Antwort des Versicherungs-Ombudsmann durch widerlegt Gericht

21. März 2010 10:49 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

nachdem ich über 25 Jahre eine Rechtsschutzversicherung mit ARB 75 hatte, trat ich an diese heran um die Restkosten einer Heizungsstörung von der Hausbaufirma einzufordern.

Nachdem es mit dieser noch keine Abnahme des Hausbaus gibt lehnte die RV mit Hinweis auf die ARB Klausel in §4 Abs. 1k ab ("Wahrnehmung rechtlicher Interessen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstücks").

Der Vortrag beim Versicherungs-Ombudsmann mit Verweis auf die Urteile OLG Oldenburg 3 U 44/04 und BGH IV ZR 4/89 - die eine enge Auslegung von Risiko-Ausschlußklauseln vorgeben - erbrachte ebenfalls nur eine abschlägige Antwort ohne überhaupt auf die entsprechenden Urteile eingegangen zu sein.

Daraufhin kündigte ich schweren Herzens die RV, da ich als Normalverdiener nicht auch noch einen Rechtsstreit gegen die Rechtsabteilung der Versicherung führen konnte.
Das war vermutlich mein großer Fehler (was diese und der von der Versicherungswirtschaft finanzierte Ombudsmann wohl auch beabsichtigt hatten).

Nun wurde im Urteil OLG Celle 8 U 49/04 ein weiterer Fall zugunsten eines Versicherungsnehmers bzgl. der falschen Auslegung der Ausschlußklausel §4, Abs. 1k, entschieden.

Frage: Kann man hier noch etwas machen (Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand o.ä.) da Versicherung und Ombusmann der art instituionell zusammenarbeiten in dem ergangene Urteile einfach ignoriert und absichtlich unzutreffend geantwortet wird um den Versicherungsnehmer abzuwimmeln ?

21. März 2010 | 13:08

Antwort

von


(77)
Elsenheimerstraße 59
80687 München
Tel: 089-74995843
Web: https://www.huber-sierk.de
E-Mail:

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Sachverhaltsdarstellung und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:

Nach der so genannten Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1 k ARB 75 bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung
oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im
Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder
von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäu
deteiles stehen. Die Rechtsschutzversicherungen haben diese Klausur im weitesten Sinne ausgelegt und auf alle Maßnahmen angewandt, die auch nur im entferntesten Sinn mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum des Versicherungsnehmers stehenden oder von ihm zu erwerbenden Grundstücks oder Gebäudes standen. Dieser weiten Auslegung ist die Rechtsprechung entgegengetreten. Nach den unter anderem auch von Ihnen zitierten Urteilen greift die Baurisikoklausel zum Beispiel nicht ein bei der Durchsetzung von Ansprüchen, die sich aus dem Erwerb und der Finanzierung von Fondsanteilen ergeben, selbst wenn der Zweck der Fondsgesellschaft den Erwerb und die Errichtung von Immobilien bezweckt (BGH, Urteil vom 25.06.2003 - IV ZR 32/03 ). Ebenso wenig greift die Baurisikoklausel ein bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Vermittler, der den Erwerb der Immobilie vorbereitete sowie gegen die finanzierenden Kreditinstitute wegen mangelnder Rentabilität der zum Zweck der Steuerersparnis und zur Vermietung erworbenen Eigentumswohnung (OLG Celle, 8 U 49/04 im Anschluss an BGH VersR 2003, 454 ). Schließlich werden auch nicht genehmigungsfähige Renovierungsmaßnahmen, sofern sie nicht als Teile eines Gesamtprojekts in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines Gebäudes stehen, nicht von der Baurisikoklausel erfasst (OLG Oldenburg, 3 U 44/04 ).

