17. Januar 2012
|
15:02
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Liedtke
Groner Landstr. 59
37081 Göttingen
Tel: 05513097470
Web: https://www.Kanzlei-Lars-Liedtke.de
E-Mail: Kanzlei@RA-Liedtke.de
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Zutreffend ist, dass Sie trotz einer wirksamen Kündigung nicht selbst die Räumlichkeiten räumen dürfen, da es sich hierbei um eine Vollstreckungshandlung handelt, die nur den staatlichen Vollstreckungsorganen, also dem Gerichtsvollzieher, obliegt. Der Gerichtsvollzieher ist wiederum nur dann zur Vollstreckung befugt, wenn ein wirksamer Vollstreckungstitel vorliegt. Unzutreffend ist daher, dass Sie den Gerichtsvollzieher nach Ablauf einer dem Mieter gesetzten Räumungsfrist "einfach so" beauftragen können. Vielmehr benötigen Sie einen Räumungstitel, müssen also den Mieter zunächst vor Gericht auf Räumung verklagen. Erst nach Abschluss des Prozesses können Sie aus dem Räumungsurteil vollstrecken.
Zuvor dürfen Sie dem Mieter also nicht den Besitz an den Räumichkeiten entziehen. Würden Sie also die Schlösser austauschen, solange der Mieter seine Sachen noch nicht entfernt hat, wäre dies rechtswidrig. Der Mieter könnte dann gerichtlich gegen Sie vorgehen und beispielsweise durch eine einstweilige Verfügung erwirken, dass Sie ihm die Schlüssel für die neuen Schlösser aushändigen oder die alten Schlösser wieder einbauen müssen. Daher werden Sie auch nicht erwirken können, dass ein Zutritt nur nach Vereinbarung und in Ihrer Anwesenheit erfolgt.
Zutreffend ist weiter, dass durch die Räumungsvollstreckung meist erhebliche Kosten entstehen (da der Gerichtsvollzieher die Sachen des Mieters einlagern muss), die Sie als Vollstreckungsgläubiger zunächst verauslagen müssen und einen Ersatz vom Mieter nur erlangen können, wenn dieser auch zahlungsfähig ist. Allerdings gibt es die Möglichkeit, diese Kosten zu reduzieren, indem Sie die Räumungsvollstreckung nach dem Berliner Modell betreiben. Das bedeutet, dass Sie an den in den Räumlichkeiten befindlichen Sachen ein Vermieterpfandrecht geltend machen, so dass die Vollstreckungshandlung des Gerichtsvollziehers darin beschränkt ist, dem Mieter den Besitz an den Räumichkeiten zu entziehen und den Vermieter wieder in den Besitz der Räume einzuweisen. Es entstehen dann keine Gerichtsvollzieherkosten für die Verwahrung, da diese dann dem Vermieter obliegt. Dieses Vorgehen kann ganz erhebliche Kosten vermeiden, ergibt sich (gegenwärtig) aber (noch) nicht aus den gesetzlichen Zwangsvollstreckungsvorschriften der ZPO. Gleichwohl hat der BGH diese Beschränkung der Räumungsvollstreckung durch Beschluss vom 17.11.2005 (Az. I ZB 45/05) für rechtmäßig befunden.
Die Bundesregierung plant derzeit eine Mietreform, durch die die Rechte des Vermieters bei der Räumungsvollstreckung gestärkt werden sollen, indem diese Berliner Räumung in § 885a ZPO eingefügt werden soll. Durch diese Gesetzesänderung soll auch geregelt werden, dass der Vermieter dann für Schäden an den Sachen des Meieters nur in Fällen der groben Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes haftbar gemacht werden soll. Der Gesetzesentwurf ist bereits seit dem 17.11.2011 auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz veröffentlicht worden. Ein Termin, wann das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein wird und die Änderung in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt.
Sie sollten also schnellstmöglich Räumungsklage gegen den Mieter erheben. Ohne Räumungstitel werden Sie keine Räumung veranlassen können. Sollten Sie im weiteren Fortgang der Angelegenheit einen Rechtsanwalt beauftragen wollen, können Sie sich gern an mich wenden.
Es tut mir Leid, Ihnen keine positivere Mitteilung machen zu können, hoffe jedoch, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Lars Liedtke