Bestattungsverfügung bindend?

| 15. September 2017 18:51 |
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Erbrecht


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Ein Verstorbener hat eine Bestattungsverfügung bei einem Bestattungsinstitut hinterlegt in der er genaue Anweisungen für sein Ableben gegeben hat. Die dort gegebenen Anweisungen führen zu Bestattungskosten von über 4.000 Euro. In der Verfügung wurde kein Totenfürsorger benannt.

Nun tritt der Todesfall ein und zwar im Bundesland Schleswig-Holstein. Der Verstorbene hinterlässt offensichtliche und massive Schulden so dass zu erwarten ist dass jeder gesetzlich Erbberechtigte das Erbe ausschlagen wird. Ein Testament existiert nicht.

Der Verstorbene war nie verheiratet und kinderlos. Die einzigen lebenden Verwandten sind 2 Neffen (Söhne des Bruders des Verstorbenen), die minderjährigen Kinder der Neffen, sowie eine Schwägerin (Ehefrau des Bruders des Verstorbenen). Weitere entfernte Verwandte existieren allenfalls als mögliche Nachkommen der Großeltern des Verstorbenen, sind aber momentan nicht bekannt oder gar ermittelt.

Nach meinem Verständnis werden mangels Bestimmung eines Totenfürsorgers die *Angehörigen* verpflichtet die Bestattung zügig durchzuführen, die Kosten der Bestattung tragen andererseits die *Erben*.

Die Neffen und Schwägerin sind Willens und haben die finanziellen Mittel für die Durchführung einer einfache Beerdigung, nicht aber für die 4.000+ Euro Variante.

Frage 1: Wer zählt in diesem Fall als "Angehöriger"? Ich finde hier unterschiedliche Angaben. Sind "Neffen" und "Schwager" Angehörige im dem Sinne dass sie die Beerdigung durchführen müssen?

Frage 2: Falls Neffen und/oder Schwägerin mit der Durchführung beauftragt werden, können sie widersprechen?

Frage 3: Falls nein, müssen diese Angehörigen sich zwingend an die Bestattungsverfügung halten und eine Bestattung für über 4.000 Euro bestellen? Alle drei Angehörigen (Neffen und Schwägerin) sind sich einig dass sie entgegen des Willens des Verstorbenen eine möglichst einfache Beerdigung wünschen. Es gäbe keinen weiteren Angehörigen der Einspruch einlegen würde.

Frage 4: Wenn sie sich nicht weigern können, was passiert mit den 4.000 Kosten wenn alle Erben ausschlagen? Bleiben die Angehörigen auf diesen Kosten sitzen?

15. September 2017 | 20:02

Antwort

von


(553)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen, insbesondere der Ausschlagung der Erbschaft, verbindlich wie folgt beantworten:

Frage 1: Wer zählt in diesem Fall als "Angehöriger"? Ich finde hier unterschiedliche Angaben. Sind "Neffen" und "Schwager" Angehörige im dem Sinne dass sie die Beerdigung durchführen müssen?

Da der Verstorbene bis zu seinem Ableben in Schleswig Holstein lebte, findet das Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und
Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein Anwendung.

Dieses definiert den Begriff der Hinterbliebenen (dies ist der genaue Termins im Sinne der Bestattungsgesetze der Länder) in § 2 Nr. 12 BestattG wie folgt:

Hinterbliebene sind die folgenden volljährigen Personen:

a) die Ehegattin oder der Ehegatte,
b) die eingetragene Lebenspartnerin oder der eingetragene Lebenspartner,
c) leibliche und adoptierte Kinder,
d) Eltern,
e) Geschwister,
f) Großeltern und
g) Enkelkinder

der verstorbenen Person.

Die Hinterbliebenen (nicht die Angehörigen) trifft die Bestattungspflicht im Falle einer Ausschlagung nach diesem Gesetz, vgl. § 13 Abs. 2 BestattG.

Die von Ihnen benannten weitläufigen Verwandten fallen daher nicht zu den Verpflichteten im Sinne des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein.

Frage 2: Falls Neffen und/oder Schwägerin mit der Durchführung beauftragt werden, können sie widersprechen?

Hinterbliebene im Sinne des § 2 Nr. 12 BestattG können u.a. widersprechen, wenn sie nicht finanziell leistunfähig sind. Inwiefern ein Widerspruch Erfolg hat, entscheidet die Behörde anhand des Einzelfalles.

Frage 3: Falls nein, müssen diese Angehörigen sich zwingend an die Bestattungsverfügung halten und eine Bestattung für über 4.000 Euro bestellen? Alle drei Angehörigen (Neffen und Schwägerin) sind sich einig dass sie entgegen des Willens des Verstorbenen eine möglichst einfache Beerdigung wünschen. Es gäbe keinen weiteren Angehörigen der Einspruch einlegen würde.

Die Hinterbliebenen haben sich (im Gegensatz zu den Erben bei einer Annahme der Erbschaft) nicht an die Bestattungsverfügung zu halten. Bei einer Bestattungsverfügung handelt es sich um eine sog. Nachlassverbindlichkeit, welche die Erben treffen würde. Ist kein Erbe vorhanden, geht die Verfügung ins Leere. Im Verpflichtungsfalle per Bestattungsgesetz wäre sodann eine "normale" Beerdigung geschuldet.

Frage 4: Wenn sie sich nicht weigern können, was passiert mit den 4.000 Kosten wenn alle Erben ausschlagen? Bleiben die Angehörigen auf diesen Kosten sitzen?

Da in vorliegendem Fall weder Hinterbliebene vorhanden sind noch die Bestattungsverfügung verbindlich durchgreift, bleiben die eingegangenen Verpflichtungen durch den Erblasser als unerfüllte Verbindlichkeiten im Nachlass.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und würde mich über die Abgabe einer 5-Sterne-Bewertung freuen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Traub
-Rechtsanwalt-


Bewertung des Fragestellers 17. September 2017 | 12:55

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