18. August 2025
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11:16
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Kündigungsschutzverordnung / Verlängerte Fristen im Landkreis Ebersberg
Im Landkreis Ebersberg, zu dem Grafing gehört, gilt nach erster Einschätzung aktuell keine Kündigungsschutzverordnung nach § 568 Abs. 2 BGB, die die Kündigungsfristen für Eigenbedarfskündigungen über die gesetzlichen Fristen hinaus verlängert.
Die bayerische Kündigungsschutzverordnung betrifft insbesondere die Landeshauptstadt München und einige weitere Städte, nicht jedoch den Landkreis Ebersberg.
Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 573c Abs. 1 BGB:
Bis 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate
5 bis 8 Jahre Mietdauer: 6 Monate
Über 8 Jahre Mietdauer: 9 Monate
Da die Mieter seit ca. 20 Jahren wohnen, beträgt die Kündigungsfrist 9 Monate.
2. Ausgestaltung der Eigenbedarfsbegründung
Voraussetzungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB:
Der Vermieter muss die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigen.
Begründungserfordernisse:
Die Eigenbedarfskündigung muss konkret und nachvollziehbar begründet werden. Die Gründe müssen im Kündigungsschreiben klar dargelegt werden.
Wesentliche Punkte:
Personenbezogenheit: Wer zieht ein? (Sie und Ihre Freundin, beide Beamte, Anfang 20)
Bedarf: Warum ist gerade diese Wohnung erforderlich? (Arbeitsplatzwechsel nach München, Nähe zur Arbeitsstätte, Lagevorteil)
Zeitpunkt: Wann soll der Einzug erfolgen? (Nach Ablauf der Kündigungsfrist, im Zusammenhang mit dem geplanten Arbeitsplatzwechsel)
Alternativen: Gibt es andere Wohnungen im Eigentum, die genutzt werden könnten? Falls nein, dies ausdrücklich darlegen.
Formulierungsvorschlag:
„Ich beabsichtige, die Wohnung in Grafing nach Ablauf der Kündigungsfrist selbst zu nutzen, da ich gemeinsam mit meiner Freundin einen Arbeitsplatzwechsel nach München plane und die Wohnung aufgrund ihrer Lage ideal für unseren neuen Lebensmittelpunkt ist. Wir verfügen über keine andere geeignete Wohnung in der Nähe."
3. Erfolgsaussichten der Eigenbedarfskündigung
Positive Faktoren:
Kein Kündigungsschutzgebiet: Keine verlängerten Fristen oder erschwerte Voraussetzungen.
Keine Sperrfrist nach § 577a BGB: Die Wohnung war bereits vor dem aktuellen Mietverhältnis Eigentumswohnung.
Keine erkennbaren Härtegründe: Die Mieter sind berufstätig, keine Kinder, keine gesundheitlichen Einschränkungen, keine besonderen sozialen Bindungen.
Eigenbedarf nachvollziehbar: Arbeitsplatzwechsel, Lebensplanung, keine Alternativwohnung.
Mögliche Risiken:
Mietdauer: Die lange Mietdauer (20 Jahre) kann im Rahmen der Härtefallprüfung (§ 574 BGB) eine Rolle spielen. Die Mieter könnten Härtegründe geltend machen, etwa Verwurzelung im sozialen Umfeld. Nach Ihrer Schilderung sind jedoch keine besonderen Umstände erkennbar.
Gerichtliche Prüfung: Im Falle eines Widerspruchs der Mieter prüft das Gericht die Interessenabwägung. Nach der aktuellen Rechtsprechung ist der Wunsch nach einem eigenen Lebensmittelpunkt und die berufliche Veränderung ein anerkannter Eigenbedarfsgrund.
Erfolgsaussichten:
Nach den vorliegenden Informationen sind die Erfolgsaussichten gut, sofern die Eigenbedarfsbegründung sorgfältig und plausibel erfolgt und keine besonderen Härtegründe seitens der Mieter vorgetragen werden.
Hinweis:
Die Eigenbedarfskündigung kann erst nach Grundbucheintragung als Eigentümer ausgesprochen werden. Das Kündigungsschreiben muss die Eigenbedarfsgründe konkret und nachvollziehbar darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking