Miterben verpflichtet, an der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken. Die Versorgung des Hundes als Nachlassgegenstand fällt darunter. Es besteht also eine Mitwirkungspflicht beider Erben an der ordnungsgemäßen Versorgung des Hundes. Wie diese Mitwirkung konkret ausgestaltet wird (z.B. wer wann füttert, Gassi geht etc.), ist eine Frage der internen Absprache. Weigert sich ein Miterbe vollständig, sich zu beteiligen, kann der andere Miterbe auf Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Verwaltung bestehen.
Allerdings kann die Tochter nicht verlangen, dass der Sohn den Hund komplett übernimmt, sondern nur, dass er sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung beteiligt. Umgekehrt kann der Sohn nicht verlangen, dass die Tochter alles allein macht.
3. Nebenkosten – Kostentragung durch die Erbengemeinschaft
Auch die Nebenkosten, die für die ordnungsgemäße Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses (Haus und Hund) notwendig sind, sind von der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu tragen. Dies ergibt sich ebenfalls aus § 2038 BGB. Die Kosten der ordnungsgemäßen Verwaltung sind von allen Miterben entsprechend ihrer Erbquote zu tragen.
Das betrifft insbesondere laufende Kosten wie Heizung, Strom, Wasser, Versicherungen, aber auch Kosten für die Versorgung des Hundes (Futter, Tierarzt etc.), soweit diese zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören.
Zusammengefasst:
- § 743 BGB regelt das Nutzungsrecht der Miterben am gemeinschaftlichen Haus.
- § 745 Abs. 2 BGB regelt die Möglichkeit einer Nutzungsentschädigung, wenn ein Miterbe allein oder über seine Quote hinaus nutzt.
- § 2032 BGB bestimmt, dass der Hund Teil des Nachlasses ist.
- § 2038 BGB verpflichtet die Miterben zur gemeinschaftlichen Verwaltung und damit auch zur gemeinsamen Kostentragung und Mitwirkung an der Versorgung des Hundes und des Hauses.
4.
Ihre Annahmen sind also korrekt: Die Nebenkosten sind von der Erbengemeinschaft zu tragen, und beide Miterben sind verpflichtet, an der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses, einschließlich der Versorgung des Hundes, mitzuwirken. Einseitige Belastung eines Miterben ist nicht vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt