vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gern unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Grundsätzlich ergibt sich für den Arbeitgeber aus dem Arbeitsvertrag ein Weisungsrecht gegenüber seinen Angestellten (§ 106 GewO bzw. § 315 BGB).
Durch diese Weisungsbefugnis kann das arbeitsvertragliche Verhältnis hinsichtlich Art, Zeit und Ort der Tätigkeit näher ausgestaltet werden.
Das Weisungsrecht darf jedoch nur im Rahmen des billigen Ermessens ausgeübt werden (§ 315 III BGB). Der Grundsatz der Billigkeit ist dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden.
Das Weisungsrecht wird unzulässig ausgeübt, wenn die Weisungen über den Inhalt des Arbeitsvertrages hinweg gehen, gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder sittenwidrig sind.
In Ihrem konkreten Fall wurden Sie von Ihrem Arbeitgeber aufgefordert, auch im Falle der Lohnfortzahlung durch die Krankenkasse, das weitere Bestehen der Arbeitsunfähigkeit durch geeignete Bescheinigungen nachzuweisen.
Auch bei einer längerfristig bestehenden Erkrankung hat Ihr Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, inwieweit Ihre Arbeitsunfähigkeit noch fortbesteht und ggf. über welchen Zeitraum.
Der AG muss etwa innerbetiebliche Planungen hinsichtlich des Einsatzes von Personal anstellen können.
In der Erteilung einer entsprechenden Dienstanweisung ist aufgrund des berechtigten Interesses Ihres Arbeitgebers damit auch keine unzulässige Ausübung des Weisungs- oder Direktionsrechts zu sehen, so dass diese rechtmäßig sein dürfte.
Ist eine rechtmäßige Weisung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer nicht beachtet worden, stellt dies regelmäßig einen Kündigungsgrund dar.
Da die Kündigung im Arbeitsrecht allerdings regelmäßig die ultima-ratio, also die letzte Möglichkeit, darstellen soll, ist der Arbeitgeber gehalten, dem Arbeitnehmer vor dem Aussprechen der Kündigung eine entsprechende Abmahnung zu erteilen, um ihm sein Fehlverhalten und dessen Konsequenzen vor Augen zu führen.
Im Ergebnis muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ich die Ihnen erteilte Abmahnung für gerechtfertigt halte.
Ich kann Ihnen daher lediglich raten, die durch den Arbeitgeber erlassene Dienstanweisung zukünftig zu befolgen, da Sie anderenfalls tatsächlich den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Auskunft geben zu können.
Bei Verständnisfragen nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Anke Thiede
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Tiede,
vielen Dank für Ihre konkrete Antwort.
In bezeichneter Dienstanweisung wird das "Gebot der umgehenden Information" angegeben. Ein recht schwammige Formulierung. Wie lang ist denn "umgehend"? Bei einer Krankschreibung von 13 Monaten?
Zumal der Firma bekannt ist, dass ich eine Reha beantragt habe und nicht vor der Reha arbeitsfähig bin.
Welche Möglichkeiten habe ich, um gegen die Abmahnung in Widerspruch zu gehen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gern wie folgt beantworten möchte:
1. Frist zur Krankmeldung
Bei der Formulierung "umgehend" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in aller Regel einen Zeitraum von 3 Werktagen umfasst (übliche Postlaufzeiten). Das heißt, dass die erneute Krankmeldung spätestens 3 Tage nach deren Ausstellung Ihrem Arbeitgeber vorliegen muss.
Die Beantragung der Reha-Maßnahme rechtfertigt hier keine andere Beurteilung, da, wenn ich Sie richtig verstanden habe, diese noch nicht bewilligt worden ist.
2. Abmahnung:
Grundsätzlich können Sie der Abmahnung widersprechen. Diese wäre dann aus Ihrer Personalakte zu entfernen, falls sie unberechtigterweise erteilt worden ist.
Dieses Recht könnten Sie notfalls gerichtlich durchsetzen.
Es besteht jedoch für Sie das Risiko, dass das Gericht feststellt, dass die Abmahnung zu Recht erteilt worden ist. In jedem Fall würde sich ein gerichtliches Verfahren jedoch eher negativ auf das bestehende Arbeitsverhältnis auswirken.
Im Rahmen einer Erstberatung und ohne nähere Kenntnisse des Arbeitsverhältnisses kann ich Ihnen nur raten, ein klärendes Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber zu führen, soweit Ihnen dies möglich ist und dort darauf hinzuwirken, dass die Abmahnung zurückgenommen wird.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und eine hoffentlich baldige Genesung.
Mit freundlichen Grüßen
Anke Thiede
Rechtsanwältin