28. Juni 2012
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00:15
Antwort
vonRechtsanwältin Jana Michel
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst einmal muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie zwar mit Ihrem Vermögen grds. machn können, was Sie wollen. Wenn Sie es aber "verschieben", um Sozialleistungen zu erhalten, dann stellt das einen strafrechtlich relevanten Betrug dar. Die Vermögensverschiebung zu Lasten der Staatskasse vorzunehmen, kann ich Ihnen daher in keinem Fall anraten.
Des Weiteren können Gläubiger (also jeder der noch Geld von Ihnen zu bekommen hat oder später mal bekommen wird) Vermögensverfügungen anfechten, d.h. unwirksam machen.
§ 3 AnfG: Vorsätzliche Benachteiligung
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Unentgeltliche Verfügungen können bis zu 4 Jahren angefochten werden, § 4 AnfG.
Auch vor diesem Hintergrund ist die Vermögensverschiebung rechtlich nicht anzuraten.
Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
Frage 1: Wäre es Betrug, wenn Frau M. die Änderung am Grundstücksvertrag vor einem Notar unterschreiben würde, obgleich im vorläufigen Betreuungsbeschluss kein finanzieller Aufgabenbereich aufgeführt ist?
Der Verzicht selber ist grds. neutral und würde erst einen Betrug darstellen, wenn er nur abgegeben werden würde, um später Sozialleistungen zu erzielen. Solltes es aber andere Gründe für den Verzicht geben, z.B. weil die Tochter das Objekt als Sicherheit für die Bank braucht und diese mit dem Nießbrauch drinnen natürlich nichts finanziert, läge die Sache anders.
Nach Ihrer Sachverhaltsschilderung bestehen hier aber Bedenken, dass die Frau wirksam eine Willenserklärung abgeben kann. Der Notar wird prüfen, ob sie die Tragweite ihrer Erklärung versteht und ggfs. den Vertrag nicht beurkunden. Selbst wenn er beurkundet, bleibt der Verzicht unwirksam, wenn die Frau geschäftsunfähig war. Der Anscheinsbeweis der Notarurkunde spricht aber zunächst für deren Geschäftsfähigkeit.
Könnte das Sozialamt hinterher notariell beglaubigte Änderung in Frage stellen?
Wie bereits dargelegt, kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn die Gründe für den Verzicht in der beabsichtigten Vermögensverschiebung liegen.
Frage 2: Gehört das Geld auf den Konten in gleichem Maße der Tochter, wenn diese eine von beiden Ehepartnern genehmigte Vollmacht besitzt, oder könnte die Betreuungsaufsicht immer noch Rechenschaft von ihr verlangen bzw. ihre Ausgaben irgendwie beschränken?
Das Geld auf dem Konto gehört weiter den Eltern, auch wenn die Tochter eine Kontovollmacht hat. Die Vollmacht enthält lediglich die Berechtigung, auf das Konto zuzugreifen, ändert aber an dem Eigentum nichts. D.h. soweit die Tochter auf den "Anteil" der Mutter zugreift, ist sie dieser rechenschaftspflichtig. Allerdings habe ich dem von Ihnen zitierten Beschluss keine Betreuung über das Vermögen entnehmen können. D.h. über ihr Vermögen kann die Mutter voll und ganz allein entscheiden (soweit sie noch geschäftsfähig ist).
Frage 3: Inwieweit spielt hier das Erbrecht mit hinein? Von der Tochter zuvor abgehobenes und ausgegebenes Geld kann als "vorweggenommene Erbschaft" bei Pflichtanteilen zurückgefordert werden. Da das Erbrecht stärker ist und die Ehefrau Alleinerbin ist, darf bis zu deren Tod gar kein Geld von der Tochter ausgegeben werden? Oder kommt das Erbrecht im Falle von Gemeinschaftskonten gar nicht erst zum Tragen?
