27. August 2025
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14:59
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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vielen Dank für Ihre ausführliche Schilderung. Nachfolgend erhalten Sie eine rechtliche Einschätzung zu Ihrer Situation und Hinweise zum weiteren Vorgehen.
1. Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen
Grundsätzlich steht Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Dieses Recht kann jedoch in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein, insbesondere bei digitalen Inhalten und Software.
Ausschluss des Widerrufsrechts bei Software (§ 312g Abs. 2 Nr. 6 BGB)
Das Widerrufsrecht ist ausgeschlossen, wenn
es sich um einen Vertrag zur Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten handelt,
der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung beginnt,
der Verbraucher seine Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrechts bestätigt hat.
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
2. Anforderungen an den Ausschluss des Widerrufsrechts
Damit das Widerrufsrecht wirksam ausgeschlossen ist, muss der Unternehmer Sie vor Vertragsschluss klar und verständlich über den Ausschluss belehren und Ihre ausdrückliche Zustimmung einholen. Sie müssen zudem bestätigen, dass Sie mit Beginn der Ausführung Ihr Widerrufsrecht verlieren.
Wichtige Punkte:
Die Zustimmung muss ausdrücklich erfolgen, z. B. durch aktives Anklicken einer Checkbox.
Die Belehrung muss klar und verständlich sein.
Die Ausführung des Vertrags (z. B. Aktivierung der Software) darf erst nach dieser Zustimmung beginnen.
Wenn Sie nach Ihrer Darstellung keine ausdrückliche Zustimmung zum Verlust des Widerrufsrechts erteilt und keine entsprechende Belehrung erhalten haben, ist der Ausschluss des Widerrufsrechts nicht wirksam.
3. Sonderfall: Software auf Hardware (Diagnosegerät)
Bei Ihrem Fall handelt es sich um ein Diagnosegerät, das Hardware und Software kombiniert. Die Rechtsprechung und Literatur differenzieren hier:
Wird Software auf einem Datenträger (z. B. CD, USB-Stick) geliefert, ist das Widerrufsrecht nach Entsiegelung ausgeschlossen (§ 312g Abs. 2 Nr. 6 BGB analog).
Wird Software digital bereitgestellt und auf ein Gerät aufgespielt, kommt es auf die oben genannten Voraussetzungen an.
Entscheidend ist, ob Sie vor Aktivierung ausdrücklich und transparent auf den Verlust des Widerrufsrechts hingewiesen wurden und dem zugestimmt haben.
4. Vertragliche Rückgaberechte und AGB
Ein vertragliches Rückgaberecht kann über die gesetzlichen Regelungen hinaus eingeräumt werden. Dies ist aber nur wirksam, wenn es klar und verständlich in den AGB geregelt und Ihnen bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht wurde.
5. Mängelrechte (Gewährleistung)
Unabhängig vom Widerrufsrecht stehen Ihnen bei mangelhafter Ware die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu (§§ 434 ff. BGB). Wenn das Gerät nicht die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit aufweist, können Sie zunächst Nacherfüllung (Reparatur oder Ersatzlieferung) verlangen. Erst wenn diese scheitert oder verweigert wird, können Sie vom Vertrag zurücktreten und den Kaufpreis zurückverlangen.
6. Empfehlung für das weitere Vorgehen
Prüfen Sie, ob Sie im Bestellprozess ausdrücklich und transparent auf den Verlust des Widerrufsrechts hingewiesen wurden und dem zugestimmt haben.
Falls dies nicht der Fall war, teilen Sie dem Verkäufer mit, dass der Ausschluss des Widerrufsrechts unwirksam ist und Sie daher widerrufen.
Fordern Sie die Rückabwicklung des Vertrags und die Rückzahlung des Kaufpreises.
Sollte das Gerät mangelhaft sein (z. B. unzureichende Funktion, wie von Ihnen beschrieben), machen Sie Ihre Gewährleistungsrechte geltend und verlangen Sie Nacherfüllung. Sollte diese scheitern, können Sie den Rücktritt erklären.
Dokumentieren Sie Ihre Kommunikation mit dem Verkäufer sorgfältig.
7. Zusammenfassung
Ein Ausschluss des Widerrufsrechts ist nur wirksam, wenn Sie ausdrücklich und vor Ausführung des Vertrags über den Verlust belehrt wurden und dem zugestimmt haben.
Fehlt eine solche Belehrung oder Zustimmung, können Sie den Vertrag widerrufen.
Bei Mängeln stehen Ihnen unabhängig davon Gewährleistungsrechte zu.
Bitte prüfen Sie die Unterlagen zum Bestellprozess und die Ihnen zur Verfügung gestellten AGB und Widerrufsbelehrungen. Sollten Sie keine ausdrückliche Zustimmung zum Verlust des Widerrufsrechts erteilt haben, bestehen gute Chancen, dass Sie den Vertrag widerrufen können.
Gerne unterstütze ich Sie bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Ansprüche.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist