Sehr geehrter Ratsuchender,
lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten.
§ 7b Abs. 1 HwO bestimmt:
"Eine Ausübungsberechtigung für zulassungspflichtige Handwerke [...] erhält, wer
1. eine Gesellenprüfung in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk [...] bestanden hat und
2. in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk [...] oder in einem dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk entsprechenden Beruf eine Tätigkeit von insgesamt sechs Jahren ausgeübt hat, davon insgesamt vier Jahre in leitender Stellung. Eine leitende Stellung ist dann anzunehmen, wenn dem Gesellen eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse in einem Betrieb oder in einem wesentlichen Betriebsteil übertragen worden sind. Der Nachweis hierüber kann durch Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen oder in anderer Weise erbracht werden. [...]
3. Die ausgeübte Tätigkeit muss zumindest eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks umfasst haben, für das die Ausübungsberechtigung beantragt wurde."
§ 7b Abs. 1 Nr. 2 S. 2 HwO regelt ausdrücklich, wann eine leitende Stellung anzunehmen ist.
Vier Jahre angestellt mit eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnisses würde genügen, soweit darüber ein Arbeitszeugnis ausgestellt wurde. Dann kann auch die Handwerkskammer nicht hineinreden.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Urteil vom 13.05.2015, Az.: 8 C 12.14 in den Leitsätzen:
"1. Zeiträume der handwerksrechtlich unzulässigen selbständigen Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle können nicht für die Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO angerechnet werden.
2. Eine legale selbständige Handwerksausübung im Ein-Mann-Betrieb ist als Berufserfahrung in leitender Stellung für die Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO zu berücksichtigen."
Eine weitere Möglichkeit vier Jahre leitende Stellung nachzuweisen, wäre, die selbstsändige Tätigkeit in einem nicht zulassungspflichtigen Beruf, der dem des Bäckers entspricht.
Bei der IHK München und Oberbayern gibt es einen Überblick "Abgrenzung zum Handwerk Herstellung von Nahrungsmitteln": https://www.ihk-muenchen.de/ihk/documents/Recht-Steuern/Abgrenzung-zum-Handwerk/Merkblatt-Herstellung_von_Nahrungsmitteln2023.pdf&ved=2ahUKEwjr9aOl8raMAxWIxgIHHZlpEM0QFnoECBQQAQ&usg=AOvVaw0QRz_-DG45ydsO0_yfVvYi
Ob die Herstelllung von Hundekeksen, das Backen von Kuchen und Torten im Rahmen eines Cafés, das Backen vom Crépes und Waffeln, das Aufbacken von Teigrohlingen oder Pizzabacken, das Richtige ist, kann ich nicht beurteilen.
Das "Backen von Kuchen und Torten im Rahmen eines / des eigenen Cafés" dürfte dem Bäckerhandwerk entsprechen.
Hier sollten Sie allerdings eine Person vom Fach bei der Handwerkskammer befragen.
Rechtlich ausgeschlossen ist der Nachweis von vier Jahren leitender Stellung nicht, aber tatsächlich schwierig.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
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Es gibt auch noch § 8 Abs. 1 HwO. Ausnahmsweise kann eine Aufnahme in der Handwerksrolle vorgenommen werden, wenn die zur selbständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind; dabei sind auch seine bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die Ablegung einer Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde."
Ausnahmeregelungen sind eng auszulegen.