Ich gehe bei der Beantwortung dieser Frage davon aus, dass es offenbar ein Berliner-Testament der Eltern gibt, nach welchem diese sich gegenseitig als Erben einsetzen und (zunächst) die Tochter enterbt ist. Ferner gehe ich davon aus, dass der Tod des Ehemannes zuerst eintritt.
Das Erbrecht greift erst, wenn der Todesfall eingetreten ist. Dann wird der Anteil der Gelder auf den Konten, die dem Mann zuzurechnen sind (also die Hälfte) Erbmasse. Die andere Hälfte ist und bleibt im Vermögen der Mutter. Die Mutter erbt auch die andere Hälfte. Der Tochter steht dann ein Pflichtteilsanspruch (an dieser Hälfte) zu.
Soweit die Tochter bereits im Vorfeld Vermögen erhalten hat, kann die Mutter als Erbin gemäß § 2287 BGB die Herausgabe des Geschenkten verlangen. Dies aber nur, soweit die Tochter ungerechtfertigt bereichert ist. D.h. bis zu dem Betrag des ihr zustehenden Pflichtteils kann sie Gelder vom Konto abheben, darüber hinaus entnommene Gelder kann die Mutter (oder deren Betreuer) nach dem Erbfall herausverlangen. Bitte beachten Sie, dass die Gelder auf den Konten nach Ihrer Schilderung zur Hälfte bereits dem Vermögen der Ehefrau zuzurechnen sind und Verfügungen (ohne Rechenschaft abgeben zu müssen) nur hinsichtlich der anderen Hälfte getätigt werden können.
Da § 2287 BGB auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verweist, steht der Tochter, wenn diese das Geld tatsächlich verlebt hat, der Entreicherungsanspruch des § 818 Abs. 3 BGB zu. D.h. sie muss das Geld nicht ertsatten, soweit sie es nicht mehr hat. ABER: Sie kann sich nicht auf § 818 Abs 3 berufen, soweit sie für das Geld eine Gegenleistung erzielt hat. "Hat der Schuldner den Bereicherungsgegenstand verschenkt oder verbraucht, kommt es darauf an, ob er dadurch Aufwendungen aus seinem übrigen Vermögen erspart hat. Das ist insbes. anzunehmen, wenn er mit dem Erlangten eigene Verbindlichkeiten getilgt hat, es sei denn, er hätte diese sonst nachweislich unter Einschränkung seiner übrigen Lebensführung ebenso getilgt (BGHZ 118, 383, 388; BVerwGE 15, 15, 18)."Christiane Wendehorst in Beck'scher Online-Kommentar BGB § 818 Rn 46. Soll heißen: Hat sie ihren normalen Lebensbedarf damit gedeckt hat sie Aufwendungen erspart und muss es doch erstatten, hat sie eine Luxusreise gemacht, die sie sonst nicht gemacht hätte, scheidet die Erstattung aus.
Frage 4: Bei einer Schenkung würde das Geld zwar sicher der Tochter gehören und die Betreuungsaufsicht hätte nicht mitzureden, trotzdem würde die Ehefrau nach seinem Tod seine Besitztümer erben und es bliebe wieder die Frage, ob etwas von dem Geld zurückgefordert werden könnte?
Wie bereits ausgeführt: verschenken kann der Mann nur seine Hälfte des Vermögens. Und auch hier blieben wieder die Rückforderungsansprüche nach dem Erbrecht oder aus dem Anfechtungsgesetz.
Beachten Sie aber, dass der Erbe bzw. der Gläubiger die geltend gemachten Ansprüche beweisen müssen, um erfolgreich klagen zu können.
D.h. im Falle der Anfechtung müssen die Gläubiger beweisen, dass die Vermögensverschiebung zu Lasten der Gläubiger Zweck des Vertrages war. Im Falle des Erben muss dieser die Schenkung an die Tochter beweisen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Michel, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Jana Michel