Ebay - Raubkopie erhalten

24. Juni 2008 10:07 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


12:39
Guten Tag,

ich benötige Hilfe bei folgendem Sachverhalt:

Am 11.06.2008 erwarb ich von einem in Italien ansässigen Anbieter über Sofortkauf eine Software für ein Navigationssystem zu einem Preis, der den Marktpreis um ca. 4/5 unterschreitet. Nach der Beschreibung des Angebotes ging ich davon aus, dass es sich hierbei um Originalsoftware handelt. Zwischenzeitlich wurde mir der Artikel zugesandt, jedoch handelt es sich hierbei aller Voraussicht nach um eine illegale Raubkopie. Allerdings will der Verkäufer offensichtlich auch hier den Eindruck erecken, dass es sich bei dem Artikel um Original-Ware handelt, da er auf diesem das Markenlogo des Anbieters - in allerdings schlechtem Farbdruck - aufbrachte.
Durch EBay wurde der Artikel zwischenzeitlich - jedoch erst nach Abschluss des Kaufvertrages - gesperrt.
Da es sich bei dem Kaufbetrag um einen relativ geringen Betrag i. H. v. insgesamt rund 36,00 EUR handelt und mir dessen Rückerstattung - zumal sich der Verkäufer, der zwischenzeitlich kein EBay-Mitglied mehr ist und in Italien ansässig ist - wenig Erfolg versprechend erscheint, möchte ich doch zumindest folgende Fragen abklären:
1. Habe ich mich durch den - für mich nicht ersichtlichen - Erwerb einer illegalen Raubkopie ggf. strafbar gemacht?
2. Welche weiteren Schritte wären ggf. durch mich zu veranlassen , um mich zu exculpieren?
3. Würde eine ggf. durch mich erfolgende Anzeige ggf. strafrechtliche Ermittlungen gegen mich selbst nach sich ziehen, zumal angesichts des relativ günstigen Kaufpreises ggf. davon ausgegangen werden könnte, dass ich hätte wissen müssen, dass es sich hierbei um eine Raubkopie handeln könnte?
4. Sollte die mir durch den Anbieter übersandte Raubkopie an diesen zurückgesandt werden oder zur Beweissicherung bei mir verbleiben?

Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
24. Juni 2008 | 11:33

Antwort

von


(608)
Mädewalder Weg 34
12621 Berlin
Tel: 030.56702204
Web: https://hauptstadtanwalt.de/
E-Mail: info@RA-Bordasch.de
Sehr geehrter Fragesteller,

1.
Durch den Erwerb der illegalen Kopie der Software haben Sie sich nicht strafbar gemacht. Strafbar ist die Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe einer illegalen Kopie; § 106 UrhG.
Allerdings ist unter Vervielfältigung bereits das Einlesen von Software in den Arbeitsspeicher zu verstehen; dies ist bei Nutzung von Navigationssoftware regelmäßig der Fall. Daher machen Sie sich strafbar, wenn Sie die Software benutzen und wissen, dass es sich dabei um eine illegale Kopie handelt.
Da Sie bereits bei der Ansicht der CD bemerkten, dass es sich um eine illegale Kopie handelt, gehe ich davon aus, dass Sie die Software nicht genutzt haben.

2.
Sie können den Rechteinhaber der illegalen Kopie informieren, dass Sie über Ebay eine illegale Kopie seiner Software erworben haben. Nicht selten erhalten die betrogenen Käufer vom Rechtsinhaber eine Originalsoftware, wenn diese mit dem Rechteinhaber kooperativ zusammenarbeiten. Ebenso können Sie bei der Polizei Anzeige gegen den Verkäufer erstatten. Wenn Sie gegenüber dem Rechtsinhaber nicht als Person bekannt werden wollen, können Sie diesen auch über einen Dritten, z. Bsp. einen Rechtsanwalt, informieren.

3.
Ob strafrechtlich Ermittlungen zunächst eingeleitet werden kann nicht beurteilt werden, auszuschließen ist es nicht.
Jedoch hat das LG Karlsruhe in einem Urteil vom 28.09.2007 - Az. 18 AK 136/07 - Ns 84 Js 5040/07, bei dem es um den Vorwurf der Hehlerei ging, festgestellt, dass im Rahmen einer eBay-Onlineauktion allein der Umstand, dass trotz des erheblichen Werts des angebotenen Artikels (hier: hochpreisiges Navigationsgerät; ca. 2100,00 EUR) der Startpreis lediglich 1 EUR betrug, kein taugliches Indiz dafür ist, dass der Käufer es für möglich gehalten hätte, er steigere auf Diebesgut. Denn die Angabe eines geringen Startpreises bei Onlineauktionen dieser Art kann auf unterschiedlichsten Motiven beruhen (z.B. Ersparnis höherer Gebühren, Werbezwecke, Erreichung eines größeren Bieterkreises, Erwartung aufgrund des niedrigen Startpreises gleichwohl einen hohen Endpreis zu erzielen, "Mitzieheffekte"). Das sich der Anbieter eines hochpreisigen Artikels bei eBay im Ausland (hier: Polen) befindet, kann auch nicht als Indiz dafür herangezogen werden, dass der Auktionsteilnehmer mit der Ersteigerung von Diebesgut gerechnet hat.

Insoweit ist der günstige Kaufpreis kein Indiz für eine illegale Kopie, da Sie auch bei Einstellung Ihres Angebotes nicht wissen können, bei welchen Kaufpreis das Angebot schließlich endet.

4.
An den Verkäufer sollten Sie keinesfalls die illegale Kopie zurücksenden. Entweder Sie zerstören die Kopie (am besten unter Zeugen), senden diese dem Rechteinhaber zu oder übergeben diese der Polizei.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann,
sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen
übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen.

Ich hoffe, mit der Beantwortung Ihrer Anfrage, weitergeholfen zu haben.
Für Rückfragen nutzen Sie bitte die Möglichkeit der kostenlosen Nachfrage.
Für eine weiterführende Interessenvertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Bordasch
Rechtsanwalt

Tel.: 030 - 293 646 75
Fax.: 030 - 293 646 76
frag-einen-anwalt@RA-Bordasch.de

PS.: Wenn Sie diese Antwort bewerten, helfen Sie mit, diesen Service transparenter und verständlicher zu gestalten.


Rückfrage vom Fragesteller 24. Juni 2008 | 12:05

Sehr geehrter Herr Bordasch,

herzlichen Dank für Ihre schnelle und umfassende Antwort. Eine Nachfrage zu der Angelegenheit habe ich noch:

Muss ich für den Fall, dass ich dem Rechteinhaber die illegale Kopie zusende, damit rechnen, dass ich durch diesen kostenpflichtig abgemahnt werde?

Vielen Dank für Ihre Antwort und

mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Juni 2008 | 12:39

Sehr geehrter Fragesteller,

eine Abmahnung wäre nur berechtigt, wenn Sie beispielsweise eine Urheberrechtverletzung begangen hätten. Eine solche Verletzung liegt bei Ihnen jedoch nicht vor.

Bevor Sie dem Rechteinhaber die CD zusenden, sollten Sie diesen kontaktieren und das weitere Vorgehen absprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Bordasch
- Rechtsanwalt -

ANTWORT VON

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Mädewalder Weg 34
12621 Berlin
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