verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre

9. Juni 2008 23:58 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Zusammenfassung

Gibt es einen Mindestabstand, den Nachbarn einhalten müssen, wenn sie an unserem Wohnungsfenster im Erdgeschoss vorbeigehen?

Gegen das reine Vorbeigehen können Sie nichts unternehmen, lediglich wenn ein gezielten Beobachten durch das Fenster geschieht kann ein Beseitigung- und Unterlassungsanspruch bestehen.

Wir wohnen bedingt durch unser schwerstmehrfachbehindertes Kind in einer barierefreien EG Wohnug mit kleiner Terasse eines 9 Parteienhauses. Durch die barierefreie Bauweise sind unsere Wohnungsfenster niedriger als in anderen Häusern, d.h. wenn jemand ums Haus geht, kann in jedes Fenster geschaut werden. Da wir rund um unsere Wohnung einen s.g. Gemeinschaftsgarten haben nutzen das 2 Mit-mieter aus und streifen ständig um unsere Wohnung. Leider liegt der Wasseranschluss für das Gartenwasser hinter dem Haus so das meine Nachbarn immer schön begründen können -sie wollen nur mal eben Wasser holen-. Es ist durchaus möglich andersherum ums Haus zu gehen, nur verbittet sich das unsere Nachbarin weil sie sich durch das rumschleichen in ihrer Privatsphäre gestört fühlt und das wird auch akzeptiert. Nun meine Fragen: gibt es einen Abstand den die Leute zu unseren Fenstern einhalten müssen? (und ich meine keine wischiwaschi aussage wie gebührender abstand, denn was ist das schon..)
Ist es rechtens das auf die eine Mieterin rücksicht genommen wird (ich gönne ihr das, denn ich weiß wie unangenehm es ist wenn man im Sommer die Fenster auf hat und es sich im Bett schön gemütlich macht und dann von den Nachbarn bespitzelt wird) und auf uns nicht?
Danke für Ihre Zeit.
Sehr geehrter Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihrer Frage, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:

Zunächst ist das Vorgehen bezüglich Ihrer Nachbarin nicht rechtlich zu beanstanden. Insoweit sind keine gesetzlichen Vorschriften erkennbar, die dagegen sprechen könnten. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist ein solches „Vorgehen“ als legitim einzustufen. So findet sich der zivilrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nur im Arbeitsrecht wieder. Auch das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG greift vorliegend nicht ein.
Insoweit können Sie gegen das Verhalten rechtlich nicht Vorgehen.

Bezüglich des Beobachtens durch Ihr Fenster gilt es folgendes anzumerken:
Sie könnten in Ihrem Fall einen Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB haben. Diesen könnten Sie geggebenenfalls auch vor Gericht geltend machen. So brauchen Sie es insbesondere nicht zu dulden, dass Sie ständig durch Ihr Fenster beobachtet werden. Einen sog. Mindestabstand gibt es jedoch nicht. Sie könnten nur gegen Androhung eines Zwangsgeldes den betreffenden Parteien es verbieten, an Ihrem Fensterbereich vorbeizulaufen. So verletzt es die Privatsphäre, wenn Menschen durch das Fenster einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung den Nachbarn ständig beobachten (OLG München 32 W 65/05= NJW 2006, 627). Allerdings sind Sie diesbezüglich in der Beweislast, Sie müssen daher beweisen, dass gezielt durch Ihre Fenster hineingeschaut wird. Sie sollten daher ein „Tagebuch“ führen. Darin sind die Zeiten aufzuschreiben, wann genau Wasser geholt worden und durch Ihr Fenster geschaut worden ist. Dieses „Tagebuch“ kann dann später als Beweis dienen.

Ich hoffe Ihnen weiter geholfen zu haben und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt
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