BGH Urteil IX ZR 246/17 vom Februar 2019

| 21. Februar 2020 12:26 |
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Insolvenzrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrte Anwälte,
folgender Sachverhalt hat sich ergeben. Nach Unternehmensfreigabe vom 07.06.2018 konnte ich das Bankguthaben, was vorher eingefroren war wieder nutzen. Jetzt fordert der Insolvenzverwalter im September 2019 das ganze Bestandsguthaben vom 06.06.18 zur Auskehrung zurück wegen dem BGH Urteil IX ZR 246/17 vom Februar 2019, darf der Insolvenzverwalter das, natürlich ist das Geld nicht mehr da bzw. wurde zum wirtschaften genutzt. Vielen Dank im Voraus.
21. Februar 2020 | 13:06

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

in dem angeführten Urteil des BGH hat dieser ausgeführt, dass Forderungen die bereits vor der Freigabe der selbständigen Tätigeit entstanden sind, noch zur Masse gehören. Die entscheidende Vorschrift ist hier § 35 InsO:

[quote]§ 35 Begriff der Insolvenzmasse
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295 Absatz 2 gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.[/quote]

Im Grunde ist damit alles Vermögen, welches noch vor der Freigabe auf dem Konto vorhanden war, erfasst, eventuell ist auch auf die bereits entstandenen, aber noch nicht geltend gemachten Forderungen abzustellen.

Der BGH führt hierzu aus:

[quote]Die Freigabe von Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit erfasst Forderungen, die
vor Wirksamwerden der Freigabeerklärung entstanden sind, auch dann nicht, wenn
sie auf die bisherige selbständige Tätigkeit des Schuldners zurückgehen.[/quote]

Diese Beträge sind noch Teil der Insolvenzmasse. Die Freigabe ist der entscheidende Zeitpunkt ab dem die dann entstehenden Forderungen wieder dem Schuldner zustehen.

Andernfalls würde es zu einer Verkürzung der Masse kommen, es hier auch zu berücksichtigen, dass eventuell durch den Schuldner im Voraus getätigte Ausgaben ebenfalls die Masse verkürzt haben, jetzt aber der Erlös in die Freigabe fällt.

Im Ergebnis hat der Verwalter mit seiner Nachforderung leider bedauerlichweise grundsätzlich recht, allerdings sollten Sie versuchen die Beträge aus dem fraglichen Zeitraum noch etwas genauer aufzuklären. Es ließe sich hier je nach den getätigten Ausgaben in einigen Fällen auch vertreten, dass diese nicht in die Berechnung miteinfließen dürfen. In Fällen von Ärzten bleiben z.B. aufgrund des Abrechnungsmodus Forderungen gegen gesetzliche Kassen teilweise unberücksichtig.

Das BGH-Urteil gibt allerdings den Verwaltern aktuell eine Rechtstellung auf die wohl weder vorher hingewiesen wurde, noch später ein Ausgleich geschaffen wird, auch wenn das Vorgehen dem Gesetzeswortlaut entspricht. In Kenntnis der Folgen hätten Sie (und andere Schuldner) aber sicherlich bei der Freigabe anders gehandelt.

Ich bedauere Ihnen keine positivere Auskunft geben zu können und hoffe Ihre Frage zumindest inhaltlich zufriedenstellend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Bewertung des Fragestellers 23. Februar 2020 | 10:09

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