Bestattungskostenübernahme Sozialamt

18. Mai 2012 20:34 |
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Sozialrecht


hallo,

mein name ist herr s. und ich möchte meinen fall kurz schildern:

ich wohne seit einigen jahren mit meiner partnerin, frau b., in einer gemeinsamen wohnung.

frau b. wuchs seit ihrem 12. lebensjahr im heim auf. seit einiger zeit hatte sie begonnen, wieder kontakt zu ihrer leiblichen mutter aufzubauen.

nun ist die mutter kürzlich verstorben. da frau b. die einzige erbin bzw. nachkomme ist, wurde sie für die ganzen entscheidungen (auch medizinischer art) herangezogen.
nun kam es wie gesagt dazu, das die dame leider verstarb. die vestorbene bezog alg2, und besitzt keinerlei vermögen.

da die dame an schwerem übergewicht litt, wurde frau b. seitens des krankenhauses nahe gelegt, möglichst zeitnah einen bestatter zu beauftragen, da keine lagermöglichkeit bestünde.

da frau b. seit kutzer zeit arbeitssuchend ist, erkundigten wir uns zunächst bei einem bestatter in unserer nähe. dieser gab uns dann den rat, einen antrag auf bestattungskostenübernahme beim zuständigen sozialamt zu stellen, und sagte uns das es kein problem wäre, den antrag genehmigt zu bekommen, unter der berücksichtigung, das frau b. alg1 bezieht. auch wäre es kein problem, das die verstorbene in d. wohnte, sie aber nun bei uns in l. bestattet werden sollte, damit frau b. ihre mutter noch posthum besuchen kann. das das einkommen des partners dabei ebenfalls eine rolle spielt erwähnte er nicht.

auf rückfrage beim sozialamt d. wurde uns dann gesagt, das eine kostenübernahme bis ca € 2500 kein problem sei, solange die einkommensgrenze nicht überschritten wird. auch hier keine rede vom einkommen des partners.

darauf hin erstellte der bestatter eine kostenaufstellung und gab die einäscherung in auftrag. die abholung der verstobenen war bereits erfolgt, auf drängen des krankenhauses. 

wir entschieden uns für eine günstige feuerbestattung. nun war es so, das die beisetzung im ruhegarten, wie vereinbart im nachhinein doch nicht möglich war, da die verstorbene aus einer anderen gemeinde stammte, und somit nur ein urnengrab möglich war. somit erhöhten sich die bestattungskosten auf ca 3500 €. der bestatter versicherte uns aber, aufgrund seiner falschberatung, das er alle mehrkosten, die das sozialamz nicht zahlt, selbst trägt. 

mit der kostenaufstellung stellte frau b. dann also denn antrag beim sozialamt.

nun erhielten wir ein schreiben, das noch unterlagen zur antragsbearbeitung fehlen würden, unter anderem einkommensnachweise von mir. nach recherche im netz stiessen wir dann darauf, das zur berechnung der einkommensgrenze auch der partner mit einbezogen wird. meinen namen entnahmen sie wohl der kopie des mietvertrages, ohne zu wissen in welchem persönlichen verhältnis frau b. und ich stehen.

kurz zu unserem einkommen, und finanziellen situation:

frau b. erhält ca € 860 alg1.
mein monatliches nettoeinkommen liegt bei ca. € 1400.
mietkosten warm: € 830.
versicherungen ca. € 30 monatlich.

allerdings habe wir auch noch einige ratenzahlungen (ca. € 250 monatlich, gasamt für beide).
das heisst, selbst wenn frau b. wieder arbeit hätte, wäre es mit großen aufwendungen verbunden, die kosten zu tragen. derzeit, da frau b. arbeitssuchend ist, wäre es nicht machbar. das kann das sozialamt natürlich anders sehen....

zum anderen gibt es noch den aspekt der zumutbarkeit, denn immerhin hatte frau b. so gut wie keinen sozialen kontakt zu ihrer mutter. ich habe die dame weder gekannt, noch einmal in meinen leben gesehen.

