Grundstücksbewertung für Erbschaftssteuer

| 23. Juni 2025 15:35 |
Preis: 40,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von


20:08

Wegen verschiedener Differenzen mit dem FA über die Bewertung geerbter Grundstücke (ein Hausgrundstück mit zugehörigem Garten, und fünf weitere reine Wiesengrundstücke, die bisher als landwirtschaftlich galten, jetzt aber vom Finanzamt deutlich höher bewertet werden.) muss ich wahrscheinlich Klage erheben.

Für den Erstkontakt (und Erprobung dieses Formats) biete ich zunächst nur einen niedrigen Betrag. Ich bin aber bereit, in der Folge für eine eingehende Beratung deutlich mehr zu bezahlen oder Ihnen sogar das Mandat zur Vertretung vor dem FG (Köln) zu erteilen.

Für die „Wiesengrundstücke" hat das FA zunächst einen absurd hohen Betrag angesetzt, von dem es trotz Einspruchs nicht herunter wollte. Ich beauftragte deshalb schließlich einen vereidigten Sachverständigen, der einen deutlich niedrigeren Verkehrswert ermittelte. Das Finanzamt verwehrte dem Gutachten mit dem Argument die Anerkennung, dass ein Gutachten sich auf die gesamte wirtschaftliche Einheit beziehen müsse. Es reduziere zwar seine eigene Bewertung, liegt aber nach wie vor deutlich höher als der Sachverständige,
insbesondere, weil es den vom SV festgestellten „Verkehrswert" willkürlich noch um einen erheblichen "Wertfaktor" erhöht. Der SV hält dieses Vorgehen für sachwidrig. Er hält die WiesenGrdst für Teile, die selbständig verkauft werden könnten.

Wie gehe ich nun am besten vor? Als juristischer Laie würde ich z.B. beantragen, zunächst festzustellen, dass die WGrst keine wirtschaftliche Einheit mit dem HausGrdst bilden
und dass das FA das Gutachten zu befolgen habe. Was empfehlen Sie?

Falls mir Ihre Antwort gefällt würde ich Ihnen gern weitere Fragen zu diesem Streit stellen. Bitte lassen Sie mich wissen, welche Vergütung (z.B pro Frage) Sie ggf. erwarten.

23. Juni 2025 | 16:25

Antwort

von


(107)
Graubündener Straße 53
28325 Bremen
Tel: 042133065183
Web: https://www.anwaltskanzlei-yildirim.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1.
Die Bewertung geerbter Grundstücke richtet sich nach dem Bewertungsgesetz (BewG). Entscheidend ist, ob und in welcher Weise mehrere Parzellen (Hausgrundstück mit Garten vs. Wiesengrundstücke) als eine wirtschaftliche Einheit gelten oder getrennt zu bewerten sind.

Nach § 2 und § 244 BewG bildet jede „wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens" ein Grundstück im Bewertungsrecht. Maßgeblich ist, ob die Flächen nach den Anschauungen des Verkehrs eine Einheit bilden oder als selbständig veräußerbare Teile anzusehen sind. Räumliche Trennung schließt beim Grundvermögen grds. die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit aus, wenn keine enge funktionale Verbindung vorliegt. Auch eine öffentliche Straße zwischen Flurstücken spricht gegen eine Einheit, während private Zugangswege tendenziell nicht entgegenstehen, wenn Nutzungszusammenhang erkennbar ist .

Unbebaute Wiesengrundstücke, die räumlich vom bebauten Hausgrundstück getrennt liegen und eigenständig veräußerbar sind, lassen sich gemäß gängiger Kommentierung regelmäßig als separate Wirtschaftseinheiten einstufen. Dies zu belegen, ist Kern Ihrer Argumentation gegenüber dem Finanzamt .

2.
In der Klagebegründung legen Sie dar, warum eine gesonderte Bewertung der Wiesengrundstücke den gesetzlichen Vorgaben entspricht: z. B. weil räumliche Trennung und fehlende funktionale Bindung zu einer selbständigen Veräußerbarkeit führen. Argumentieren Sie anhand der Kriterien der Kommentarliteratur zum BewG. Unten habe ich beispielhaft eine Übersicht an in Betracht kommenden Argumentationspunkte aufgeführt.

