Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Fragen möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Zunächst einmal folgendes zur Unterhaltsberechnung der unverheirateten Mutter:
Ihr Bedarf richtet sich nicht nach dem Einkommen des Partners, sondern nach Ihrem früheren Einkommen. Er beträgt mindestens 800 €. Soweit Sie Elterngeld erhalten, ist dieses bis auf einen Sockelbetrag von 300 €, der Ihnen anrechnungsfrei verbleibt, anzurechnen.
Der Halbteilungsgrundsatz unter Berücksichtigung des Erwerbsanreizes von 1/7 ist die Begrenzung nach oben. Wenn sich bei Ihnen ein höherer Bedarf errechnet, weil Sie früher so hohe Einkünfte hatten, erhalten Sie jedenfalls maximal 3/7 der Einkommensdifferenz.
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Sie bis zum dritten Geburtstag des jüngsten Kindes nicht arbeiten müssen, so dass ein vor diesem Zeitpunkt erzieltes Erwerbseinkommen überobligatorisch ist. Ob überobligatorische Einkünfte gar nicht oder nur teilweise zu berücksichtigen sind, richtet sich nach dem Einzelfall.
Zum Einkommen des Vaters:
Ihre Ermittlung des Nettoeinkommens von 1.759,87 € ist nachvollziehbar und aus meiner Sicht nicht zu beanstanden. Allerdings stellt sich mir die Frage, warum hier nicht die weiteren Gehaltsabrechnungen bis August oder September 2014 angefordert werden. Dann könnte mit genaueren Zahlen gerechnet werden.
Für die weitere Rechnung unterstelle ich den von Ihnen ermittelten Betrag. Zumindest berufsbedingte Aufwendungen und der Bausparvertrag, soweit er aus dem Nettoeinkommen bedient wird, sind abzugsfähig. Berufsbedingte Aufwendungen können pauschal mit 5 % oder konkrete berechnet werden. Bei 5 % verbleibt eine Einkommen von 1671,88 €, das ggf. um seinen Anteil zur Rate des Bausparvertrages zu bereinigen ist. Eine fiktive Altersvorsorge ist nicht abzuziehen.
Umgangskosten können, wenn Sie über den Kindergeldanteil von 92 € pro Monat hinausgehen, ggf. mindernd berücksichtigt werden. Wenn keine Hotelkosten anfallen, sind sie nicht zu berücksichtigen. Auch bei den Fahrtkosten ist zu überprüfen, was hier wirklich notwendig ist.
Bei einem Einkommen über 1500 € muss der Kindesunterhalt nach der 2. Einkommensgruppe gezahlt werden. Er verringert sich um eine Gruppe, falls auch für Sie eine Zahlung zu leisten ist. Das ergibt sich aus der Anmerkung 1 zur Düsseldorfer Tabelle.
Den Kinder gegenüber beträgt sein Selbstbehalt 1000 €, Ihnen gegenüber aber 1100 €.
Wer Ihr früherer Partner also für beide Kinder den Mindestsatz von 225 € bezahlt, bleibt maximal ein Betrag von 121,88 € für Sie, bevor er an seinem Selbstbehalt von 1100 € gelangt.
Der Vorteil, den er durch das kostenfreie Wohnen bei seinen Eltern hat, wird nicht berücksichtigt, weil es sich dabei um freiwillige Leistungen Dritter handelt. Im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsabwägung kann diese Ersparnis aber durchaus dazu führen, dass man ihm die Fahrtkosten für den Umgangskontakt zumutet, ohne dass er einen Abschlag hierfür beim Unterhalt vornehmen kann.
Ich empfehle Ihnen, einen ortsansässigen Anwalt, der sich auf Familienrecht spezialisiert hat, mit der Überprüfung und Durchsetzung des Unterhalts zu beauftragen. Hierfür können Sie u. U. Beratungshilfe ihn Anspruch nehmen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
-Fachanwältin für Familienrecht-
Diese Antwort ist vom 24.09.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Zunächst einmal vielen Dank für Ihre ausführliche und schnelle Antwort. Eine kurze Nachfrage habe ich noch:
Mein Ex-Partner ist Vater beider Kinder. Ich hatte im zweiten Elternzeitjahr kein Einkommen, sondern habe ALGII beziehen müssen. Meine Tätigkeit dann ist überobligatorisch; dass daraus resultierende Elterngeld hätte ich nicht, wenn ich nicht solch ein Glück gehabt hätte. Die Unterhaltsstelle des Jobcenters hat genau aus diesem Grund mein Einkommen weggelassen. Ich beziehe weiterhin aufstockend ALGII.
Berufsbedingte Aufwendungen hat er lediglich in Form von Fahrtkosten für die Wege zur Arbeitsstätte, die ihm sein Arbeitgeber ersetzt. Das aus steuerlichen Gründen. Warum darf er 5 % pauschal für berufsbedingte Aufwendungen abziehen, obwohl er keine Aufwendungen hat?
Die Unterhaltsstelle hat alle anderen Abrechnungen. Die Daten, die mir vorliegen, habe ich wegen des Kindesunterhalts für unser 2. Kindes von seiner Antwältin bekommen, die damit dokumentieren wollte, dass noch immer keine Leistungsfähigkeit bzgl. meines Unterhalts besteht. Ich bin nicht mehr aktiv legitimiert und kann nicht parallel zur Unterhaltsstelle Auskunft verlangen, weshalb ich nur diese Abrechnungen heranziehen konnte. Sein Verdienst ändert sich auch nur wegen der unterschiedlichen Auszahlung der Fahrtkosten. Hat er einen feien Tag oder Urlaub, zahlt der Arbeitgeber für diesen Tag keine Fahrtkosten, weil keine Fahrt anfällt.
Ich habe gehört, dass vermögenswirksame Leistungen nur in tatsächlich gezahlter Höhe, also die 40.- Euro mtl., vom Einkommen abzuziehen sind?
Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Die Auffassung, dass Ihr Elterngeld nicht anrechenbar ist, teile ich so nicht. Auch wenn es aus einer früheren überobligatorischen Tätigkeit herrührt, sind Sie im Moment nicht berufstätig. Der aktuelle Bezug, der ohne - jetzige überobligatorische - Erwerbstätigkeit erfolgt, ist aus meiner Sicht deshalb anrechenbar. Ich will aber nicht ausschließen, dass es hier verschiedene Auffassungen geben kann.
5 % sind die übliche Pauschale für Berufsaufwendungen, wenn beide Parteien sich damit zufrieden geben. In Ihrem Fall kann tatsächlich argumentiert werden, dass wohl keine Kosten anfallen. Dann müsste Ihr früherer Partner konkret nachweisen, ob und in welcher Höhe Aufwendungen anfallen.
Ich habe selber allerdings schon einen ähnlich gelagerten Fall entscheiden lassen, in dem trotz fehlender Fahrtkosten (dort ging es um einen vom Arbeitgeber voll finanzierten Heimarbeitsplatz) der Richter mit dem Hinweis: "irgend welche Kosten hat jeder" die Pauschale dennoch abgesetzt hat.
Mit dem Hinweis auf die vom Arbeitgeber übernommenen Fahrtkosten halte ich Ihren Ansatz allerdings für vertretbar.
Die Vermögenswirksamen Leistungen sind, wenn sie als zusätzliche Altersvorsorge geltend gemacht werden, in der Höhe abzuziehen, in der sie gezahlt werden.
Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen aus Wunstorf
Anja Holzapfel