Nebenkostenabrechnung: Welcher Ort zur Belegeinsicht?

17. Juni 2025 21:49 |
Preis: 55,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Guten Tag,

mein Vermieter hat mir eine Nebenkostenabrechnung geschickt, bei der einige Positionen stark gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind. Aufgrund von Unstimmigkeiten, unberechtigten Abmahnungen etc. bin ich bereits in eine andere Wohnung umgezogen, da ein normaler Umgang seitens des Vermieters nicht mehr möglich war. Danach kam eine völlig überzogene Mieterhöhung, die nach dem qualifizierten Mietspiegel in der Höhe nicht möglich war. Nach der Ablehnung der Mieterhöhung kam direkt auch die Kündigung vom Vermieter.

Ich habe den Vermieter um eine Belegeinsicht gebeten, um die auffälligen Positionen überprüfen zu können. Aufgrund der Distanz zum Wohnort des Vermieters vom ehemaligen Mietobjekt oder jetzigen Wohnort von mir (ca. 80 km). Sowie die untragbare Kommunikation seitens des Vermieters. Habe ich darum gebeten, mir die Belege digital zur Einsicht gegen Übernahme der Kosten bereitzustellen.
Dieses lehnt der Vermieter ab.
Auch die Belegeinsicht im ehemaligen Mietobjekt lehnt der Vermieter ab.
Darauf hin teilte ich dem Vermieter mit, dass ich von meinem Zurückbehaltungsrecht bei Verweigerung Gebrauch mache.
Alle Fristen, die ich ihm gesetzt habe, hat er verstreichen lassen. Sowie nie einen Gegenvorschlag für einen Termin im Mietobjekt mir unterbreitet. Obwohl ich ihn darum mehrmals gebeten hatte.

Nach mehreren Monaten hat er sich jetzt gemeldet und mir den Vorschlag unterbreitet, dass wir uns auf halber Strecke, also immer noch 40 km treffen könnten für die Belegeinsicht.

Dies würde ich gerne ablehnen, weil ich das nicht für zumutbar halte, diese Distanz zurückzulegen, um an einem unbekannten Ort eine Belegeinsicht durchzuführen.
Wäre dies möglich und meine Forderung der digitalen Einsicht oder Einsicht am ehemaligen Mietobjekt durchzuführen aufrechtzuerhalten?

17. Juni 2025 | 23:39

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

grundsätzlich hat der ehemalige Mieter keinen Anspruch auf Übersendung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Nebenkostenabrechnung (BGH, Urteil vom 08.03.2006 - VIII ZR 78/05), sondern nur ein Einsichtsrecht der Belege in den Räumlichkeiten des Vermieter.

Führt jedoch der Verweis des Vermieters auf eine Einsichtnahme in die Belege zur Betriebskostenabrechnung im Ergebnis des jeweiligen Einzelfalls zu einer faktischen Vereitelung des Einsichtsrechts des vom Aufbewahrungsort der Belege wohnenden früheren Mieters, hat ihm der Vermieter unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben Belegkopien gegen Kostenerstattung zu übersenden (BGH, Beschluss vom 13.04.2010 - VIII ZR 80/09).


Wann dem Mieter die Belegeinsicht in den Räumlichkeiten des Vermieters nicht mehr zugemutet werden kann, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich gesehen.

In dem Sachverhalt, den der BGH mit Beschluss vom 13.04.2010 entschieden hat, ist der Mieter nach Portugal verzogen. In einem anderen Fall ist der ehemalige Mieter über 400 km verzogen (LG Freiburg, Urteil vom 24.03.2011 − 3 S 348/10 - . Aber auch bei einer Entfernung von lediglich 16 km von der ehemaligen Wohnung hat das AG Dortmund (Urteil vom 03.02.2015 - 423 C 8722/14) bereits eine Unzumutbarkeit festgestellt, dagegen das AG Halle (Urteil vom 20.02.2014 – 93 C 2240/13) eine Zumutbarkeit bei einer Entfernung von bis zu 30 km Luftlinie sieht. Das AG Höxter hat mit Urteil vom 13.10.2021 - 10 C 154/21- entschieden, dass die Belegeinsicht i für den Mieter unzumutbar ist, wenn sie an einem Ort stattfinden soll, der 65 km von seinem Wohnort entfernt ist.

Eine pauschale Betrachtung allein mit der Begründung einer Entfernung verbietet sich allerdings, da es stets um den konkreten Zeit- und Kostenaufwand des Mieters im Einzelfall geht, wobei auch Umstände eine Rolle spielen können, wie, dass der Einsichtsort nur mit eigenem Fahrzeug gut erreichbar ist und der Mieter keines besitzt oder in seiner Mobilität eingeschränkt ist.

Insgesamt gesehen kommt es auf den jeweiligen Richter an, der den Fall abzuurteilen hat. Ich halte jedenfalls eine Belegeinsicht bei Ihrem Vermieter aufgrund der Entfernung für nicht zumutbar, würde mich aber an Ihrer Stelle auf das Angebot Ihres Vermieters, sich auf halber Strecke zu treffen, einlassen, da die Rechtsprechung eben nicht einheitlich ist und sehr unterschiedlich geurteilt wird.


Mit freundlichem Gruß
Rechtsanwalt
Peter Dratwa



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