das erbe hat frau b. noch nicht ausgeschlagen, und auch nicht erwähnt, das sie dies tun wird. denn es sind nur verbindlichkeiten im nachlass. 



nun unsere fragen:

sind wir oberhalb der einkommensgrenze und kann der antrag somit abgelehnt werden?


bin ich überhaupt verpflichtet mein einkommen darzulegen? denn wir sind keine eingetragene lebensgemeinschaft, sondern lediglich partner, die sehr schnell in eine gemeinsame wohnung gezogen sind.


was ist der sinnvollste schritt, um auf das schreiben zu reagieren?

eine wohngemeinschaft vortäuschen ist sicher auch kein weg? 

gibt es möglichkeiten, oder "schlupflöcher"?


ich will die kosten in keinem fall tragen müssen, daher bedanke ich mich für ihre hilfe im voraus!

mit freundlichen grüßen,

c. s.

Sehr geehrter Ratsuchender,

besten Dank für die Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes gerne wie folgt beantworten möchte.

Nach § 74 SGX XII können die Bestattungskosten vom Sozialamt übernommen werden, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Adressat der Leistung ist nicht etwa der Verstorbene, sondern der mit den Bestattungskosten belastete Verpflichtete. Dabei stellt das Gesetz ausnahmsweise als maßgeblichen sozialhilferechtlichen Bedarf nicht auf die Durchführung der Bestattung selbst ab, sondern auf die dafür erforderlichen Kosten. Bei § 74 SGB XII handelt es sich nicht um einen typischen Sozialhilfeanspruch, dem eine vorzeitige Bedarfsdeckung anspruchshindernd entgegengehalten werden könnte. Mit dieser Norm wird daher ausnahmsweise eine Verbindlichkeit als sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt (vgl BVerwG BVerwGE 105, 51; 120, 111).

Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift.

Als nächstes ist festzustellen, ob Ihre Partnerin zur Bestattung verpflichtet ist.

Nachrangig zu den unter Rn 5 genannten Verpflichteten kann auch der nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften Bestattungspflichtige Verpflichteter iSd § 74 SGB XII sein. Wer bestattungspflichtig ist, richtig sich nach den landesrechtlichen Bestattungs- und Friedhofsvorschriften. Dies sind in erster Linie Verwandte ersten Grades, also ist Ihre Partnerin Verpflichtete im Sinne der Vorschrift.

Die landesrechtliche Regelung in NRW findet sich in § 8 Bestattungsgesetz NRW:

§ 8
Bestattungspflicht
(1) Zur Bestattung verpflichtet sind in der nachstehenden Rangfolge Ehegatten, Lebenspartner,
volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern und volljährige Enkelkinder
(Hinterbliebene). Soweit diese ihrer Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen,
hat die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde, auf deren Gebiet der Tod eingetreten
oder die oder der Tote gefunden worden ist, die Bestattung zu veranlassen.

Nachdem die Verpflichtung Ihrer Partnerin zur Kostentragung geklärt ist, stellt sich die Frage, ob dies überhaupt zumutbar ist.

Die Zumutbarkeit der Kostentragung ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Es gilt, eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Betrachtung vorzunehmen, die ua neben der wirtschaftlichen Situation auch die persönliche Nähebeziehung zum Verstorbenen zu berücksichtigen hat (vgl BSG v 29.9.2009 – B 8 SO 23/08 R).

Eine besondere Bedeutung kommt im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit gleichwohl zunächst den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten zu. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (BSG v 29.9.2009 – B 8 SO 23/08 R BeckRS 2009, 74859) aus § 2 iVm § 19 Abs 3 SGB XII, wonach ua Hilfen in anderen Lebenslagen (§§ 70-74 SGB XII) nur geleistet werden, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels des SGB XII nicht zugemutet werden kann. Ist der Bestattungspflichtige also bedürftig, kann ihm die Übernahme nicht zugemutet werden, nur bei fehlender Bedürftigkeit kommen sonstige Zumutbarkeitsgesichtspunkte zum Tragen (Rolfs/ Giesen/ Kreikebohm/ Udsching/Kaiser, Kommentar zum Sozialrecht, SGB XII, § 74 Rn.8).

