Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Informationen und des ausgelobten Einsatzes beantworten möchte. Bitte beachten Sie, dass sich durch das Hinzfügen oder Weglassen von Informationen die rechtliche Einschätzung erheblich verändern kann.
Frage A:
Nach § 16 Abs. 2 WEG
sind die Kosten für Instandsetzungen des Gemeinschaftseigentums von den Eigentümern nach dem Verhältnis des jeweiligen Eigentumsanteils zu tragen. Allerdings ist diese Regelung nicht zwingend, so dass in der Teilungserklärung abweichende Lasten- und Kostentragungen vereinbart werden können. Dies ist in Ihrem Falle geschehen, so dass die Regelungen in der Teilungserklärung vorrangig sind. Da danach die Kosten für die Instandsetzung des Wand- und Deckenputzes vom jeweiligen Eigentümer zu tragen sind, gehören dazu natürlich auch die Kosten für die vorbereitenden Maßnahmen wie das Abschlagen des alten Putzes sowie die Kosten für das Aufbringen der neuen Verputzung. Soweit das Freilegen der Balken diese Arbeiten (mit)erfordert und als Instandssetzungsmaßnahmen zu werten sind, sind daher die Kosten wohl von Ihnen zu tragen.
Frage B:
Einen Anspruch Ihrerseits, dass die Balken von der Außenmauer und von der Terrasse her freigelegt werden, sehe ich nicht. Die Instandsetzungsmaßnahmen müssen u. a. im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes durchgeführt werden. Es ist daher die Maßnahme zu wählen, die den besten Erfolg verspricht und die möglichst wenig Kosten für die Gemeinschaft verursacht. Sofern das Freilegen der Balken von der Außenwand oder Terrasse her also nicht der einfachste und günstigste Weg ist, der den besten oder mindestens den gleichen Erfolg verspricht, können Sie dieses Vorgehen sicherlich nicht verlangen, um der eigenen Kostentragung zu entkommen. Im Übrigen müssen die Handwerker feststellen, auf welche Weise die Balken am besten ausgetauscht werden können.
Frage C:
Als Wohnungseigentümer sind Sie gegenüber der Gemeinschaft zur Mitwirkung verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 14 Nr. 4 WEG
, wonach der Eigentümer verpflichtet ist, das Betreten des Sondereigentums zu gestatten, wenn dies für die Instandsetzung / Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlich ist. Insofern kann von Ihnen verlangt werden, dass Sie die Verwaltung bei den Besichtigungsterminen unterstützen, in dem Sie den Handwerkern Zutritt zu Ihrern Räumen gewähren und die Durchführung der notwendigen Maßnahmen dulden. Allerdings ist es im allgemeinen so, dass die Mitwirkungspflicht darauf zu beschränken ist, vereinbarte Termine einzuhalten. Eine darüber hinausgehende Pflicht, auch ohne vorherige Terminsabsprache und in Abwesenheit die Räume für die Besichtigung zur Verfügung zu halten gibt es grundsätzlich nur, wenn dies besonders vereinbart wurde (z. B. in der Teilungserklärung oder durch wirksamen Beschluss). Sie sollten daher abklären, ob es eine derartige Vereinbarung gibt, auf die sich die Hausverwaltung berufen kann. Andererseits kann es aber auch ohne eine besondere Vereinbarung sinnvoll sein, der Hausverwaltung diese Möglichkeit einzuräumen, wenn eine Terminsvereinbarung oder die gemeinsame Durchführung der Besichtigungstermine ansonsten sehr schwierig oder nahezu unmöglich wäre.
D.
Ob eine Haftung des Voreigentümers in Betracht kommt, hängt u. a. davon ab, ob der jetzige Instandsetzungsbedarf an den Balken ursächlich von dem damaligen Wasserschaden herrührt. Dies müsste im Zweifel gutachterlich geklärt werden. Nur wenn die jetzigen Schäden an den Balken von dem Wasserschaden stammen und dem Voreigentümer evtl. Mängel an den Balken bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt waren oder er zu diesem Zeitpunkt mit Folgeschäden rechnen musste, könnte eine Haftung in Betracht kommen. Er hätte Ihnen dann vielleicht einen mangelbehafteten Anbau verkauft und/oder einen bekannten Mangel verschwiegen. Problematisch ist aber, dass Sie das Eigentum bereits vor 6 Jahren erworben haben, so dass die Gewährleistungsrechte gegen den Voreigentümer aus dem Kaufvertrag u. U. bereits verjährt sein könnten. Andere Grundlagen für Schadensersatzansprüche wären ggf. gesondert zu prüfen, wozu aber u. a. die Kaufunterlagen und das Gutachten einzusehen wären. Insoweit kann ich nur anraten, sich mit dem Voreigenümer in Verbindung zu setzen und sich das Gutachten aushändigen zu lassen und die Angelegenheit anschließend von einem Kollegen oder einer Kollegin vor Ort näher prüfen zu lassen, wenn die Schadensursache feststeht. Daneben sollten dann auch eventuelle Ansprüche gegen den Eigentümer der Terrasse geprüft werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste Orientierung verschaffen und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Donnerstagnachmittag.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Jacobi,
vielen Dank für Ihre ausführlichen Antworten, wobei uns die Antwort auf Frage A doch überrascht hat, da wir hier im Forum viele Anwalts-Antworten auf ähnliche Fragen gefunden haben, die Aussagen, dass soweit durch die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentum Schäden am Sondereigentum entstehen (z.B. wenn Fliesenbelag für die Reparatur entfernt werden muss) müssen diese gemäß § 14 Nr. 4 WEG
durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ersetzt werden.
Warum sehen Sie das bei uns anders?
Hier einige entsprechende Links:
http://www.frag-einen-anwalt.de/forum_topic.asp?topic_id=27513&rechtcheck=2
http://www.frag-einen-anwalt.de/forum_topic.asp?topic_id=36902&rechtcheck=2
Weiter schreiben Sie, dass der Decken- und Wandputz zu unserem Sondereigentum gehört. Der Aufbau bei uns ist: Putz -10 cm Styropordämmung – Heraklittplatten – tragende Balken.
Bei welcher „Schicht“ endet das Sondereigentum?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Ratsuchender,
da haben Sie mich wohl leider bei der Beantwortung der Frage A leider missverstanden.
Ich habe mich bei der Beantwortung auf Ihre Sachverhaltsangaben bezogen, insbesondere auf die Teilungsvereinbarung. Danach sind u. a. Instandsetzungen von Wand- und Deckeninnenputz auf Kosten des Eigentümers durchzuführen, und zwar UNABHÄNGIG davon, ob diese nun Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum sind. Da der Wand- und Deckungsputz innerhalb des Anbaus unter diese Kostentragungs-Regelung fällt, sind Instandsetzungen von Ihnen zu zahlen. Ich habe damit nicht gesagt, dass der Innenputz zu Ihrem Sondereigentum gehört, da dies erst noch besonders zu prüfen wäre. Diese Prüfung würde aber eine Einsichtnahme in die komplette Teilungserklärung sowie ggf. eine umfangreiche Auslegung der Teilungsvereinbarung erfordern, die im Rahmen einer Erstberatung weder zu leisten ist noch erwartet werden kann. Durch die Kostentragungspflicht nach § 7 der Teilungsvereinbarung ändert sich nämlich grundsätzlich noch nichts an der Zuordnung zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum.
Sie müssen daher die Kosten für die Instandsetzung von Wand- und Innenputz tragen, unabhängig davon, ob es sich um Sonder- oder Gemeinschaftseigentum handelt. Wenn also die Arbeiten am Balken auch Arbeiten am Innenputz von Wand und Decke erforderlich machen und diese Putzarbeiten als reine Instandsetzungen zu bewerten sind - was ggf, noch näher zu prüfen wäre - müssen Sie nach der Teilungsvereinbarung die Kosten tragen. Gehen die Arbeiten am Putz über reine Instandsetzungen des Putzes hinaus, müssen Sie die Kosten nicht tragen.
§ 14 Nr. 4 WEG
regelt evtl. Schadensersatzansprüche. Diese Regelung ändert also zunächst nichts an der ursprünglichen Kostentragung nach der Teilungsvereinbarung. Sie müssten die Kosten also zunächst tragen und könnten diese u. U. dann erstattet verlangen. Da ein Schadensersatzanspruch nach § 14 Nr. 4 WEG
eine Beschädigung des Sondereigentums erfordert, müsste also der Wand- und Deckeninnenputz zwingend zu Ihrem Sondereigentum gehören. Um dies zu prüfen, müsste - wie oben schon dargelegt - die Teilungsvereinbarung eingesehen und ggf. ausgelegt werden. Wenn der Innenputz nach der Teilungsvereinbarung zu Ihrem Sondereigentum gehören sollte, bezieht sich dies nur auf den Putz, so dass alles, was danach kommt, als Geschossdecke zum zwingenden Gemeinschaftseigentum gehört. Der Schadensersatzanspruch könnte sich dann - wenn es sich um Sondereigentum handeln würde - nur auf den Ersatz des Innenputzes beziehen. Wenn der Innenputz dagegen zum Gemeinschaftseigentum gehört, scheidet ein direkter Anspruch aus § 4 Nr. 4 WEG
aus. Hier müsste dann ggf. gesondert geklärt werden, ob in der Teilungserklärung entsprechende Erstattungsregelungen enthalten sind oder ob ggf. auf andere Weise eine Kostenerstattung erlangt werden kann. Dies kann hier aber nicht im Rahmen der ERSTBERATUNG beantwortet werden.
Wie Sie sehen, steht meine Auffassung in keiner Weise im Widerspruch zu den Ausführungen der Kollegen. Kostentragungspflichten und mögliche Schadensersatzansprüche sind immer nach dem konkreten Einzelfall zu beurteilen. "Ähnliche" Fragen können daher durchaus zu anderen konkreten Ergebnissen führen.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage damit beantwortet zu haben. Für eine noch weitergehende Prüfung sollten Sie die Option der Direktfrage oder von beauftrag-einen-anwalt wählen, da dort auch Dokumente hochgeladen und eingesehen werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin