Frage zu §12 BBiG

17. Juni 2009 13:49 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


16:16

Guten Tag,

ich bin mir über die Auslegung von §12 Absatz 1 BBiG unsicher.

Dieser besagt, dass "eine Vereinbarung, die Auszubildende für die Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt, ist nichtig. Dies gilt nicht, wenn sich Auszubildende innerhalb der letzten sechs Monate des Berufsausbildungsverhältnisses dazu verpflichten, nach dessen Beendigung mit den Ausbildenden ein Arbeitsverhältnis einzugehen."

Was ist also, wenn der Auszubildende vor Abschluss der Ausbildung, aber noch innerhalb der 6 Monate nach Abschluss einer solchen Vereinbarung, kündigt, um die Ausbildung bei einem anderen Betrieb zu beenden?

Werden die besagten "6 Monate" dann auf die Zeitspanne "Vereinbarung -> Kündigung" oder "Vereinbarung -> Ausbildungsende" angerechnet?

Zur Information: Die Vereinbarung besagt, dass der Auszubildende sich im Gegenzug zu einer vom Arbeitgeber bezahlten 3-wöchigen Weiterbildung (um vom Arbeitgeber verursachte Mängel in der Ausbildung auszugleichen) unter anderem (!) dazu bereit erklärt, nach Abschluss der Ausbildung für 4 Wochen zum Auszubildendengehalt weiter zu arbeiten. Dies kommt ja nun nicht zu Stande.


Vielen Dank!

17. Juni 2009 | 15:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworten möchte:

Nach § 12 Absatz 1 BBiG sind insbesondere Wettbewerbsbeschränkungen oder Bleibeverpflichtungen unwirksam, also solche, die sich dem Grunde nach auf ein bei einem anderen Ausbilder zu begründendes Ausbildungsverhältnis beziehen.

Um eine derartige Klausel handelt sich vorliegend nicht, da diese Ihnen nur Nachteile bereiten kann, wenn Sie auch bei Ihrem Ausbilder als an neuen Arbeitgeber bleiben.

Dann würde sich nur noch die Frage stellen, ob ein absoluter Nichtigkeitsgrund nach § 12 Abs. 2 BBiG vorliegt:

Danach sind generell Vereinbarungen über die Verpflichtung Auszubildender, für die Berufsausbildung eine
Entschädigung zu zahlen, Vertragsstrafen, den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen oder die Festsetzung der Höhe eines Schadensersatzes in Pauschbeträgen nichtig, egal ob es nun um eine Weiterarbeit beim Ausbilder geht oder um die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber.

Da Sie sowieso bei einem anderen Ausbilder anfangen, stellt sich die Frage nach der Nichtigkeit der von Ihnen angegebenen Klausel nicht.

Auch findet keine Anrechnung der sechs Monate statt, sondern diese Frist gilt dann für ein neues Ausbildungsverhältnis ebenfalls, dann aber entsprechend verkürzt, dass heißt, dass dann beim neuen Ausbilder eben z. B. nur noch drei Monate vor Ausbildungsende eine derartige Vereinbarung mit dem Auszubildenden getroffen werden kann.

Die sechs Monate laufen dann also nicht bei einem Wechsel des Ausbilders von Beginn an, also von vorn.

Andernfalls hätte das Gesetz eine entsprechende Regelung vorgesehen, so dass man dem "Schweigen" des Gesetzes nur das Vorstehende entnehmen kann.

Abzustellen ist meines Erachtens auch auf den Begriff des Ausbildungsverhältnisses, das entweder bei dem einen oder eben anderen Ausbilder stattfinden kann.

Auch sind die Ausbildungszeiten genau festgelegt, weshalb eine eine Anrechnung und ein Neubeginn der Frist von sechs Monaten keinen Sinn ergeben würde; das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungszeit und kann maximal um ein Jahr verlängert werden (§ 21 BBiG).

Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen und Ihnen eine Einschätzungsmöglichkeit Ihres Falles gegeben zu haben.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 17. Juni 2009 | 16:01

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Gestatten Sie mir eine Verständnisfrage:

Die 4 Wochen Weiterarbeit, die in der Vereinbarung festgehalten wurden, gelten also nicht als das in §12 angesprochene "Arbeitsverhältnis" und somit wird die getroffene Vereinbarung also nicht tangiert.

Somit wäre die Vereinbarung gültig, und nach einer eingereichten Kündigung und den 4 Wochen Kündigungsfrist, müsste ich die 4 Wochen Mehrarbeit noch ableisten, bevor ich bei einem anderen Betrieb anfange?

Verzeihung für meine Unverständnis!

Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. Juni 2009 | 16:16

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne beantworten will:

Nach meinem Dafürhalten kommt die vorliegende Klausel nicht zur Anwendung, da Sie das Ausbildungsverhältnis bei einem anderen Ausbilder fortsetzen und ich, genau wie Sie, die Vereinbarung nur dahingehend auslege, dass die vier Wochen Mehrarbeit sich nur darauf beziehen, was die Zeit nach Abschluss der "gesamten" Ausbildung anbetrifft, Sie also dann regulär als Arbeitnehmer nach Beendigung der Ausbildung dort auch weiterarbeiten, eben aber mit dem Erhalt eines Auszubildenden und nicht eines Arbeitnehmers.

Würde stattdessen auch von der Vereinbarung die vier Wochen Kündigungsfrist einbezogen sein, so hätten Sie aber kein Nachteil, wenn Sie innerhalb eines Ausbildungsverhältnisses, dass Sie bei einem ganz bestimmten Ausbilder ableisten, noch vier Wochen ein Ausbildungsgehalt beziehen.

Gemeint ist also, dass Sie als regulärer "Arbeitnehmer "(und nicht mehr als Auszubildender) noch vier Wochen das Ausbildungsgehalt weiter beziehen müssten, im Hinblick auf die dreiwöchige Weiterbildung.

Ich hoffe, Ihre Rückfrage damit hinreichend zu Ihrer Zufriedenheit geklärt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt

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