Zweckbefristung

12. Juni 2025 14:20 |
Preis: 55,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


15:51

Ich habe einen befristeten Arbeitsvertrag als Elternzeitvertretung, der zum einen eine Zeitbefristung (bis zum 31.08.2025) und zum anderen eine Zweckbefristung (vorzeitige Wiederkehr meiner Kollegin aus der Elternzeit) enthält. Ich bin selber innerhalb der Beschäftigungszeit schwanger geworden und innerhalb des Mutterschutzes ist mir das Schreiben meines Arbeitgebers zugegangen, dass mein Arbeitsverhältnis zum 31.05.2025 endet, weil die Kollegin eher aus der Elternzeit wiedergekommen ist.
Zeitgleich hat mein Arbeitgeber meine Stelle neu ausgeschrieben, also dass zum nächstmöglichen Zeitpunkt und unbefristet ein neuer Arbeitnehmer gesucht wird. Die Stelle entspricht zu 100% meiner Stelle.
Es kommt mir widersprüchlich vor zu sagen, dass durch die Wiederkehr meiner Kollegin ich nicht mehr gebraucht werde bzw. der Zweck der Befristung eingetreten ist, aber gleichzeitig die gleiche Stelle neu ausgeschrieben wird. Folglich wird meine Stelle ja noch gebraucht.
Kann man unter diesem Aspekt argumentieren, dass der Vertrag erst mit der Zeitbefristung am 31.08.2025 endet ?
Wie stehen die Chancen die Zweckbefristung erfolgreich anzugreifen, sodass mein Arbeitsverhältnis erst am 31.08 endet?
Welche Frist habe ich zu beachten, wenn ich gerichtlich dagegen vorgehen will?

12. Juni 2025 | 14:55

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,


In Ihrem Fall liegt eine interessante Konstellation vor, da Ihr Arbeitsvertrag sowohl eine Zeitbefristung bis zum 31.08.2025 als auch eine Zweckbefristung für die Elternzeitvertretung Ihrer Kollegin enthält. Die Zweckbefristung endet grundsätzlich mit der vorzeitigen Rückkehr Ihrer Kollegin aus der Elternzeit, was Ihr Arbeitgeber als Grund für die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2025 angegeben hat.



Allerdings haben Sie einen wichtigen Punkt angesprochen: Die Tatsache, dass Ihre Stelle unbefristet neu ausgeschrieben wird, könnte darauf hindeuten, dass der Zweck der Befristung – nämlich die Vertretung während der Elternzeit – nicht mehr gegeben ist, da die Stelle weiterhin benötigt wird. Dies könnte ein Argument dafür sein, dass die Zweckbefristung nicht mehr gerechtfertigt ist und Ihr Arbeitsverhältnis bis zum Ende der Zeitbefristung am 31.08.2025 fortbestehen sollte.



Um die Zweckbefristung erfolgreich anzugreifen, könnten Sie argumentieren, dass die tatsächlichen Umstände (nämlich die Neuausschreibung der Stelle) darauf hindeuten, dass der Zweck der Befristung nicht erfüllt ist. Dies könnte als missbräuchliche Kettenbefristung angesehen werden, insbesondere wenn die Stelle weiterhin benötigt wird und die Befristung nur vorgeschoben ist.



Bezüglich der Frist für ein gerichtliches Vorgehen: Sie müssen beachten, dass die Klagefrist für die Entfristungsklage drei Wochen nach dem Zugang der Beendigungserklärung beträgt. In Ihrem Fall wäre dies drei Wochen nach dem Zugang des Schreibens, das Ihnen während des Mutterschutzes zugegangen ist. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, um Ihre Rechte zu wahren.



Zusammenfassend könnten Sie gute Chancen haben, die Zweckbefristung anzugreifen, insbesondere wenn Sie nachweisen können, dass die Stelle weiterhin benötigt wird und die Neuausschreibung dies bestätigt. Es wäre ratsam, alle relevanten Unterlagen und Beweise zu sammeln, um Ihre Argumentation zu stützen.




Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 12. Juni 2025 | 15:42

Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Wieso könnte hier ein Fall der missbräuchlichen Kettenbefristung vorliegen ? Soweit ich weiß liegt diese doch bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen vor. Ich habe ja nur einen befristeten Vertrag der eine Zweck- und eine Zeitbefristung enthält. Die neue ausgeschriebene Stelle ist als unbefristete Stelle ausgeschrieben. Wie könnte ich hier argumentieren?

Entsprechend Ihrer Antwort würde die Frist zur Einreichung der Klage morgen enden. Könnte ich fristwahrend erstmal nur Klage erheben und die Begründung nachreichen ?

Sollte der Arbeitgeber der Meinung sein, dass mir das Kündigungsschreiben eher zugegangen sei und somit die Klagefrist schon verstrichen wäre, wäre dieser in der Beweispflicht oder ?

Vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. Juni 2025 | 15:51

In Ihrem Fall könnte der Vorwurf der missbräuchlichen Kettenbefristung tatsächlich nicht direkt zutreffen, da Sie nur einen befristeten Vertrag haben. Der Begriff der Kettenbefristung bezieht sich in der Regel auf mehrere aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge. Allerdings könnte man argumentieren, dass die Neuausschreibung der Stelle als unbefristete Position darauf hindeutet, dass der Zweck der Befristung – die Vertretung während der Elternzeit – nicht mehr gegeben ist, da die Stelle weiterhin benötigt wird. Dies könnte als Indiz dafür gewertet werden, dass die Befristung nicht mehr gerechtfertigt ist.



Bezüglich der Klagefrist: Gemäß § 17 TzBfG müssen Sie die Klage auf Unwirksamkeit der Befristung innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses erheben. Es ist möglich, die Klage fristwahrend einzureichen und die Begründung nachzureichen. Wichtig ist, dass die Klage innerhalb der Frist beim Arbeitsgericht eingeht.



Sollte es zu einem Streit über den Zugang des Kündigungsschreibens kommen, liegt die Beweislast beim Arbeitgeber. Er muss nachweisen, dass Ihnen das Schreiben zu einem bestimmten Zeitpunkt zugegangen ist. Dies ist insbesondere relevant, wenn der Arbeitgeber behauptet, dass die Klagefrist bereits verstrichen sei.



Es wäre ratsam, die Klage fristgerecht einzureichen, um Ihre Rechte zu wahren, und gegebenenfalls die Begründung nachzureichen, sobald Sie alle notwendigen Informationen und Unterlagen zusammengetragen haben

Bitte beachten Sie, dass diese Ausführungen lediglich einer ersten rechtlichen Orientierung dienen. Eine individuelle anwaltliche Beratung ist zu empfehlen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt

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