Der Erbe ist nicht auffindbar

4. Juli 2007 16:07 |
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Erbrecht


Mein Großvater starb vor fünf Jahren und hinterließ ein Testament in dem mein Vater als Erbe eingesetzt ist falls dieser das Erbe nicht antreten kann bin ich (als Tochter) namentlich als alleinige Nacherbin eingesetzt.

Formulierung Im Testament:
Für den Fall das unser Sohn das Erbe nicht antreten sollte, aus welchen Gründen auch immer , soll an seiner Stelle das Erbe seine Tochter antreten

Es gibt keine weiteren berechtigten Erben.

Nun ist mein Vater aber weder durch die Bemühungen des Nachlasspflegers noch des Gerichtes auffindbar und vermutlich auch schon länger verschwunden.

Kann ich Ihn für Verschollen erklären und ist das der einzige Weg einen Erbschein zu beantragen?
Wenn ja ab wann kann ich das Aufgebotsverfahren einleiten?
Wer trägt die Kosten dieses Verfahrens?
Wann kann ich den Erbschein beandtragen?
Was passiert wenn mein Vater doch wieder auftaucht?

-- Einsatz geändert am 04.07.2007 16:11:47
Sehr geehrte Ratsuchende,

1.
Die Verschollenheitserklärung ist hier nicht der einzige Weg, um an einen Erbschein zu gelangen. Denn an sich sind die vom Erblasser festgelegten Bedingungen, unter denen Sie die Alleinerbschaft antreten sollen, ja eingetreten. Die Formulierung in dem Testament lässt sich vorbehaltlich einer eingehenderen Prüfung der gesamten Verfügung (und gegebenenfalls der Begleitumstände) nur so auslegen, dass auch wenn Ihr Vater noch nicht verstorben oder verschollen ist, Sie ersatzweise das Erbe antreten sollen.

2.
Erforderlich ist aber dennoch zunächst, dass Ihrem Vater offiziell die Möglichkeit gegeben wurde, seinen erbrechtlichen Anspruch geltend zu machen. Ist er nicht auffindbar, muss dies durch öffentliche Bekanntmachung im Rahmen eines Aufgebotsverfahrens nach den Vorschriften des <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/fgg/index.html" target="_blank">FGG</a> und den §§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/zpo/__948.html" target="_blank">948</a> ff. <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/zpo/index.html" target="_blank">ZPO</a> erfolgen.

Sie können jederzeit beantragen, dass das Nachlassgericht den Erben unter Fristsetzung zur Anmeldung seines Rechts öffentlich auffordert. Dies ergibt sich aus § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1965.html" target="_blank">1965</a> Abs. 1 <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html" target="_blank">BGB</a>.

Die Frist beträgt mindestens sechs Wochen, in diesem Fall wohl mehrere Monate.

Danach können Sie den Erbschein für sich alleine beantragen.

3.
Nach Ablauf der Frist wird ein Ausschlussurteil erlassen, § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/zpo/__952.html" target="_blank">952</a> ZPO. Sollte Ihr Vater eines Tages doch wieder auftauchen, wird er aufgrund dessen mit seinem Erbrecht ausgeschlossen sein. Eine Anfechtungsklage gegen dieses Urteil sowie ein Antrag auf Kraftloserklärung Ihres Erbscheins dürfte dann keinen Erfolg haben, es sei denn, dass Testament wäre bezüglich seiner Erbberechtigung anders auszulegen.


Ich hoffe, Ihre Fragen hinreichend und verständlich im Sinne einer ersten rechtlichen Orientierung beantwortet zu haben. Sollte noch Etwas unklar geblieben sein, können Sie gerne rückfragen. Für ein darüber hinaus gehende Beratung oder Vertretung stehe ich Ihnen bei Bedarf und Interesse gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 5. Juli 2007 | 12:42

Muß ich die Kosten des Aufgebotsverfahrens alleine tragen, falls das Gericht den Erbschein ablehnt oder mein Vater durch die öffentliche Bekanntmachung gefunden wird?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Juli 2007 | 14:10

Sehr geehrte Ratsuchende,

Gebühren für die Erbenermittlung sind gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/kosto/__105.html" target="_blank">105</a> <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/kosto/index.html" target="_blank">KostO</a> nicht zu zahlen, wohl aber die Auslagen für das Erbenaufgebot gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/kosto/__137.html" target="_blank">137</a> Abs. 1 Nr. 5 KostO.

Im Übrigen ist zu beachten, dass das Gericht im Erbscheinsverfahren bei entsprechender Auslegung des Testaments möglicherweise die Voraussetzungen für die Erteilung des alleinigen Erbscheins hier dennoch nicht als erachtet sieht (§ <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__2359.html" target="_blank">2359</a> BGB), so dass gegebenenfalls die Durchführung des Todeserklärungsverfahrens wegen Verschollenheit doch noch erforderlich wird.
Die Kosten eines solchen Verfahrens fallen letztlich dem oder den Erben als Nachlassverbindlichkeit zur Last. Dies ergibt sich aus § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/verschg/__34.html" target="_blank">34</a> Abs. 2 Satz1 <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/verschg/index.html" target="_blank">VerschG</a> und § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1967.html" target="_blank">1967</a> BGB.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

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