vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihrer Frage, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Zwischen dem Ex-Freund und Ihrer Tochter ist ein so genannter Verwahrungsvertrag, gem. § 688 BGB abgeschlossen worden. Danach wird der Verwahrer (Ex-Freund) verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger (Tochter) übergebende bewegliche Sache aufzubewahren.
Ist dem Verwahrer die Herausgabe unmöglich oder das Verwahrgut beschädigt haftet er nach den allgemeinen Vorschriften insbesondere nach § 280 BGB.
Insoweit hat der Ex-Freund Schadensersatz zu leisten, wenn er nicht mehr in der Lage ist, dass Klavier herauszugeben.
Die Beweislast für das Fehlen einer Pflichtverletzung und Verschulden liegt beim Verwahrer.
Die Tochter müsste daher lediglich beweisen, dass ein Verwahrungsvertrag geschlossen worden ist, also dass das Klavier dort vorübergehend abgestellt werden konnte.
Daher sollte ihre Tochter zunächst den Ex-Freund schriftlich auffordern, den Schaden für das nicht mehr vorhandene Klavier zu begleichen. Sie sollte zudem schriftlich ein Einschreiben per Rückschein zur Post bringen. Darin muss dem Ex-Freund auch eine Frist genannt werden, während er den Schaden für das abhanden gekommene Klavier auszugleichen hat. Sollte er den Schaden bis zum genannten Zeitpunkt nicht begleichen, befindet er sich in Verzug. Bei einem Obsiegen vor Gericht hätte er dann sämtliche Kosten zu tragen. Darunter fallen auch die Anwaltskosten.
Des Weiteren sollte Ihre Tochter in dem Einschreiben auch klar machen, dass Sie Ihren Ex-Freund anderenfalls bei der zuständigen Polizei anzeigen wird.
In Betracht kommt sowohl die Hehlerei, als auch ein Diebstahl. So liegt eine Hehlerei, gem. § 259 StGB vor, wenn die derzeitige Freundin des Ex-Freundes das Klavier weiter verkauft und der Freund das Klavier zuvor gestohlen hat.
Zudem könnte auch ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, gem. §§ 242, 246 StGB hinsichtlich des Ex-Freundes in Betracht kommen. Sollte er das Klavier beschädigt haben, kommt schließlich eine Sachbeschädigung gem. § 303 StGB in Betracht.
Weswegen Ihre Tochter den Ex-Freund bzw. die derzeitige Freundin des Ex-Freundes anzeigt, ist nicht entscheidend. Vielmehr braucht der vorliegende Sachverhalt lediglich der Polizei geschildert werden. Diese gibt es dann während den Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft weiter. Während dieser Ermittlungen wird dann festgestellt, welche Delikte vorliegend in Betracht kommen.
Bitte beachten Sie, dass Ihre Tochter rechtzeitig Anzeige erhebt. So gilt bei Taten, die nur auf Antrag verfolgt werden können (z.B. § 303 StGB), gem. § 77 b StGB eine dreimonatige Antragsfrist.
Ich hoffe Ihnen weiter geholfen zu haben und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt
Vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort.
Ich habe jedoch noch einige Unklarheiten bzgl. des Einschreibens mit der Fristsetzung:
1. Was für ein Zeitraum wäre als Frist im o.g. Fall angemessen ?
2. Sollte das Einschreiben eher im vertraut-persönlichen Stil oder lieber im eimem formellen Stil verfasst sein.
3. Wie verhält es sich mit dem "Verzug", wenn der Ex die Annahme des Einschreibens verweigern sollte ?
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihnen die Fragen wie folgt:
Zu 1)
Ich halte vorliegend eine Frist von zwei Wochen für angemessen.
Zu 2)
Ein bestimmter Stil ist nicht vorgeschrieben. Von einem vertraut-persönlichen Stil rate ich Ihnen jedoch ab. Sie sollten vielmehr einen sachlichen Stil verwenden. Besondere Formvorschriften brauchen nicht eingehalten zu werden.
Wichtig ist lediglich ein konkretes Datum bezüglich der Frist zu nennen, sowie den EX-Freund konkret aufzufordern, dass Klavier herauszugeben oder, sofern es nicht möglich ist, einen bestimmten Betrag als Schadensersatz zu leisten.
Zu 3)
Sollte der Ex-Freund die Annahme des Einschreibens verweigern, so kommt dieser trotzdem in Verzug, da das Einschreiben als zugegangen angesehen wird.
Scheitert der Zugang an einer Obliegenheitsverletzung des Empfängers, muss sich dieser nach § 242 BGB so behandeln lassen, wie wenn die Erklärung rechtzeitig zugegangen wäre (BGH LM Nr. 1, BAG NZA 06, 204).
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt André Neumann