Baustelle vor der Haustür

| 16. März 2009 12:26 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Zusammenfassung

Ist eine Mietminderung aufgrund von Baulärm zulässig?

Ja, eine Mietminderung ist bei Baulärm grundsätzlich möglich, kann aber ausgeschlossen sein, wenn die Bautätigkeit bei Vertragsabschluss erkennbar war. Die Beeinträchtigung muss erheblich sein und sollte protokolliert werden. Die Höhe der Minderung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Art und Dauer der Beeinträchtigungen. Möglich ist eine Minderungsquote von 10% bis 30%.

Schönen guten Tag!

Folgendes:
Ich wohne seit Ende 2002 in einem Neubaugebiet, welches als "fertig" galt und es dementsprechend seitdem keine Baumaßnahmen gab. Ein richtig schön ruhiges Wohngebiet, ideal für Kinder und generell für Menschen, die es gerne etwas ruhiger haben wollen.

Mit der Ruhe ist es aber nun seit ein paar Wochen vorbei. Auf einer freien Wiese sollen nun auf einmal noch diverse Reihenhäuser gebaut werden. Diese Wiese ist 10 Meter von meiner Wohnung getrennt. Mal abgesehen davon, dass ich nun von all meinen Fenstern und Terrassen eine furchtbare Aussicht habe, hat dieses natürlich auch andere Auswirkungen. Der Lärm ist nicht mehr zu ertragen und befindet sich ja erst in den Anfängen. Von Morgens 7.00 Uhr (teilweise auch ab 6.00 Uhr) an dröhnen zwei Bagger, den ganzen Tag bis 16.30 Uhr. Dazu stapeln sich vor meinen Fenstern die riesigen Baulaster, die entweder Sand bringen, oder Schutt abholen wollen. Natürlich ständig alles mit laufenden Motoren. Und das sind ja erst die Anfänge! Es warten weitere lautstarke Maschinen (Kreissägen, Bodenwalzen etc) und auch ein Kran auf uns, der hier auch noch aufgebaut werden soll. Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass der Bauherr die Genehmigung bekommen hat, täglich von 7-19 Uhr Baulärm zu verursachen.

Für mich als Mieter ist dieser Lärm nicht auszuhalten. Ich arbeite oft Nachts und brauche daher Morgens etwas länger schlaf. Normal schlafe ich immer mit offenem Fenster, was nicht mehr möglich ist und mir Kopfschmerzen verursacht. Aber selbst bei geschlossenem Fenster ist kein vernünftiger Schlaf ab 7.00 Uhr Morgens mehr möglich. Auch bei meinen Büroarbeiten von zu Hause aus, ist keinerlei Konzentration mehr möglich. Meine Kunden fragen mich am Telefon schon, ob ich in einem Bahnhof arbeite. Auch für meinen Sohn ist es sehr schwer, sich auf seine Hausaufgaben zu konzentrieren. Ebenfalls kann man es komplett vergessen, in den Ferien einfach mal auszuschlafen, was Kinder dann ja auch ganz gerne machen. Auch einfach ganz normal am Tag mal Fenster und Terrassentüren öffnen ist nicht möglich, weil man den Lärm nicht aushält. Es ist wirklich schlimm! Mir graut schon vor dem Sommer, wo wir dann wahrscheinlich selbst bei bestem Wetter alles haben geschlossen werden müssen und unsere Terrassen überhaupt nicht nutzen, weil der Lärm und die Optik vor der Nase nicht zu ertragen ist.

Mir wurde angekündigt, dass die Baustelle bis Ende November andauern soll. Trotzdem sehe ich es nicht ein, hier nun wegzuziehen. Wir lieben unsere Wohnung und ein Umzug kostet ja auch immer sehr viel Geld, zumal es die passenden Wohnungen hier auch nicht auf die Schnelle gibt. Ich zahle eine Miete von 1200,- Euro warm monatlich. Mein Vermieter ist nicht der Bauherr.

Und nun die Frage:
Habe ich die Möglichkeit, aufgrund dieser starken Einschränkungen in unserer Wohnqualität und dieser extremen Lärmbelästigungen, die Miete für die Zeit der Baumaßnahmen zu mindern und falls ja, in welcher Höhe?

Ich freue mich auf eine aussagekräftige Antwort!

Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich gerne wie folgt:

Wegen der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück haben Sie die Möglichkeit, die Miete zu mindern. Baulärm in und am Gebäude oder in der Nachbarschaft kann sich als besonders störend erweisen. Entsprechend wird Baustellenlärm regelmäßig als Mangel angesehen. Ein Mieter muss Baulärm von einem Nachbargrundstück zwar als vertragsgemäß hinnehmen, wenn die künftige Bebauung für ihn erkennbar war. Sie schildern jedoch, dass das Neubaugebiet als "fertig" galt und es dementsprechend seitdem keine Baumaßnahmen gab.

Gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine angemessene Herabsetzung der Miete zu ermitteln, wofür u. a. folgende Bewertungskriterien herangezogen werden können:

- Art und Umfang der Herabsetzung des vertragsgemäßen Gebrauchs,

- zeitlicher Umfang des Mangels,

- baulicher und optischer Mangel,

- Berücksichtigung der Jahreszeit,

- gesteigerte Qualitätsansprüche des Mieters im Hinblick auf die Mietsache.

Minderungsquoten können jedoch nicht in pauschaler Art und Weise herausgegeben werden, sondern es bedarf der genauen Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls.

Ihre Ausführungen zugrundelegend halte ich u. a. ein Urteil des AG Darmstadt aus dem Jahre 1984 für vergleichbar. In dem betreffenden Fall war wegen übermäßigen Baulärms das Öffnen der Fenster ebenso wie normale Unterhaltungen, Radio und Fernsehen unmöglich geworden. Allerdings erstreckte sich der Baulärm auch auf die Abendstunden und das Wochenende. Das AG Darmstadt hielt eine Minderungsquote von 25% für angemessen.

Bemessungsgrundlage der Mietminderung bildet die sog. Bruttomiete, also die Grundmiete mit allen Nebenkosten. Die Minderung würde sich bei der angenommenen Quote von 25% auf einen Betrag von 300,00 EUR belaufen. Tatsächlich müssen Sie sich gegenüber Ihrem Vermieter auch nicht erst auf das Minderungsrecht berufen, sondern die Miete reduziert sich entsprechend der Gebrauchsbeeinträchtigung unabhängig vom Verschulden des Vermieters automatisch.

Ich weise allerdings noch einmal ausdrücklich daraufhin, dass die Berechnung der Minderungsquote eine Einzelfallentscheidung ist. Das Risiko einer einer überhöhten Minderung besteht in der Gefahr der Kündigung wegen Zahlungsrückstandes. In diesem Zusammenhang weise ich auf die Möglichkeit hin, die Miete ab sofort unter Vorbehalt zu zahlen und den Minderungsbetrag später einzuklagen.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich Ihnen, eine eingehendere Beratung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen, der Ihren Fall auf Besonderheiten im Verhältnis zu Vergleichsfällen in der Rechtsprechung genau überprüfen kann.

Wegen den hohen Anforderungen an die Beweislast empfehle ich Ihnen des Weiteren, ein sog. Lärmprotokoll zu führen nach folgenden Kriterien:

- Beginn (Tag) der Bauarbeiten?

- Welche Maschinen sind an welchen Tagen in welcher Dauer verwendet worden?

- Wie hat sich dies konkret in den Räumen ausgewirkt (z. B. gestörter Fernsehempfang, Unterhaltung in Zimmerlautstärke nicht möglich, etc.)?

Sie sollten auch Vorkehrungen dafür treffen, diese Augzeichnungen zu beweisen, z. B. durch Zeugnis von Freunden/Bekannten/Nachbarn.

Ich hoffe, dass meine Antwort für Sie hilfreich gewesen ist und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen. Gerne stehe ich Ihnen auch für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Sven Näke
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 16. März 2009 | 23:39

Hallo Herr Näke!

Vielen Dank für Ihre aussagekräftige Antwort. Hat mir erst einmal sehr geholfen.

Herzlichen Gruß

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. März 2009 | 12:21

Es freut mich, dass Ihnen meine Antwort weiterhelfen konnte!


Mit freundlichen Grüßen

Sven Näke
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 16. März 2009 | 23:36

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