Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Das von der Bezirksregierung zitierte Urteil vom OLG Celle konnte ich jedenfalls hinsichtlich des Urteilstenors finden:
Nach OLG Celle AgrarR 1975, 50 (Urteil vom 25.02.1974) ist ein gutgläubiger Erwerb von Grundstücken ausgeschlossen, deren Eigentum dem Veräußerer durch die (vorzeitige) Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplanes vorzeitig entzogen worden ist.
Damit wäre zumindest nach dieser Rechtsprechung eine Berufung auf die Nichtkenntnis der Flurbereinigung nicht möglich. Der Gesetzeszweck gibt dieses auch her.
Andere Urteile/Meinungen konnte ich in der Kürze der hier zur Verfügung stehenden Beratungszeit nicht finden; gegebenenfalls wäre danach noch zu suchen, wenn Sie einen Bescheid der Bezirksregierung erhalten. Gegen diesen kann dann immer noch vorgegangen werden.
In der Tat wäre an Amtshaftungsansprüche gegenüber dem Land zu denken, weil das Amtsgericht Sie anscheinend nicht hinreichend über die Situation informiert hat.
In Betracht kommt auch ein Anfechtungsrecht/Rücktrittrecht wegen der für Sie wesentlichen Umstände, die Ihnen bei dem Eigentumserwerb nicht bekannt waren.
Dieses wäre nach meiner ersten vorläufigen Meinung aussichtsreicher als Einwendungen im Hinblick auf die verwaltungsrechtliche Flurbereinigung.
Das Kostenrisiko sähe bei einer Klage gegen den Flurbereinigungsbescheid wie folgt aus:
Streitwert: 2.500 Euro
- Vorherige außergerichtliche Auseinandersetzung
- Klageverfahren
- Urteil zu Gunsten des Prozessgegners
Prozesskosten
Gerichtskosten 243,00 Euro
Anwaltskosten Auftraggeber 651,11 Euro
Ggf. Verwaltungskosten in wesentlich geringerer Höhe
Die Kosten für zivilgerichtliches Verfahren in Bezug auf eine Rückabwicklung des Eigentumserwerbs wäre weitaus kostenintensiver, da dafür der volle Streitwert in Höhe des Kaufpreies angesetzt würde.
Wenn Sie mir diesen Wert noch mitteilen, kann ich Ihnen eine Kostenaufstellung zukommen lassen.
Ansonsten sollten Sie gegebenenfalls weiteren anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen, insbesondere wegen einer möglich erscheinenden Rückabwicklung des Eigentumserwerbs wegen Nichtkenntnis der Flurbereinigung und den daraus resultierenden Kosten.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Vielen Dank. Leider behandelt Ihre Antwort einen wesentlichen Teil der Frage nicht, nämlich inwieweit eine Klage aussichtsreich und sinnvoll ist.
Wegen des Prozesskostenrisikos kommt die Anfechtung des Erwerbs mit einem Streitwert um 120.000 EUR nicht in Frage. So reduziert sich die Nachfrage darauf, wie aussichtsreich eine Klage wegen Amtshaftung wäre. Kann ich das Versäumnis des Amtsgerichts überhaupt nachweisen? Wie detailliert müssen die Aufzeichnungen über den Verlauf der Zwangsversteigerung dort sein, und kann ich sie einsehen?
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Rückfrage beantworte ich wie folgt:
Die Terminsbestimmung bei der Zwangsversteigerung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten.
Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der erfolgten Anmeldungen ist jedem gestattet.
Das heißt, man hätte gegebenenfalls Einsicht in das Grundbuch nehmen müssen.
Nach meiner ersten Meinung besteht darüber hinaus nicht die eigenständige Pflicht des Amtsgerichts über die besonderen Eintragungen im Grundbuch inhaltlich zu infomieren.
Hinsichtlich des Flurbereinigungsverfahrens gilt:
Nach Eintritt des neuen Rechtszustandes sind die öffentlichen Bücher auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde nach dem Flurbereinigungsplan zu berichtigen.
Dem Ersuchen um Berichtigung des Grundbuches sind eine Bescheinigung über den Eintritt des neuen Rechtszustandes und ein beglaubigter Auszug aus dem Flurbereinigungsplan beizufügen, der nachweisen muß:
1. die Eigentümer der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke;
2. die alten Grundstücke und Berechtigungen sowie die dafür ausgewiesenen Abfindungen;
3. die Landzuteilungen sowie die gemeinschaftlichen und die öffentlichen Anlagen;
4. die zu löschenden, die auf neue Grundstücke zu übertragenden und die neu einzutragenden Rechte.
Das heißt, man hätte sich aller Voraussicht nach Einsicht in das Grundbuch Ihrerseits verschaffen müssen, um Klarheit zu haben.
Daneben fragt sich aber auch unabhängig davon, ob Sie sich wegen der Unbeachtlichkeit eines gutgläubigen Erwerbs (siehe oben) überhaupt absichern konnten.
Damit stünden nach meiner ersten Einschätzung die Chancen nicht allzu hoch, hier erfolgsversprechend vorzugehen.
Gerne können Sie sich aber auch in der nächsten Woche mit mir telefonisch in Verbindung setzen und mir die näheren Sachverhaltsumstände schildern, was eventuell zu einer Neubewertung führen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt