Sehr geehrter Fragesteller,
Ihr Fall betrifft einen klassischen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eines Gesellschafters innerhalb einer GbR. Nach Ihrer Schilderung spricht vieles dafür, dass Gesellschafter M. gegen diese Pflicht verstoßen hat, indem er eine Geschäftschance der GbR an die eigene UG „abgezogen" hat.
Gesellschafter einer GbR sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH (§§ 705 ff. BGB) verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und alles zu unterlassen, was der Gesellschaft schaden kann. Dazu gehört keine Konkurrenzgeschäfte auf eigene oder fremde Rechnung im Tätigkeitsbereich der GbR ohne Zustimmung der Mitgesellschafter, keine Nutzung von Geschäftsgelegenheiten, die der Gesellschaft zustehen könnten, für eigene Zwecke und vollständige Information über relevante Umstände, die die Gesellschaft betreffen.
M. hat zwar die Beteiligung an der UG offengelegt und versichert, dort keine Konkurrenz zu betreiben. Sobald er aber tatsächlich einen Bestandskunden der GbR abwirbt oder eine konkrete Geschäftschance nutzt, die der GbR objektiv zugestanden hätte, verstößt er gegen die Treuepflicht – unabhängig von seiner ursprünglichen Ankündigung.
Die Geschäftschancenlehre (auch „Corporate Opportunity Doctrine") wurde durch die Rechtsprechung auch für Personengesellschaften entwickelt. Danach darf ein Gesellschafter eine konkrete Geschäftschance nicht für sich nutzen, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zur bisherigen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft besteht, die Gesellschaft objektiv in der Lage gewesen wäre, diesen Auftrag selbst durchzuführen, und kein Verzicht oder Zustimmung der Mitgesellschafter vorliegt.
Diese Voraussetzungen liegen hier nach Ihrer Schilderung klar vor. Der Kunde war ein Bestandskunde der GbR, der Umzug betrifft dasselbe geografische Gebiet und die GbR hätte den Auftrag problemlos übernehmen können. Weiter lag keine ausdrückliche Zustimmung vor, dass M. Aufträge der GbR an seine UG weiterleiten darf.
Nach den Grundsätzen unerlaubter Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 681, 667 BGB i.V.m. § 687 Abs. 2 BGB) hat M. alle Vorteile aus dem Geschäft (z. B. Umsatz, Gewinn oder Provision), die ihm durch die Pflichtverletzung zugeflossen sind, an die GbR herauszugeben.
Alternativ oder kumulativ kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB in Betracht. Der Schaden besteht darin, dass die GbR den Umzugsauftrag nicht erhalten hat, obwohl sie darauf einen Anspruch im Sinne einer gesellschaftlichen Geschäftschance hatte. Der Schaden lässt sich berechnen aus dem entgangener oder einem pauschalierten Umsatzverlust, wenn keine genauen Zahlen vorliegen, zumindest aber eine Grundlage vergleichbarer Aufträge.
Ich hoffe, meine Ausführungen haben Ihnen weitergeholfen. Für das weitere Vorgehen wünsche ich viel Erfolg und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Mauritz, LL.M.
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