Rechte / Pflichten Ergänzungspfleger

| 29. Juli 2025 13:26 |
Preis: 35,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


17:28

Zusammenfassung

Rechte und Pflichten einer Ergänzungspflegerin im Wirkungskreis „Vermögenssorge" hinsichtlich der Geltendmachung von Kindesunterhalt.

Sehr geehrter Anwalt,
mein Enkelsohn ist 11 Jahre alt und lebt genauso lange ausschließlich bei mir im Haushalt.
Anfangs durch eine Vereinbarung mit seiner Mutter, dem Jugendamt und mir. Ich bekam umfassende Vollmachten um gut für meinen Enkel zu sorgen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte seine Mutter das alleinige Sorgerecht inne.
Im Laufe der Jahre gab es viele Prozesse, wo schlussendlich das Jugendamt die Vormundschaft für meinen Enkel bekam. Sein Vater war seit 2020 nicht auffindbar
Anfang 2023 beantragte ich die Pflegschaft bei Gericht. Ende 2023 wurde ich vom Familiengericht zur Ergänzungspflegerin für meinen Enkel bestellt.
Meine Wirkungskreis umfasst das Aufenthalsbestimmungsrecht, Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Beantragung von öffentlichen Hilfen, Vertretung vor Ämtern und Behörden und das Recht zur Regelung von schulischen Angelegenheiten.
Nun ist es so, das ich den Vater meines Enkels ausfindig machen konnte.
Meine Fragen beziehen sich auf die Geltendmachung des Unterhaltsanspruches meines Enkels.
Seine Mutter kann nicht zahlen, da sie Bürgergeld bezieht.
Darf ich den Vater auffordern Unterhalt zu zahlen bzw seine Lohnbescheinigungen o.ä. beizubringen? Wenn nicht, wer dann ?
Bisher bekomme ich für meinen Enkel Hilfe zum Lebensuntethalt vom Sozialamt.
Ich selber bekomme EM Rente.
Im voraus vielen Dank.
Freundliche Grüße

29. Juli 2025 | 14:41

Antwort

von


(1)
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Sehr geehrte Fragestellerin,

als Ergänzungspflegerin Ihres Enkels umfasst Ihr Wirkungskreis in der Regel unter anderem:
• das Aufenthaltsbestimmungsrecht,
• die Gesundheitssorge,
• die Vermögenssorge
• sowie die Vertretung vor Ämtern und Behörden

Ergo sind Sie berechtigt und verpflichtet, im Namen Ihres Enkels Unterhaltsansprüche gegenüber dem unterhaltspflichtigen Vater geltend zu machen. Grundlage hierfür ist § 1909 BGB in Verbindung mit § 1629 BGB, wonach der Pfleger das Kind innerhalb des ihm zugewiesenen Wirkungskreises gesetzlich vertreten kann.

Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen fällt unter die Vermögenssorge im Sinne von § 1798 BGB: Danach haben Sie das Vermögen des Kindes im Interesse des Kindeswohls unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Grundsätze zu verwalten. Der Schutz und Erhalt des Mündelvermögens umfasst auch die Pflicht, bestehende Forderungen – insbesondere gesetzliche Unterhaltsansprüche nach §§ 1601 ff. BGB – durchzusetzen. Daher dürfen Sie den Vater zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 1605 BGB auffordern.

Kommt der Vater seiner Auskunftspflicht nicht nach oder verweigert die Unterhaltszahlung, sind Sie berechtigt, im Namen des Kindes einen Unterhaltstitel zu beantragen oder Klage zu erheben.

Darüber hinaus kann auch das Sozialamt tätig werden, sofern es Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII leistet. Gemäß § 94 SGB XII geht der Unterhaltsanspruch des Kindes in diesem Fall auf den Sozialhilfeträger über. Das Sozialamt kann dann seinerseits den Vater zur Zahlung heranziehen. Sie sind jedoch weiterhin verpflichtet, bei der Geltendmachung des Anspruchs mitzuwirken (§ 117 SGB XII). Sie sollten daher die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs mit dem Sozialamt abstimmen.

Die Ausübung Ihrer Befugnisse setzt voraus, dass Sie innerhalb des vom Familiengericht bestimmten Wirkungskreises handeln. Eine Zustimmung oder Mitwirkung der Eltern ist in diesem Bereich nicht erforderlich. Alle Handlungen, die sich auf die Unterhaltsdurchsetzung beziehen, sind in der Regel von Ihrer Ergänzungspflegschaft gedeckt. Bitte prüfen Sie aber an dieser Stelle noch einmal genau den Beschluss des Familiengerichts.

Ich empfehle folgende Schritte:
• Schriftliche Aufforderung an den Vater, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen der letzten zwölf Monate zu erteilen.
o Dazu zählen insbesondere Gehaltsabrechnungen, Steuerbescheide und Angaben zu weiteren Einnahmen.
o Setzen Sie ihm eine angemessene Frist zur Beantwortung, z. B. zwei Wochen, und weisen Sie auf seine gesetzliche Pflicht zur Auskunft nach § 1605 BGB hin.
• Falls er nicht reagiert, können Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, etwa durch Beantragung eines Unterhaltstitels oder durch Erhebung einer Klage beim Familiengericht.
• Parallel sollten Sie das zuständige Sozialamt darüber informieren, dass der Vater wieder auffindbar ist, und mitteilen, dass Sie Schritte zur Unterhaltsdurchsetzung einleiten.
• Auch das Jugendamt kann beratend oder unterstützend einbezogen werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage zufriedenstellend beantworten.

Beste Grüße
Rechtsanwalt Lutz


Rückfrage vom Fragesteller 29. Juli 2025 | 16:04

Sehr geehrter Rechtsanwalt Lutz,
vielen Dank für die ausführliche und verständliche Beantwortung meiner Fragen.
Um Missverständnissen vorzubeugen.
Die Durchsetzung des Unterhaltsanspruches ist in der Vermögenssorge geregelt? Ich meine das ich mal gelesen habe, das es 2 verschiedene Dinge sind.
Vielen Dank im voraus.
Freundliche Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. Juli 2025 | 17:28

Sehr geehrte Fragestellerin,

die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs ist Teil der Vermögenssorge im Sinne von § 1798 BGB. Die Vermögenssorge umfasst nach § 1798 Abs. 1 BGB die Pflicht, das Vermögen des Mündels wirtschaftlich und im Interesse des Kindeswohls zu verwalten. Dazu gehört es insbesondere auch, bestehende Forderungen geltend zu machen und durchzusetzen.

Konkret ergibt sich die Anwendung im Rahmen der Ergänzungspflegschaft über folgende Normenkette: §§ 1809, 1813 BGB in Verbindung mit §§ 1777 Abs. IV Satz 2, 1789 BGB iVm §§ 1798 ff. BGB iVm §§ 1601 ff., § 1626, § 1629 BGB.

Beste Grüße
Adrian Lutz

Bewertung des Fragestellers 29. Juli 2025 | 15:57

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