Befristeter Arbeitsvertrag nachträglich unterschrieben in dieser Form gültig?

| 18. November 2021 15:07 |
Preis: 51,00 € |

Arbeitsrecht


Hallo,

Am 25. Juni diesen Jahres habe ich meine 3 Jährige Berufsausbildung bestanden und bin seitdem weiterhin bei dem selben Arbeitgeber normal im betrieblichen Einsatz.

Ich habe nachträglich einen befristeten Vertrag auf 6 Monate, der zum 05. Juli datiert ist, unterschrieben. Ich habe mehrere Tage zwischen dem 25. Juni und dem 05. Juli gearbeitet.
Die Frist von 6 Monaten wurde vor Vollendung der Ausbildung zwar erwähnt aber nicht schriftlich festgehalten.
Laut Vertrag beginnt das Arbeitsverhältnis "ab bestandener Abschlussprüfung" und endet am 31.12.2021.
Im Inhalt des Vertrages gibt es keinen erwähnten Sachgrund für die Befristung.

Es existiert eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, dass Auszubildende die die Prüfung mit "gut" oder besser bestanden haben (was bei mir der Fall ist) für mindestens 6 Monate übernommen werden müssen, allerdings sei die unbefristete Einstellung das Ziel beider Parteien.

Aber auch diese Betriebsvereinbarung wird nicht in dem Vertrag erwähnt.

Meine Frage ist nun, ob das durch das schlüssige Handeln des Arbeitgebers unbefristete Arbeitverhältnis besteht, oder doch irgendeine der oben genannten Sachen diesem widerspricht.

Ich bin mir nicht sicher ob ein Sachgrund im Vertrag erwähnt werden muss oder dieser "nachgereicht" werden kann. Auch die Betriebsvereinbarung macht mir Sorgen, da diese evtl. als Grund angegeben werden kann auch wenn sie nicht im Vertrag steht.

Vielen Dank für die Hilfe!
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
auf Grundlage der von Ihnen erteilten Informationen beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien mündlich abgeschlossen werden. Dem Arbeitgeber obliegt jedoch nach dem NachwG (Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen) die Pflicht spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Eine Ausnahme hiervon stellt jedoch der befristete Arbeitsvertrag dar. Dieser bedarf nach § 14 TzBfG (Gesetz über Teilzeit und befristete Arbeitsverträge) der Schriftform und ist von beiden Parteien vor Arbeitsantritt zu unterzeichnen. Andernfalls ist die Befristung unwirksam und der Vertrag gilt als von Anfang an unbefristet (§16 TzBfG).

Damit genügt es grundsätzlich nicht, wenn der Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer zunächst mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag vereinbart und erst später, nach Arbeitsantritt, ein schriftlicher Vertrag mit dem gleichen Inhalt verfasst und von beiden Parteien unterschrieben wird. Denn in diesem Fall wird kein neuer Vertrag abgeschlossen, sondern es soll der bereits bestehende fehlerhaft befristete (da keine Schriftform) abgeschlossene Vertrag durch den schriftlichen Vertrag festgehalten werden. In diesem Fall besteht das unbefristete Arbeitsverhältnis fort, da eine wirksame Befristung nicht erfolgt ist. Dasselbe gilt, wenn dem Arbeitnehmer nach Arbeitsaufnahme nach dem NachwG eine Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen übergeben wird, deren Empfang der Arbeitnehmer quittiert. Auch in diesem Fall kommt es nicht zu einem neuen Vertragsabschluss.
Somit kommt es entscheidend auf die Frage an, ob der Vertrag der von Ihnen unterschrieben wurde, sich in einer Wiedergabe des mündlich geschlossenen Arbeitsverhältnisses erschöpft oder ob mit dem später unterzeichneten Vertrag ein Arbeitsverhältnis mit anderem Inhalt abgeschlossen wurde, der Vertrag somit inhaltlich von den bisherigen Vereinbarungen abweicht. Da es in letzterem Fall zum Abschluss eines befristeten Vertrages kommen würde, ist das Vorliegen eines Sachgrundes Voraussetzung. Ein solcher Sachgrund ist in § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBG zu sehen, nämlich die Befristung im Anschluss an die Ausbildung.
Zu klären bleibt daher, ob es sich bei dem von Ihnen unterschriebenen Vertrag lediglich um eine Niederschrift der mündlichen Vereinbarungen handelt oder von diesen abweicht.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Im Falle von weiteren Nachfragen nutzen Sie bitte die Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen

Silke vom Berg
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 18. November 2021 | 18:29

Sehr geehrte Frau vom Berg,

erst einmal vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!

Eine Nachfrage zur Sicherheit, ob ich richtig verstanden habe.

In dem Vertrag ist ausschließlich von der Dauer (Anfang und Ende) der Befristung die Rede und keine anderen Vorraussetzungen oder Gründe. Das heißt es ist exakt was vorher mündlich besprochen wurde.
Dies bedeuted also, dass kein befristeter Vertrag zustande gekommen es, da es nur eine Niederschrift ist.

Beim nochmaligen sorgfältigen durchlesens des Vertrages bin ich noch auf folgenden Text gestoßen, bei dem ich nicht einschätzen kann wie er diese Situation beeinflusst. Der Text lautet:

Mündliche Nebenabreden zu diesem Vertrag wurden nicht getroffen. Derjenige, der sich gleichwohl auf mündliche getroffene Abreden beruft, hat diese zu beweisen.

Mir kommt vor als würde mich dieser Abschnitt sogar begünstigen. Ich wäre Ihnen sehr Dankbar wenn Sie dieses noch für mich einschätzen würden.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. November 2021 | 10:03

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Zusammenfassung ist richtig. Soweit sich der Vertrag nur in der Niederschrift der mündlichen Abreden erschöpft, zu der seinerzeit auch die Befristung gehörte - dieser Umstand ist von Ihnen zu beweisen, dann wird kein neuer Vertrag abgeschlossen. In diesem Fall ist auch keine wirksame Befristung vereinbart worden, denn diese muss schriftlich vor Beginn des Arbeitsantritt vereinbart werden. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall. Die vertragliche Regelung über Nebenabreden berührt diesen Umstand nicht.
Bei einer unwirksamen Befristung kann ein Anspruch auf Entfristung des Arbeitsvertrages bestehen. Sollte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nicht freiwillig entfristen, so kann vor dem Arbeitsgericht eine sogenannte Entfristungsklage erhoben werden. Diese ist spätestens drei Wochen nach Ablauf der Befristung beim Arbeitsgericht zu erheben. Voraussetzung ist jedoch, dass das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutzgesetz unterfällt.

Mit freundlichen Grüßen

Silke vom Berg
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 19. November 2021 | 11:02

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