erbrecht Erbvertrag/Testament

| 23. Juni 2025 11:13 |
Preis: 50,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Im Erbvertrag der Eheleute wurde 2001 festgelegt, dass sich beide als Alleinerben einsetzen.
Zudem sind Nacherben festgelegt:
Vom Ehemann der Sohn ( verheiratet, keine Kinder)
von der Ehefrau ( kinderlos) der Bruder ( Nacherben 1 Nichte/1 Neffe).
Im Erbvertrag werden Geldbeträge von 20.000DM ( Ehemann) und Ehefrau 40.000 DM genannt. Die Immobilie, welche der Ehefrau gehört, ist unerwähnt, ebenso Auto und weitere Konten der Ehefrau.
Der Mann verstirbt 2024.
2025 hinterlegt die Witwe ein Testament und setzt eine langjährige Bekannte als Alleinerbin ein, zu der sie ein mütterliches Verhältnis hat.
Frage: Wird im Erbfall das Testament gegenüber dem Erbvertrag berücksichtigt, oder muss die vertraute Bekannte zuvor adoptiert werden?

23. Juni 2025 | 17:04

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

aufgrund der übermittelten Information beantworte ich Ihre Frage wie folgt.

Für die Beurteilung, ob das Testament der Witwe aus 2025 gegenüber dem Erbvertrag aus 2001 wirksam ist, sind die Bindungswirkung des Erbvertrags und die Testierfreiheit der Witwe nach dem Tod ihres Ehemannes maßgeblich.

Ein Erbvertrag entfaltet grundsätzlich eine Bindungswirkung (§ 2278 BGB). Das bedeutet, dass die im Erbvertrag getroffenen Verfügungen – insbesondere die Einsetzung von Erben und Nacherben – nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten für den überlebenden Ehegatten bindend sind, soweit keine abweichende Regelung im Erbvertrag selbst getroffen wurde. Eine spätere Verfügung von Todes wegen (z.B. ein Testament) ist insoweit unwirksam, als sie mit den bindenden Verfügungen des Erbvertrags in Widerspruch steht.

Im vorliegenden Fall haben die Eheleute sich im Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und Nacherben bestimmt: Für den Ehemann dessen Sohn, für die Ehefrau deren Bruder, mit weiteren Nacherben (Nichte/Neffe). Es wurden zudem Geldbeträge genannt, die vermutlich Vermächtnisse darstellen. Die Immobilie und weitere Vermögenswerte der Ehefrau sind im Erbvertrag nicht ausdrücklich erwähnt.

Entscheidend ist, ob der Erbvertrag hinsichtlich des gesamten Nachlasses der Ehefrau bindend ist oder ob die Ehefrau über bestimmte Vermögensgegenstände (z.B. die Immobilie) noch frei verfügen kann. Enthält der Erbvertrag keine ausdrückliche Regelung, dass die Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes über ihr Vermögen frei verfügen kann (sog. Einräumung einer freien Verfügungsmacht), ist sie grundsätzlich an die im Erbvertrag getroffenen Verfügungen gebunden. Eine spätere testamentarische Einsetzung einer anderen Person als Alleinerbin (hier: die Bekannte) wäre dann insoweit unwirksam, als sie die Bindungswirkung des Erbvertrags durchbricht.

Eine Adoption der Bekannten ist für die Wirksamkeit des Testaments nicht erforderlich. Die Adoption hätte lediglich erbrechtliche Auswirkungen auf die gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsrechte, ändert aber nichts an der Bindungswirkung des Erbvertrags. Die Bekannte kann nur dann wirksam Alleinerbin werden, wenn die Ehefrau nach dem Erbvertrag noch frei testieren darf. Ist die Testierfreiheit durch den Erbvertrag eingeschränkt, bleibt das Testament insoweit unwirksam.

Zusammenfassend:

Ist der Erbvertrag bindend und enthält keine Öffnungsklausel zugunsten der Witwe, ist das Testament aus 2025 insoweit unwirksam, als es mit den bindenden Verfügungen des Erbvertrags kollidiert.

Die Adoption der Bekannten ist nicht erforderlich, um sie testamentarisch zu bedenken, ändert aber nichts an der Bindungswirkung des Erbvertrags.

Nur wenn der Erbvertrag ausdrücklich eine freie Verfügungsmacht der Witwe nach dem Tod des Ehemannes vorsieht, kann das Testament wirksam sein.

Für eine abschließende Beurteilung ist der genaue Wortlaut des Erbvertrags entscheidend. Sollte dort eine freie Verfügungsmacht eingeräumt sein, kann die Bekannte wirksam als Alleinerbin eingesetzt werden. Andernfalls bleibt es bei der Bindungswirkung des Erbvertrags.


Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, bei eventuellen Nachfragen können Sie gerne die kostenlose Nachfrageoption benutzen.

Berücksichtigen Sie bitte, dass auch kleine Sachverhaltsänderungen zu einer gänzlich anderen rechtlichen Bewertung führen können.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Braun
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 24. Juni 2025 | 00:49

Sie schreiben: … Die Adoption hätte lediglich erbrechtliche Auswirkungen auf die gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsrechte, ändert aber nichts an der Bindungswirkung des Erbvertrags.

Wenn es der Wunsch der Witwe ist, die Bekannte zu beerben, welche Möglichkeiten bieten sich ihr dann?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Juni 2025 | 07:06

Sehr geehrter Fragesteller,

es hängt davon ab, ob der Erbvertrag ermöglicht, dass der überlebende Ehegatte andere Verfügungen treffen kann, dazu müsste ich den Erbvertrag prüfen, Sie können mir den Erbvertrag gerne zusenden.

Wenn der Erbvertrag keine diesbezüglichen Regelungen trifft, kann die Witwe lediglich lebzeitige Schenkungen an die Bekannte durchführen, vom Erbvertrag kann Sie nicht abweichen.

Die Witwe könnte die Bekannte adoptieren (Erwachsenenadoption, § 1767 BGB), zwar würde die Bekannte nichts direkt erben, allerdings hätte die Bekannte aufgrund der faktischen Enterbung (da Sie durch den Erbvertrag nichts erbt), einen Pflichtteilsanspruch.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Braun
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 26. Juni 2025 | 11:22

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