Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wird nach der Erbauseinandersetzung nachträglich ein Testament gefunden, hat die Verteilung des Nachlasses entsprechend dem letzten Willen des Erblassers in dem Testament zu erfolgen.
Die bereits erteilten Erbscheine werden aufgrund des Testaments unrichtig und müssen von dem Nachlassgericht eingezogen werden. Das Nachlassgericht erteilt dann neue Erbscheine.
Sie können dann von Ihrer Schwester verlangen, dass der Nachlass entsprechend dem Testament verteilt wird.
Beachten Sie bitte, dass die erbrechtliche Ansprüche in 3 Jahren verjähren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie als Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Olga Peschta
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Rechtsanwältin Olga Peschta
Ist dies so auch wenn in einer Erldigingsklausel steht, dass über den Vertragsgegenstand
alle gegenseitigen Ansprüche erledigt sind.
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
Wurde in dem Erbauseinandersetzungsvertrag eine Erledigungsklausel vereinbart, dann muss der genaue Vertragsinhalt ausgewertet werden, insbesondere welcher Vertragsgegenstand und welche konkrete Umstände dem Vertrag zugrunde gelegt sind, wie die Erledigungsklausel ausformuliert wurde.
Denn:
Aufgrund des nachträglich gefundenen Testaments, sind Sie zum (wahren) Erben mit der Erbquote von 75% geworden.
Nach § 2018 BGB kann der Erbe von jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.
In Ihrem Fall hat Ihre Schwester auf Grund eines ihr in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts (zu 50%) den Ihnen zustehenden Anteil (25%) erlangt. Sie können von ihr die Herausgabe dieses ihr tatsächlich nicht zustehenden Anteils verlangen, auch wenn bereits Erbauseinandersetzung aufgrund der vermeintlichen gesetzlichen Erbfolge stattgefunden hat. Die im Testament geregelte gewillkürte Erbfolge hat Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge.
Vergleichen Sie noch hierzu folgende Gerichtsentscheidungen in ähnlichen Fällen:
Landgericht Coburg, Endurteil vom 02.03.2023 - 51 O 138/19
OLG Frankfurt a.M. (20. ZIVILSENAT), Beschluss vom 15.10.2014 - 20 W 251/14
Sie können also das gefundene Testament dem Nachlassgericht vorlegen. Das Nachlassgericht hat nach §2361 BGB die unrichtige Erbscheine einzuziehen und für kraftlos zu erklären.
Der Erbauseinandersetzungsvertrag kann daher entweder aufgrund der Willensmängel beim Abschluss (§§ 119ff.) angefochten oder aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei der Auseinandersetzung (§ 313 Abs. 1, 2 BGB) angepasst werden.
Hat der Erbauseinandersetzungsvertrag vergleichsähnlichen Charakter, kann er nach § 779 Abs. 1 BGB ganz unwirksam sein, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht - was hier grundsätzlich der Fall ist, da nachträglich ein Testament mit der anderen Teilungsanordnung aufgefunden wurde.
Ob der Erbauseinandersetzungsvertrag mit der Erledigungsklausel unwirksam gemacht oder angepasst werden kann, kann man also nur anhand des genauen Vertragsinhalts entscheiden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit den ersten Überblick über Ihren Fall verschaffen.
Mit besten Grüßen
Olga Peschta
Rechtsanwältin