3.
Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht ist primär die Aufhebung des Einspruchsbescheids bzw. Feststellung, dass die vom Finanzamt angesetzte Bewertung rechtswidrig ist, Gegenstand der Anfechtungsklage. Sie können in der Klageschrift ergänzend argumentieren, dass die Abgrenzung der Wirtschaftseinheiten falsch vorgenommen wurde. Ein gesonderter Feststellungsantrag (Feststellungsklage) kommt eher in Betracht, wenn unklare Rechtsverhältnisse über künftige Steuerbescheide bestehen. In Ihrem Fall dient die negative Feststellung („keine wirtschaftliche Einheit") aber vor allem der Begründung, weshalb der Bescheid aufgehoben werden muss und ist nicht als Klageantrag anzuführen.


4.
Die Klage ist innerhalb eines Monats nach Einspruchsentscheidung beim örtlich zuständigen Finanzgericht einzureichen. Die Klageschrift sollte die wesentlichen Tatsachen und Beweismittel (Gutachten, Lagepläne, Flurkarten, Erläuterungen zu Nutzung/Zusammenhang) enthalten .

5.
Listen Sie in der Klageschrift bereits das eingeholte Gutachten als Beweismittel auf. Fordern Sie ggf. die Heranziehung eines weiteren oder gerichtlichen Gutachters.

6.
Als Argumentationsschwerpunkte könnten angeführt werden:

Räumliche Trennung und selbständige Veräußerbarkeit: Heben Sie hervor, dass die Wiesengrundstücke räumlich getrennt und ohne funktionale Bindung zum Hausgrundstück sind, so dass nach Verkehrsauffassung eigenständige Einheiten vorliegen.

Nutzungskontext: Falls die Wiesen bisher landwirtschaftlich verpachtet oder ungenutzt waren und kein wirtschaftlicher Betrieb des Hausgrundstücks erfolgt, verstärkt dies die Argumentation für Trennung.

Marktpreise: Zeigen Sie auf, dass in der Praxis vergleichbare Wiesengrundstücke einzeln veräußert werden; dies untermauert die selbständige Veräußerbarkeit. Das Gutachten sollte solche Marktdaten enthalten.

Kritik am „Wertfaktor": Falls das Finanzamt einen willkürlichen Multiplikator („Wertfaktor") ansetzt, hinterfragen Sie dessen Rechtsgrundlage. Solche Zuschläge müssen nachvollziehbar sein und dürften nicht ohne Bewertungskriterien erhoben werden.

7.
Weitergehende Anfragen nehme ich gerne per Email entgegen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Ümit Yildirim, LL.M.


Rückfrage vom Fragesteller 23. Juni 2025 | 18:20

Sehr geehrter Herr Yildirim,

für Ihre rasche Antwort bedanke ich mich. Sie war klar und verständlich. Aber die „räumliche Trennung" ist gleitend: Das erste WGrdst liegt neben dem Garten des Hausgrundstückes. Die anderen schließen sich an. Allerdings dienen sie nicht zur Erweiterung der Gartenfläche, sondern wurden vom Rechtsvorgänger ursprünglich erworben, weil er darauf spekuliert hat, dass die Wiesen erschlossen würden, und er sie dann mit Gewinn veräußern könne. Sie werden praktisch nicht genutzt. Ein Handel findet normalerweise nicht statt. Ich habe einem anderen Wiesenbesitzer jetzt den qm-Preis geboten, den mein SV geschätzt hat. Da hat er den Preis sofort akzeptiert. Aber wird so etwas als Beweis anerkannt?

Die Anwedung des „Wertfaktors", der etwa dem Sachwertfaktor des Gutacherausschusses entspricht, habe ich natürlich angefochten. Aber das FA beharrt mit der Behauptung, es bestehe eine witrschEinh., darauf, dass es ihn auch auf die Wgrdst anwenden dürfe. Deshalb liegt mir so sehr an einer negativen Feststellung. Muss ich damit rechnen, dass ein solcher Antrag als unzulässig zurückgewiesen würde?

Darf ich Ihnen die Weiteren Probleme auch noch vorlegen, und würden Sie sie ebenfalls für je 40€ beantworten?

Mit freundlichem Gruß

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Juni 2025 | 20:08

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Nachfrage möchte ich gerne wie folgt beantworten:

1.
Die Abgrenzung, ob mehrere Teilflächen (hier: Hausgrundstück mit Garten und angrenzende Wiesen) eine einheitliche wirtschaftliche Einheit bilden oder getrennt zu bewerten sind, erfolgt nach den Anschauungen des Verkehrs, siehe auch meine ursprüngliche Antwort. Bei unbebauten Flächen hat die räumliche Entfernung eine größere Bedeutung als bei Betriebsgrundstücken; dennoch ist nicht jede angrenzende Fläche automatisch Teil einer Einheit. Entscheidend sind u. a.

-Räumliche Nähe vs. funktionaler Zusammenhang: Zwar liegt das erste Wiesenstück direkt neben dem Garten, andere angrenzend; das spricht aber nicht zwingend für eine Einheit, wenn keine Nutzungserweiterung (z. B. als Garten) oder funktionale Verknüpfung (z. B. landwirtschaftlicher Betrieb des Hauses) vorliegt. Räumlich angrenzend, aber ohne Nutzungszusammenhang, kann für Trennung sprechen .

-Selbständige Veräußerungsabsicht und Nutzung: Die ursprüngliche Spekulationsabsicht und faktische Nichtnutzung der Wiesen stützt die Annahme, dass Marktteilnehmer die Teilflächen als einzelnes Investitionsobjekt nicht zwangsläufig in Verbindung mit dem Haus sehen, sondern isoliert betrachten. Insbesondere wenn im Marktvergleich einzelne Wiesen veräußert werden, spricht dies für eigenständige Wirtschaftseinheiten .

-Praxis und Kommentare: Kommentarliteratur führt aus, dass bei unbebauten Flächen neben räumlicher Nähe besonders auf fehlenden funktionalen Zusammenhang und die übliche Verkehrsanschauung abzustellen ist. Auch wenn Flurstücke benachbart sind, können sie selbständige Einheiten bilden, wenn sie nicht dienstbar genutzt werden oder keine Nutzungseinheit mit dem bebauten Grundstück bilden .



2.
Im Sachwertverfahren wird neben Grund- und Bauwerten ein Sachwertfaktor herangezogen, oft durch Gutachterausschüsse ermittelt. Gegen unplausible oder „willkürliche" Anwendung lassen sich Argumente vorbringen:

Das FA muss die Anwendung eines höheren Faktors nachvollziehbar begründen (z. B. regionaler Marktzuschnitt, Nachfrageparamater). Fehlt eine nachvollziehbare Marktanalyse oder stützt sich das FA nur pauschal auf einen Satz ohne örtlichen Bezug, ist dies Angriffsfläche. Der SV sollte im Gutachten darlegen, welcher Sachwertfaktor marktüblich ist und warum der von ihm genutzte Faktor angemessen ist. Weicht das FA ab, muss es dies mit konkreten Vergleichsdaten oder Markterhebungen untermauern .

Wenn das FA meint, es liege eine wirtschaftliche Einheit vor, wendet es den Faktor auf die Gesamtsumme an. Wenn dagegen separate Einheiten anzusetzen sind, muss jeweils ein eigener Sachwertfaktor belegbar sein. Das Gutachten kann unterschiedliche Faktoransätze für die einzelnen Teilflächen enthalten und begründen.


3.
Ein isolierter Antrag auf negative Feststellung, dass keine Einheit bestehe, ist in der Regel nicht als eigenständige Feststellungsklage zulässig, wenn bereits ein konkretes Bewertungsverfahren und Erbschaftsteuerbescheid vorhanden ist:

Es muss ein berechtigtes steuerliches Interesse an der baldigen Feststellung bestehen. Eine Feststellung bloßer Elemente eines Rechtsverhältnisses ohne unmittelbar vollstreckbaren Effekt ist oft unzulässig. Da Sie bereits gegen den Bescheid Einspruch geführt und eine Anfechtungsklage planen, ist der richtige Weg, die Einheitfrage im Rahmen der Anfechtung des Bewertungsbescheids umfassend zu behandeln, statt isoliert negativ feststellen zu lassen.

Zwar ersetzt diese Erstberatung keine eingehende und auf den konkreten Fall abgestimmte Rechtsberatung - diese würde die Prüfung weitergehende Unterlagen erforderlich machen - jedoch dürften die Ausführungen für die erste grobe Einordnung ausreichend sein.

Für weitergehende Rechtsberatung stehe ich Ihnen außerhalb der Plattform per Email zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Ümit Yildirim, LL.M.

Bewertung des Fragestellers 23. Juni 2025 | 18:23

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Herr Yildirim ist klar und sachlich auf mein Anliegen eingegangen. Ich bedanke mich dafür

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