Bausparvertrag zugunsten Dritter - Verhalten der Bank bei Widerruf durch Erben

15. August 2013 07:15 |
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Erbrecht


Zusammenfassung

Die Bezugsberechtigung eines Bausparvertrages kann nach Eintritt des Versicherungsfalles durch den Tod des Versprechenden nur widerrufen werden, wenn die Schenkung nicht formwirksam vereinbart wurde.

Guten Tag,

im Nachlass meines kürzlich verstorbenen Vaters befand sich u.a. ein Bausparvertrag, der für den Todesfall zugunsten einer Großnichte abgeschlossen wurde.
Aufgrund folgender Formulierungen habe ich als Alleinerbe den Vertrag unmittelbar nach Kenntnisnahme bei der Bank, in deren Haus der Vetrag abgeschlossen wurde und bei der Bausparkasse selbst, per Telefax und Email widerrufen; ein später eingetroffener Erbschein wurde nachgereicht.

Zitat:
(Nichterwünschtes bitte streichen)
1) Die Bausparkasse darf dem Begünstigten vor Eintritt des Begünstigungsfalles keine Auskünfte über den Bausparvertrag erteilen
2) Die Begünstigung kann ohne Zustimmung des Begünstigten widerrufen werden

Beides ist im vorliegenden vom Erblasser und Bankberater Exemplar nicht gestrichen, und daher offenbar gültig, aber eine Zusatzbemerkung, die für meine Irritation sorgt, lautet: " Als verbindliche Willenserklärung gilt allein die Ausfertigung für die Bausparkasse"

Auf Nachfrage teilte die Bank mit, dass sie noch 2-3 Wochen benötige, um den Fall zu prüfen.

"Über Ecken" habe ich erfahren, dass die überraschte Großnichte NACH meinem Widerruf eine Benachrichtigung der Bausparkasse erhalten hat, in der sie aufgefordert wird, über die weitere Verwendung des Vertrages zu entscheiden.

Hierzu meine Fragen:

1) Handelt die Bank rechtmäßig, wenn sie die Begünstigte trotz Widerrufes benachrichtigt?
2) Was muss ich tun, damit der Vertrag in meinen Besitz übergeht?
3) Wie sieht die Rechtslage aus, wenn die o.g. optionalen Streichungen auf den Bankunterlagen anders lauten als im mir vorliegenden Exemplar (z.B. durch nachträgliche
Manipulation)?

Danke im Voraus!



Sehr geehrte Fragestellerin,

vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.

Unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen nunmehr wie folgt beantworten:

"1) Handelt die Bank rechtmäßig, wenn sie die Begünstigte trotz Widerrufes benachrichtigt?"

Es kommt in Ihrem Fall auf den genauen Wortlaut des gesamten Vertrages und auf die genauen Umstände des Einzelfalles an. Ich würde Ihnen daher empfehlen, einen Anwalt mit der weiteren Prüfung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu beauftragen.

Nach meiner ersten Einschätzung handelt die Bausparkasse trotz Ihres Widerrufs der Bezugsberechtigung zunächst rechtmäßig, wenn sie die Großnichte über die Bezugsberechtigung informiert. Denn Ihr Widerruf wäre nur wirksam, wenn die Schenkung zwischen Ihrem Großvater und der Großnichte nicht bereits wirksam vereinbart worden wäre. Grundsätzlich ist nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Läge eine solche notarielle Beurkundung vor, wäre die Schenkung bereits mit dem Tod des Großvaters, also mit dem Versicherungsfall, wirksam geworden und die Bezugsberechtigung hätte von Ihnen nicht mehr widerrufen werden können. Dies muss die Bank aber zunächst recherchieren und insoweit der Großnichte die Möglichkeit geben, sich hierzu zu äußern. Sollte die Schenkung nicht formwirksam vereinbart worden sein, konnten Sie die Bezugsberechtigung wohl widerrufen, sofern der Vertrag einen solchen Widerruf zulässt.


"2) Was muss ich tun, damit der Vertrag in meinen Besitz übergeht?"

Wenn die Bezugsberechtigung wirksam widerrufen wurde, fällt der Vertrag automatisch in den Nachlass. Das Guthaben steht dann Ihnen als Alleinerbin zu. Da Sie sich durch den Erbschein bereits als Alleinerbin bei der Bank legitimiert haben, wäre insoweit nichts weiteres erforderlich.


"3) Wie sieht die Rechtslage aus, wenn die o.g. optionalen Streichungen auf den Bankunterlagen anders lauten als im mir vorliegenden Exemplar (z.B. durch nachträgliche
Manipulation)?"

An dieser Stelle wäre eine genaue Prüfung der Ihnen vorliegenden Unterlagen erforderlich. Sofern diese aber von Ihrem Großvater und der Bank unterschrieben sind, spricht der erste Anschein für die Gültigkeit dieser Vereinbarung. Nach dieser war die Bezugsberechtigung widerruflich vereinbart. Die Bezugsberechtigte müsste dann darlegen und beweisen, dass die Bezugsberechtigung unwiderruflich vereinbart wurde. Es ist fraglich, ob die Bank tatsächlich abweichende Vertragsunterlagen hat. Sollte es Anhaltspunkte für Manipulationen geben, müssten diese unter Umständen versucht werden, diese mittels eines Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Dies ist jedoch Spekulation und müsste eingehend geprpft werden.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
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