Die Frage, ob auch Einkommen und Vermögen des Ehepartners oder Lebenspartners einer nach § 74 SGB XII verpflichteten Person heranzuziehen ist, ist umstritten.
Wegen der Zuordnung des § 74 SGB XII zu den Hilfen in anderen Lebenslage und deren ausdrückliche Erwähnung in § 19 Abs 3 SGB XII, dürfte eine Berücksichtigung zulässig sein so die Rechtsprechung (OVG Schleswig-Holstein NordÖR 1999, 200 f; LSG Schleswig-Holstein BeckRS 2011, 75213; SG Karlsruhe v 28.6.2007 – S 1 SO 1604/07).

Das Bundessozialgericht hat dies bislang offen gelassen (BSG v 25.8.2011 – B 8 SO 20/10 R).

Da die unteren Instanzen eine Einbeziehung des Partners als zulässig erachten, müssten Sie sich bis zum Bundessozialgericht durchklagen, was leider sehr lange dauert.

Also müssen wir nun in die Berechnung einsteigen, ob Sie bei "Zusammenveranlagung" übehaupt über die Zumutbarkeitsgrenze kommen.

Vom Gesamteinkommen werden Versicherungen sowie Werbungskosten gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII in Abzug gebracht.

Die Einkommensgrenze des § 85 I SGB XII ist zu berücksichtigen.

Zunächst ist der Grundfreibetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. Der Grundfreibetrag entspricht der doppelten Höhe der Regelbedarfsstufe 1. Bei Eheleuten ist aber die Regelbedarfstufe 2 maßgeblich. Die Regelbedarfsstufe 2 beträgt bei Partner und Eheleuten 337 € also 674 €.

Weiterhin können die Kosten der Unterkunft abgezogen werden.

Das ergibt dann:

1. Gesamteinkommen 2.260 €
2. abzgl. Freibetrag 674 €
3. abzgl. Versicherung 30 €
4. Werbungskosten zur
Erzielung des Einkommens ? €
5. Unterkunft 830 €
6. Familienzuschlag § 85 262 €
Summe 464 €

Davon sind 50 % einzusetzen (OVG Niedersachsen vom 8.5.1995 - 12 L 6679/83).

Da ich nicht weiß, wie hoch Ihre Werbungskosten sind, um zur Arbeit zu gelangen, kann ich nicht weiter rechnen. Dies berechnen sich mit 0,30 € je Kilometer bei einfacher Wegstrecke multipliziert mit den Arbeitstagen je Monat.

Allerdings liegen Sie beide über dem Satz der Bedürftigkeit, womit die Kosten teilweise übernommen werden müssten.

Das Problem ist insgesamt, dass auch bei Partnerschaften wie der Ihren, wenn es sich nicht um eine reine Wohngemeinschaft handelt, eine Bedarfsgemeinschaft angenommen wird, da vermutet wird, dass Sie finanziell für einander einstehen.

Vor dem Hintergrund der recht gefestigten Rechtsprechung sowie der Tatsache, dass das BSG dies offen gelassen hat, wäre ein Widerspruch gegen eine Antragsablehung nicht im Vollen Umfang von Erfolg gekrönt.

Weiterhin hilft auch die Ausschlagung der Erbschaft nichts, da dann immer noch § 8 Bestattungsgesetz NRW gilt.

Sobald der Bescheid vorliegt, sollten Sie diesen hinsichtlich der Berechnung überpüfen lassen.

Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben haben zu können.

Bitte bedenken Sie, dass meine Einschätzung ausschließlich auf Ihren Angaben beruht.

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