Diese von der Rechtsprechung behandelten Fälle, bei denen die Baurisikoklausel entgegen den Vorstellungen der Versicherungsgesellschaften nicht eingreift, lassen sich aber leider nicht mit Ihrem Fall vergleichen, jedenfalls nicht, wenn man von Ihren Angaben ausgeht. Sie geben an, dass Sie Ansprüche gegen die "Hausbaufirma" wegen der Restkosten einer Heizungsstörung einklagen wollten und weisen zudem daraufhin, dass Ihre Rechtschutzversicherung - offenbar zu Recht - davon ausgeht, dass bezüglich des Hausbaus noch keine Abnahme stattgefunden hat. Dies deutet alles daraufhin, dass Ihre Ansprüche gegen die Hausbaufirma, auch wenn sie sich auf Renovierungsmaßnahmen beziehen, auf Baumaßnahmen beruhen, die in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Errichtung Ihres Hauses stehen. In einem solchen Fall werden jedoch alle Arbeiten vom Risikoausschluss der Baurisikoklausel erfasst (OLG München ZfS 1986, 145 ; LG Coburg VersR 1997, 612 ; Böhme, a.a.o., § 4 Rn. 34g; Harbauer/Maier, a.a.O., § 4 Rn. 96; Prölss/Armbrüster, a.a.o., § 4 Rn. 32). In ihrem Fall greift die Baurisikoklausel somit auch bei der von der Rechtsprechung geforderten engen Auslegung ein. Insofern ist es vielleicht verständlich, dass der Versicherungs-Ombudsmann nicht auf die von Ihnen zitierten Urteile einging, die sich mit den Fällen einer zu weiten Auslegung der Baurisikoklausel befassen. Dennoch hätte der Ombudsmann Ihnen zumindest in verständlicher Form darlegen müssen, dass ihr Fall eben nicht mit denen in den Urteilen behandelten Fällen vergleichbar ist.

Die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der nur gegenüber gerichtlichen oder behördlichen Entscheidungen möglich ist, kann ich aufgrund ihrer Sachverhaltsschilderung nicht entnehmen. Gegenüber der Versicherungsgesellschaft können Sie selbstverständlich Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, sofern diese nicht verjährt sind oder, wie in Ihrem Fall leider anzunehmen ist, ohne Aussicht auf Erfolg sind.

Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber nur auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.


Mit freundlichen Grüßen

Huber-Sierk
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 21. März 2010 | 14:34

Sehr geehrter Herr Huber-Sierk,

ihre Verdeutlichung des Sachverhalts mit aus dem Oldenburg-Urteil kann ich nachvollziehen.

Für einen Normalbürger sieht es jedoch schon wie Lobbyismus aus wie die §4 1k- Klausel ("...die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen;") auch auf eine Heizungsstörung ausgedehnt werden kann, die bestimmt kein Gebäudeteil (=immobil) sondern eine Gebäudeausstattung ist.

Aber sei es drum - meine Nachfrage gilt nun dem Sachverhalt ob es überhaupt eine Ihnen bekannte RV gibt, die in diesem Punkt kulanter bzw. und nicht so haarspalterisch formuliert sind. Im letzten Finanztest-Bericht 08/2009 gab es dazu leider kein Kriterium.

Nachdem Sie für kein bestimmtes Versicherungsprodukt Werbung machen dürfen/wollen, genügt mir hier die Aussage "Ja, es gibt welche" bzw. "Nein, da sind alle restriktiv".

Vielen Dank





as Extrakt aus dem Urteil die Verdeutlichung aus ihre Auslegung aus dem

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. März 2010 | 18:44

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Nachfrage beantworte ich gerne - und etwas ausführlicher - wie folgt:

Die Baurisikoklausel (§ 4 Abs. 1 k ARB 75) ist Bestandteil der allgemeinen Versicherungsbedingungen, die allen üblicherweise abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungen zugrundeliegen. Unterschiedliche Formulierungen werden Sie also, egal bei welcher Versicherungsgesellschaft Sie den Vertrag abschließen, nicht finden. Auch wenn die Versicherungsgesellschaften dazu tendieren, die allgemein geltenden Versicherungsbedingungen möglichst zu ihren eigenen Gunsten auszulegen, gibt es sicher einzelne Gesellschaften, die bei der Auslegung der Bedingungen dem Versicherten mehr entgegenkommen, als andere Gesellschaften. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es eine Versicherungsgesellschaft gibt, die sich bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen noch mehr zu ihren eigenen Lasten einschränkt, als dies von der Rechtsprechung schon gefordert wird. Eher ist schon zu erwarten, dass die Versicherungsgesellschaften in der Praxis immer wieder versuchen werden, die von der Rechtsprechung aufgezeigten Grenzen wieder zu ihren Gunsten zu verschieben.

Im Rahmen der Baurisikoklausel kommt es im übrigen nicht darauf an, ob die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Errichtung eines Hauses stehenden Baumaßnahmen sich auf das Gebäude beziehungsweise Gebäudeteile oder auf eine "Gebäudeausstattung" beziehen. Davon abgesehen handelt es sich bei einer Heizanlage auch rechtlich um einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes.


Mit freundlichen Grüßen

Huber-Sierk
Rechtsanwalt

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