Besteht eine Hinweispflicht des Arbeitgebers bzgl. Krankenversicherungsstatus

19. Oktober 2009 21:23 |
Preis: 50€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrter Herr Anwalt,

ich war als Ärztin in einer Klinik angestellt und immer privat krankenversichert. Im Jahr 2005 bin ich in Elternzeit gegangen und weiterhin privat versichert geblieben. Bei meinem Arbeitgeber konnte ich im Rahmen der Elternzeit keine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen. Ich habe dann, mit Einverständnis des Arbeitgebers ab März 2006 bis September 2006 eine Tätigkeit unterhalb 30 Std. pro Woche in einer Praxis (Bruttogehalt 2300€ / Monat.)begonnen.
Der Arbeitgeber hat mich damals nicht darauf aufmerksam gemacht, dass ich durch diese Tätigkeit unter die Beitragsbemessungsgrenze falle und mich pflichtversichern muß. Auch über die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten einen Antrag zur erneuten Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht zu stellen, wurde ich nie informiert - mir lagen zum damaligen Zeitpunkt derart fundierte Kenntnisse nicht vor.
Der Arbeitgeber hat dann über die gesamten 6 Monate Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung an mich gezahlt.
Im Frühjahr diesen Jahres fiel dieser Fehler dann im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung in der Praxis durch die deutsche Rentenversicherungsanstalt auf.
Im Juni 2009 wurde dann erstmals eine Aufforderung an mich gesand, die fälschlich geleisteten Beiträge zurückzuzahlen, inzwischen ist mir eine Klage angedroht.

Jetzt meine Fragen:
Der Meldepflicht ist der Arbeitgeber ja zumindest nicht nachgekommen. Bestand auch eine Hinweispflicht des Arbeitgebers an mich, dass ich mich wieder hätte pflichtversichern müssen?
Kann er die geleisteten Zuzahlungen zur privaten Krankenversicherung nun von mir zurückfordern.
Ist der Vorgang evtl. zum Teil verjährt?
Für mich stellt sich nun insbesondere die Frage, ob ein Rechtsstreit überhaupt Aussicht auf Erfolg hat?

Vielen Dank
Eingrenzung vom Fragesteller
19. Oktober 2009 | 22:54
20. Oktober 2009 | 01:17

Antwort

von


(344)
Bolkerstr.69
40213 Düsseldorf
Tel: 0211/133981
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Jeremias-Mameghani-__l103855.html
E-Mail: ramameghani@gmx.de
Sehr geehrte Ratsuchende,

ich bedanke micbh für die eingestellte Frage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalt in einer ersten Einschätzung gerne wie folgt beantworten möchte:

Eine gesetzlich normierte Pflicht zur Aufklärung gibt es zwar nicht, wie beispielsweise eine solche nach § 2 Abs.2 Nr.3 SGB III. Allerdings könnte eine gesetzlich nicht ausdrücklich normierte Pflicht des Arbeitgebers zur Erteilung eines Hinweis in Form einer sog. Nebenpflicht bestehen. Kommt ein Gericht zu der Auffassung, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen wurde, so hat der Arbeitgeber den entstandenen Schaden zu ersetzen. Zudem war Ihr Arbeitgeber gem. § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag – also auch die Beiträge zur gesetzlichem Krankenversicherung – zu zahlen, wobei er Ihnen gegenüber einen Anspruch auf den von Ihnen zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28 g SGB IV) hat. Diesen Anspruch kann er allein durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend machen. Einen unterbliebenen Abzug darf der Arbeitgeber gem. § 28 g SGB IV nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachholen. Hiernach hat der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nur dann Rückforderungsansprüche, wenn der Abzug ohne sein Verschulden unterblieben ist. Da der Arbeitgeber zur Meldung der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 198 SGB V) und Beitragsabrechnung gegenüber den Sozialversicherungsträgern verpflichtet ist (§ 28 f SGB IV), wird er in der Regel den Umstand zu vertreten haben, dass der Arbeitnehmer fälschlicherweise als privat Krankenversicherter eingestuft wurde.Da ein Anspruch auf den Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung nicht besteht, wenn der Arbeitnehmer krankenversicherungspflichtig ist, war Ihr Arbeitgeber zur Zahlung der Beitragszuschüsse nicht verpflichtet. Er hat die Zahlungen folglich ohne Rechtsgrund geleistet, so dass eine Rückforderung nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) möglich ist. Abgesehen von den Beiträgen, die Ihnen Ihre private Versicherung zurückerstattet hat, werden Sie gegenüber der weitergehenden Rückforderung des Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung aufgrund Ihrer tatsächlichen Zahlungen jedoch nach § 818 Abs. 3 BGB den Einwand der Entreicherung erheben können.

Ich empfehle Ihnen dringend, die Angelegenheit alsbald von einem Anwalt vor Ort begutachten zu lassen und ihn mit Ihrer Interessenvertretung zu beauftragen. Sollte eine Klage Aussicht auf Erfolg haben, so müssten die rechtlichen Schritte alsbald eingeleitet werden.

Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste Orientierung geben konnte. Bitte nutzen Sie ggf. die Kostenlose Nachfragefunktion. Bitte beachten Sie zudem, dass das Hinzufügen oder Weglassen von Tatsachen zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen kann. Sollten Sie eine Interessenvertretung wünschen, so stehe ich Ihnen selbstverständlich hierfür ebenfalls zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

RA Jeremias Mameghani

Rechtsanwälte Vogt
Bolkerstr.69
40213 Düsseldorf
Tel. 0211/133981
Fax. 0211/324021


ANTWORT VON

(344)

Bolkerstr.69
40213 Düsseldorf
Tel: 0211/133981
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Jeremias-Mameghani-__l103855.html
E-Mail: ramameghani@gmx.de
RECHTSGEBIETE
Eherecht, Mietrecht, Sozialrecht, Medizinrecht, Vertragsrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
FRAGESTELLER
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...