Aufhebungsvereinbarung im rechtlichen Sinne gleich zu stellen mit Aufhebungsvertrag?

| 13. September 2010 16:42 |
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Arbeitsrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,

bei mir ist folgende Situation eingetreten.
Ich habe mich während meines festen Arbeitsverhältnisses um eine andere Stelle in einer anderen Firma beworben. Nun hat dies mein Chef mitbekommen und mir folgende Aufhebungsverinbarung vorgeschlagen (Zitat aus der vorgeschlagenen Aufhebungsverinbarung):
...Die Gesellschafter haben sich entschlossen, einige organisatorische Änderungen einzuführen und in diesem Zusammenhang die Arbeit mit weniger Personal auszuführen. Vor diesem Hintergrund und zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung treffen die Parteien folgende Verinbarung:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Angestelltenverhältnis auf Veranlassung der Gesellschaft aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum xx.yy.zzzz beendet wird.
2. ...

Nun war meine Sorge, das ich aufgrund des Aufhebungsvertrages eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes bekomme, fand dann aber folgendes Urteil (AZ: B 11 100/01 R) vom BSG auf
http://www.123recht.net/Nicht-immer-Sperrzeit-beim-Arbeitslosengeld-nach-Aufhebungsvertrag-__a2847.html
und bin der Meinung das dieser Fall durch das oben genannte Zitat auf mich zutrifft?!

Nun ist meine letzte Sorge, dass ich eine Aufhebungsvereinbarung und keinen Aufhebungsvertrag erhalten habe. Gibt es hier im rechtlichen Sinne Unterschiede?

Ich würde um eine zeitnahe Beantwortung bitten, da ich die Aufhebungsvereinbarung am Mittwoch morgen (unterzeichnet) abgeben möchte.

MfG
Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:

Zunächst einmal möchte ich vorausschicken, dass Ihr Arbeitgeber nur wegen Ihrer anderweitigen Bewerbungstätigkeiten allein keinen Grund für eine Kündigung hat. Eine hierauf gestützte Kündigung wäre insoweit unwirksam, so dass es im Grunde für Sie auch keinen Zwang gibt, das Arbeitsverhältnis jetzt eventuell überhastet vorzeitig durch Aufhebungsvertrag zu beenden.

Um sogleich auch Ihre Frage vorwegzunehmen: Einen Unterschied im arbeitsrechtlichen Sinne zwischen Aufhebungsvereinbarung und Aufhebungsvertrag besteht grundsätzlich nicht. Es kommt insoweit nicht darauf an, wie diese Vereinbarung deklariert wird, sondern allein auf deren Inhalt. Bei der Auslegung des Inhalts ist nach den geltenden rechtlichen Grundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB zunächst stets der wahre Wille der Parteien zu erforschen, sofern ein vernünftiger auslegungsfähiger Inhalt nicht gegeben ist. Insgesamt muss also der gemeinsame Wille der beteiligten Parteien erforscht und sich am objektiven Erklärungswert ausgerichtet werden. In beiden Fällen ergibt sich dabei in Ihrem Fall nach der geschilderten Klausel unzweideutig, dass es sich sowohl subjektiv als auch objektiv um einen arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag handelt und handeln soll.

Ein Grund für Sie, einer vorzeitigen Beendigung Ihres Arbeitsvertrages mittels einer solchen Vereinbarung zuzustimmen, kann im Grunde für Sie nur sein, dass Sie schon einen besseren Arbeitsplatz gefunden haben und die normale Kündigungsfrist nicht mehr einhalten können. Denn den von Ihrem Arbeitgeber hierzu (wohl überraschend) aufgezeigten betriebsbedingten Grund müsste dieser im Zweifel auch beweisen können, wofür jedenfalls vor Gericht einige Hürden zu überwinden wären. Daher versuchen Arbeitgeber in der Regel immer vor Ausspuch einer Kündigung mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. In Ihrem Fall bestünde aber für den Arbeitgeber auch – soweit betriebsbedingte Gründe die Entlassung tatsächlich rechtfertigen können – anstelle eines Aufhebungsvertrages die Möglichkeit, Ihnen einfach betriebsbedingt zu kündigen. Hiergegen könnten Sie dann bei angestrebtem Erhalt Ihres Arbeitsplatzes mittels Kündigungsschutzklage mit in der Regel guten Erfolgsaussichten vorgehen.

Dies im Hinterkopf behaltend sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie tatsächlich Ihr Arbeitsverhältnis einfach so mittels Aufhebungsvertrag beenden wollen. Wenn allerdings Ihrerseits dennoch aus welchen Gründen auch immer hieran tatsächlich Interesse bestehen sollte, sollten Sie eine solche Vereinbarung nicht ohne eine angemessene Abfindungsregelung treffen. Denn zur Vermeidung eines für den Arbeitgeber in der Regel eher nachteiligen Kündigungschutzprozesses könnte dieser Ihnen gemäß § 1 a KschG auch einfach aus betriebsbedingten Gründen kündigen und direkt in der Kündigung eine Abfindung anbieten für den Fall, dass Sie keine Kündigungsschutzklage einreichen. Erst wenn Sie dieses Angebot annehmen würden, könnten Sie nicht mehr gerichtlich mit der normalerweise dann gegebenen Möglichkeit, dabei entweder den Arbeitsplatz zu behalten oder aber eine zumeist höhere Abfindung auszuhandeln, vorgehen. Auch vor diesem Hintergrund sollten Sie sich jetzt nicht einfach ohne Weiteres in den vorgeschlagenen Aufhebungsvertrag drängen lassen.

Wenn Sie jedenfalls einen solchen abschließen würden, kann im Einklang mit dem von Ihnen schon erwähntem Urteil des Bundessozialgerichts die so genannte Sperrzeit beim Arbeitsamt natürlich auch entfallen. Dazu müssten Sie im Zweifel nur darlegen können, dass Sie andernfalls mit einer rechtmäßigen Kündigung rechnen mussten. Dies wiederum setzt dann selbstredend voraus, dass tatsächlich seitens Ihres Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen Entlassungen vorgenommen werden müssen. Ob dies aber tatsächlich stimmt und entsprechend gegenüber dem Arbeitsamt im Zweifel auch nachweisbar ist, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt mangels weiterer Kenntnis aller Umstände nicht sicher beurteilt werden.

Im Ergebnis haben Sie also weiterhin die freie Wahl, ob Sie jetzt schon den Aufhebungsvertrag schließen oder aber einfach Ihren Job erst einmal behalten wollen. Sollte dann eine Kündigung ausgesprochen werden, empfiehlt sich in der Regel wie aufgezeigt die Einleitung eines Kündigungsschutzverfahrens. Dann droht auch ganz sicher keine Sperrzeit. Überlegen Sie sich also gut, ob Sie tatsächlich schon am Mittwoch diesen und falls ja in welcher Form unterzeichen wollen. Dies wäre jedenfalls mein gut gemeinter Rat.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Bei verbliebenen Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Joschko
Rechtsanwalt
Bewertung des Fragestellers 13. September 2010 | 18:51

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