Balkonkraftwerke / Steckersolaranlagen vs. Denkmalschutz

17. Dezember 2024 20:10 |
Preis: 95,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere WEG möchte den Eigentümern unter bestimmten Auflagen (weitgehende Einheitlichkeit von Form, Farbe, Größe, definierte Anbringungsorte) Balkonkraftwerke bzw. Steckersolaranlagen gestatten. Die Regeln sind definiert, jedoch gibt es ein Problem:

Die WEG befindet sich in Nürnberg Altstadt, die unter Ensembleschutz steht. Das Haus selbst ist Jahrgang 2007, die umliegenden Häuser sind alle aus der Nachkriegszeit. Ein Teil des Hauses liegt in einer Straße, ein anderer Teil ist von einem nahe gelegenen Platz (ohne historische Bausubstanz) aus einzusehen. Es gibt dann noch einen von der Straße abgewandten Teil.

Die Nürnberger Bauordnungsbehörde / Unteres Denkmalschutzamt beruft sich auf Art. 6
Maßnahmen an Baudenkmälern des Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler
(Bayerisches Denkmalschutzgesetz – BayDSchG) und versagt uns eine Lösung mit Standard-Modulen ganz generell zur Straße hin, da von der Lage her einsehbar und von der Ausführung nicht einheitlich und hochwertig.

Die geforderte Lösung würde die Kosten um ein Vielfaches nach oben treiben und ist von uns nicht leistbar und deswegen nicht weiter zu verfolgen.

Wir möchten die Lösung mit Standard - Modulen dennoch umsetzen und brauchen dazu eine gute Argumentation. Nach unserer Auffassung gibt es folgende Ansatzpunkte:

- Balkonkraftwerke sind privilegierte Anlagen und als solche zu genehmigen.
- Es gibt in Bezug auf das optische Erscheinungsbild keine konsistenten Regelungen. So werden Sonnenschutzmarkisen und Sichtschutz an Balkongittern nicht regelmentiert, obwohl sie kein einheitliches Erscheinungsbild bieten.
- Die Auflagen sind massiv überzogen und verhindern letztlich die Installation
- Balkonkraftwerke sind nicht dauerhaft in die bauliche Anlage eingebaut und sind keine Bauprodukte i.S.d. § 2 Abs. 10 Nr. 1 Musterbauordnung. Somit ist das Denkmalschutzamt überhaupt nicht berechtigt, über die Zulässigkeit zu befinden - es handelt sich um keine bauliche Veränderung.
- Die Kriterien des Denkmalschutzes sind nicht transparent und erscheinen willkürlich. Wenn es um einheitliche Gestaltung geht, dann gibt es genügend Beispiele, wo das Thema überhaupt keine Rolle spielt.

Soweit der Sachverhalt und Ansätze einer Gegenargumentation.
Ich bitte Sie als Anwältin / Anwalt,
- die Aussichten auf eine Genehmigung der Balkonkraftwerke für unsere WEG einzuschätzen
- eine mögliche Argumentationslinie zu skizzieren
- die genannten Ansatzpunkte zu bewerten.

Herzlichen Dank!

17. Dezember 2024 | 21:57

Antwort

von


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Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,


ich benötoige noch einige Angaben, die Sie bitte direkt an

ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de

schicken wollen. Ich werde dann die Antwort ergänzen.

Bitte warten Sie die Ergänzung unbedingt ab, um die Nachfragefuktion zu behalten.


Ich benötige Informationen über die Genehmigung aus 2007 für die Gestaltung der Balkone und nöglichen Auflagen.
Inwieweit war beim Neubau der Denkmalschutz eingebunden und ggfs. mit welchen Auflagen?


Ihre Argumentation greift zwar nicht in allen Punkten, aber es gibt Entscheidungen aus dem letzten Monat, die die Sache hier für Sie ggfs. erleichtern könnte.

Nach Erhalt die Informationen werde ich auch dazu dann die Antwort ergänzen.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg


Ergänzung vom Anwalt 18. Dezember 2024 | 10:38

Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,


leider habe ich noch keine Unterlagen erhalten.


Bei dem weiteren Vorgehen sind neu neue Entscheidungen des OVG Münster einschneiden, wenn es um die Abwägung Denkmalschutz und PV Anlage geht. Denn das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland schreibt in § 2 das "überragende öffentliche Interesse" von regenerativen Energien und ihren "Vorrang in Schutzgüterabwägung" fest.

Und genau diesen Vorrang hat das OVG Münster in zwei Fällen bejaht:


Das Gericht hält das Bundesgesetz für vorrangig und es si dem Schutz des Denkmals sogar dann vorzuziehen, wenn das Denkmal selbst mit einer PV Anlage bedacht werden soll

Dabei hat das Gericht u.a. darauf abgestellt, dass die farblich angepasste Solaranlage „denkmalschonend" konzipiert sei und die Wahrnehmung eben nicht beeinträchtigt.

Wichtig ist hier, dass noch nicht einmal das Denkmal selbst, sondern der Ensembleschutz betroffen sein soll, was dann, wenn der Bau 2007 erstellt worden ist, schon in Hinblich auf die mögliche Balkonausgestaltung eine Rolle spielt. Keine Rolle spielt hingegen die vom Amt geschilderte angeblich fehlende Hochwertigkeit, sondern eben allein die Wirkung an den (mir derzeit unbekannten) Balkonbrüstungen.


Das Gericht führt weiter aus, dass der Denkmalschutz „regelmäßig" nicht dazu geeignet ist, Solaranlagen zu verhindern - das Landesdenkmalrecht trete hinter Bundesrecht zurück, wobei es aber immer eine Einzelfallentscheidung ist.

So OVG Münster, Urt. vom 27.11.2024, Az.: 10 A 2281/23 und 10 A 1477/23 .


Bei der Errichtung von Solaranlagen auf/an denkmalgeschützten Gebäuden überwiegt daher regelmäßig das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien den Belangen des Denkmalschutzes.

Denn nach der Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz sollen, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist, die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Diese Vorgabe, für die dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zukommt, beeinflusst auch eben das Denkmalschutzrecht.



Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg

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