Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst ist zu unterscheiden: Solange Sie oder Ihr Ehepartner die Wohnung selbst bewohnen, zählt diese nach der gesetzlichen Regelung (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) grundsätzlich zum Schonvermögen. Das bedeutet, dass das Sozialamt während Ihrer Lebenszeit nicht verlangen kann, dass die Wohnung verwertet oder verkauft wird, um Pflegekosten zu decken. Problematisch wird es erst, wenn Sie beide dauerhaft aus der Wohnung ausziehen müssen, etwa in ein Pflegeheim. Dann entfällt der Schutz, und die Wohnung könnte grundsätzlich verwertet werden.
Eine Schenkung oder Übertragung auf Angehörige ist nur dann eine sinnvolle Lösung, wenn sie rechtzeitig erfolgt. Nach § 528 BGB kann eine Schenkung binnen zehn Jahren zurückgefordert werden, wenn der Schenker verarmt. Diesen Anspruch kann das Sozialamt gemäß § 93 SGB XII übernehmen. Das bedeutet: Jede Übertragung innerhalb dieser Zehnjahresfrist ist angreifbar. Erst nach Ablauf der Frist besteht eine gewisse Sicherheit. Deshalb sollte man solche Gestaltungen frühzeitig umsetzen und dabei gleichzeitig die eigenen Wohnrechte absichern, etwa durch einen Nießbrauch oder ein Wohnrecht. Diese Rechte verhindern, dass Sie im Alter Ihre Absicherung verlieren, sie schützen aber für sich genommen nicht zuverlässig vor dem Zugriff des Sozialamts, wenn die Verträge lückenhaft sind.
Eine andere Möglichkeit besteht in einer testamentarischen Gestaltung. Durch Vor- und Nacherbschaft, Wohnrechtsvermächtnisse oder die Einbindung eines Testamentsvollstreckers kann der Zugriff des Sozialamts im Erbfall erheblich eingeschränkt werden. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich bestätigt, dass solche Gestaltungen zulässig sind (BGH, Urt. v. 19.01.2011 – IV ZR 7/10). Hierdurch können Sie sicherstellen, dass Ihr Ehepartner bis zu dessen Lebensende geschützt bleibt und die Immobilie erst später auf die nächste Generation übergeht, ohne dass das Sozialamt unmittelbar Zugriff erhält.
Schließlich kommen auch Pflegevereinbarungen oder entgeltliche Übertragungen in Betracht. Wenn Angehörige Pflegeleistungen erbringen, sollte dies vertraglich geregelt und vergütet werden. So wird die Übertragung der Immobilie nicht als Schenkung gewertet, sondern als Leistung gegen Gegenleistung – und entzieht sich damit dem Zugriff des Sozialamts.
Zusammengefasst:
- Während Sie selbst in der Wohnung leben, ist sie Schonvermögen und bleibt unangetastet.
- Für den Fall eines Heimaufenthalts sollten Sie frühzeitig über eine notariell beurkundete Übertragung nachdenken – kombiniert mit Nießbrauch, Rückforderungsrechten und ggf. einer Pflegevereinbarung.
- Zusätzlich empfiehlt sich eine testamentarische Gestaltung, um auch nach dem Tod Zugriffsmöglichkeiten des Sozialamts zu minimieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung. Käme auch ein Verkauf mit Verteilung des Geldes in Frage ?
Ja, auch ein Verkauf der Immobilie mit anschließender Verteilung des Erlöses an Angehörige ist grundsätzlich möglich – allerdings mit ähnlichen rechtlichen Konsequenzen wie eine Schenkung.
Wesentlich ist: Wenn Sie den Verkaufserlös unmittelbar nach dem Verkauf an Ihre Verwandten weitergeben, handelt es sich rechtlich um eine Schenkung von Geld. Damit greift wiederum § 528 BGB: Sollte innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung Pflegebedürftigkeit eintreten und Sozialhilfe erforderlich werden, kann das Sozialamt diese Geldschenkung zurückfordern – und zwar von den Beschenkten. Der Unterschied zur Übertragung der Wohnung liegt also nicht im Ergebnis, sondern nur in der Form des übertragenen Vermögens.
Wenn Sie den Erlös dagegen zunächst behalten, wird er zu verwertbarem Vermögen. Das bedeutet: Bevor das Sozialamt Leistungen übernimmt, müssen Sie diesen Betrag vollständig für Pflegekosten einsetzen. Erst wenn Ihr Vermögen aufgezehrt ist, bestünde Anspruch auf Sozialhilfe.
Ein Verkauf mit sofortiger Verteilung des Geldes kann also nur dann eine sinnvolle Strategie sein, wenn er rechtzeitig – also mehr als zehn Jahre vor einem möglichen Pflegefall – erfolgt und Sie sich zugleich anderweitig absichern (z. B. über ein Wohnrecht oder eine private Pflegeversicherung). Andernfalls bleibt auch hier das Rückforderungsrisiko bestehen.
Eine Möglichkeit, die Schenkungsproblematik zu entschärfen, ist, dass Sie mit Ihren Angehörigen entgeltliche Vereinbarungen treffen – etwa in Form von Pflege- oder Unterstützungsverträgen, bei denen ein Teil des Verkaufserlöses nicht als Schenkung, sondern als Vergütung für zukünftige Leistungen gilt. Auch denkbar sind Rückforderungsrechte im Schenkungsvertrag, die es Ihnen ermöglichen, bei Eintritt bestimmter Ereignisse (z. B. Pflegebedürftigkeit) wieder auf das Geld zuzugreifen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
Rechtsanwalt