Gerne zu Ihrem Fall:
Nach Ihrer Schilderung betreuen Sie die Kinder im echten Wechselmodell. Grundsätzlich wird im Wechselmodell beiden Elternteilen eine gleichwertige Verantwortung zugeschrieben, was insbesondere Einfluss auf die Berechnung des Kindesunterhalts hat. Allerdings scheint hier eine Sondersituation vorzuliegen, da die Mutter nicht leistungsfähig ist und das Jobcenter als sogenannter „Drittgläubiger" (§ 33 SGB II) für den Unterhaltsvorschuss bzw. den Ausgleichsunterhalt eintritt.
Der Übergang ist (auch) ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Anspruch geht nur über, soweit das Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten Person das nach den §§ 11 bis 12 zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen übersteigt.
Nach ständiger Rechtsprechung darf der Unterhaltspflichtige bestimmte Beträge zur Altersvorsorge vom Einkommen abziehen.
Zwei Ebenen sind zu unterscheiden:
- Basisvorsorge (gesetzliche Rentenversicherung oder vergleichbare Absicherung): Bis zur Beitragsbemessungsgrenze werden 24 % des Bruttoeinkommens als angemessene Altersvorsorge anerkannt, allerdings regelmäßig pauschal im Umfang der tatsächlichen gesetzlichen Pflichtbeiträge.
- Zusätzliche private Altersvorsorge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze: Hier wird ebenfalls ein zusätzlicher Abzug von bis zu 24 % des den Höchstbeitrag übersteigenden Bruttoeinkommens anerkannt.
Diese Regelung dient dazu, eine gleichwertige Altersvorsorge für Besserverdienende zu ermöglichen, die aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze nicht den vollen Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten.
Das Jobcenter folgt nach meiner Ferndiagnose wohl nicht dem familienrechtlichen Unterhaltsrecht (das sich an den OLG-Leitlinien orientiert), sondern fiskalischen bzw. sozialrechtlichen Pauschalen.
Das Familienrecht hingegen unterscheidet, dass Unterhaltspflichtige auch über die steuerlich geförderten Aufwendungen hinaus Vorsorge betreiben dürfen, um ihre Lebensstandardlücke im Alter abzusichern.
Klären Sie das mit dem JC:
Schriftlich gegenüber dem Jobcenter darstellen:
- Ihre Altersvorsorgeaufwendungen konkret beziffern.
- Auf die familiengerichtliche Rspr. und OLG-Leitlinien Ihres Bundeslandes hinweisen.
- Nachweise über die tatsächlich geleisteten Vorsorgeaufwendungen beifügen (Verträge, Kontoauszüge).
Wenn das Jobcenter nicht zustimmt werden Sie gerichtliche Klärung erwägen müssen. Da Unterhalt im Wechselmodell mit Jobcenter-Beteiligung sehr komplex ist, wäre es in Ihrem Fall zudem sinnvoll, die Unterstützung eines spezialisierten Fachanwalts für Familienrecht hinzuzuziehen.
Denn eine individuelle Beratung kann durch eine Ferndiagnose ohne Aktenkenntnis nebst Ihren spezifischen Umstände nicht ersetzt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Ggf, nutzen Sie die Nachfrageoption.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Sehr geehrter Herr Burgmer,
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Leider enthalten die Unterhaltsrichtlinien in Sachsen diesen Sachverhalt (noch) keinen Hinweis zur Altersvorsorge im Detail. Es heißt nur: "Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene tatsächliche Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen). "
Worauf beziehe ich mich, wenn ich den Abzug von bis zu 24 % des den Höchstbeitrag übersteigenden Bruttoeinkommens anerkannt haben will? Welches Grundsatzurteil oder welche Quelle kann ich dazu heranziehen?
Mit freundlichen Grüßen
Frank
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Dem Unterhaltspflichtigen ist es regelmäßig zu gestatten, für eine zusätzliche Altersversorgung angemessene Beträge einzusetzen. (…) Bei Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind zusätzliche Vorsorgeaufwendungen von bis zu 24 % des die Bemessungsgrenze übersteigenden Einkommens angemessen."
Diese Entscheidung gilt als Leitentscheidung für die Anerkennung erhöhter Altersvorsorgeaufwendungen.
Das sind Leitlinien der Rspr. wie auch die sog. Tabellen der OLG (Braunschweig, DD oder Köln) stets Richtlinien sind; keine förmlichen Normen.
Bei Einkommen oberhalb der BBG (Beitragsbemessungsgrenze) wird für den darüber hinausgehenden Teil analog die Selbständigenquote (24 %) anerkannt, da dieser Teil nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung abgedeckt ist.
Ihnen das Beste wünscht,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt