Sorgerechtsentzug wegen negativer Elternkommunikation und unbewiesener Tatsachen

25. Juni 2024 11:03 |
Preis: 70,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


18:22

Zusammenfassung

Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist (nur) stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Guten Tag,

aktuell warte ich auf das Urteil des Amtsgerichtes Offenbach, welches mir möglicherweise das gemeinsame Sorgerecht für meinen Sohn im Kindergartenalter entzieht, den meine Noch-Ehefrau vor 3 Jahren über mehr als 600km Anfahrt entzogen und das vorläufige Aufenthaltsbestimmungsrecht hat.
Seitdem sehe ich ihn regelmäßig, sie verweigert jedoch offenbar aufgrund ihrer psychischen Krankheit und Einfluss der Eltern maximal.
Sie ist im Kindergarten als Elternsprecherin aktiv und dieser verleumdet mich, dass sie ohne jeden wichtigen Grund behaupten, Personal und Kinder vor mir schützen zu müssen, da ich mich ungebührend bei der Abholung zum Umgang verhalten hätte, obwohl ich lediglich mit ihnen sprechen wollte, was verweigert wurde.
Die Kinderärztin ist gegen mich eingestellt, weil ich ihr eine negative Google-Bewertung gegeben habe.
Die Verfahrensbeteiligten sind nach meiner Auffassung ebenfalls stark befangen, was schlicht unglaublich, aber wahr ist und handeln gegen mich, obwohl ich mein bestes gebe, für meinen Sohn da zu sein.
Nun wurde zum Umgangstermin plötzlich eine Sorgerechtsverhandlung spontan mit angesetzt, von der ich 2 Tage vorher in Kenntnis gesetzt wurde und erst davor aufgrund von Nichterreichbarkeit/Krankheit einen neuen Anwalt suchen musste, mit dem ich einvernehmlich das Mandat wieder beendet habe.
Mir soll wegen negativer Elternkommunikation das gemeinsame Sorgerecht entzogen werden, obwohl ich vom Allgemeinen sozialen Dienst eine Bescheinigung für die Teilnahmebereitschaft an gemeinsamen Gesprächen zur Konfliktlösung habe, was von der Kindesmutter verweigert wird, da sie ja psychisch krank sei und vor intensiver Kommunikation geschützt werden müsse.
Ebenfalls wurde von Anfang an eine von mir angestrebte Mediation verweigert.
Aus meiner Sicht geht es doch garnicht, dass man ein Grundrecht des Kindes und der Eltern mal eben so einfach entzieht oder?
Gerne hätte ich eine Rechtsberatung online von einem Rechtsanwalt, der bereit wäre, mir bei einem Einspruch zu helfen und mich zu vertreten.
Vielen Dank im Voraus!

25. Juni 2024 | 12:17

Antwort

von


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Gerne zu Ihrem Fall:

Ein Entzug des gemeinsamen Sorgerechts ist nur dann gerechtfertigt, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Allein eine negative Elternkommunikation reicht dafür in der Regel nicht aus. Vielmehr müssen gewichtige Gründe vorliegen, die eine Gefährdung des Kindeswohls bei Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts befürchten lassen.

Positiv zu werten ist, dass Sie sich um eine Verbesserung der Kommunikation und eine einvernehmliche Konfliktlösung bemühen, was durch die Bescheinigung des Allgemeinen Sozialen Dienstes belegt ist. Auch Ihr Bestreben nach einer Mediation spricht für Sie.

Die kurzfristige Ansetzung einer Sorgerechtsverhandlung ohne ausreichende Vorbereitungszeit und anwaltliche Vertretung erscheint in der Tat problematisch. Hier stellt sich die Frage, ob Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör ausreichend gewahrt wurde.

Das also sind die drei Eckdaten (fett unterlegt) im vorliegenden Fall.

Im Einzelnen:

Zitat:
§ 1671 BGB Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern
(1) 1Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.2Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder

2.zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
... (gekürzt)

In Sorgerechtsverfahren wird der Kindeswohlgrundsatz gemäß § 1697a BGB angewendet. Hierbei spielt die Fähigkeit der Eltern zur Kommunikation und Kooperation eine wesentliche Rolle.

Aber auch - unter vielen anderen Aspekten, die hier nicht skizziert werden können - kann die Unrealisierbarkeit der gemeinsamen Sorge der gemeinsamen Sorge im Wege stehen.

Dazu Stimmen aus Lit. und Rspr....

...welche Aspekte nennen, die als „Realisierungsschwierigkeiten" zusammengefasst werden können, dh wenn die im Rahmen gemeinsamer Sorge notwendige Konsensfindung Hindernissen begegnet. Das kann etwa bei räumlicher Trennung der Eltern der Fall sein.

Diese stellt allerdings, angesichts der modernen Kommunikationsmöglichkeiten, grds. keinen Grund mehr für die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dar, zumal im Fall des nicht nur vorübergehenden Getrenntlebens wegen § 1687 eine Absprache nur in erheblichen Angelegenheiten vonnöten sein kann OLG Naumburg FamRZ 2002, 564 (565); OLG Hamm FamRZ 2002, 565 (566); OLG Dresden FamRZ 2000, 501; Konsenspflicht getrenntlebender Eltern in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung

Lediglich eine besonders große Entfernung kann gegen die gemeinsame Sorge sprechen (OLG Hamm FamRZ 1999, 320 (321): Nordrhein-Westfalen – Wales; AG Essen STREIT 2003, 118 f.: Deutschland – Brasilien; Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1 (15); offengelassen von BVerfG FamRZ 2004, 1015 (1016): Entfernung Deutschland – Spanien, aber Berufstätigkeit des Vaters als Pilot).

Dies gilt insbes. für eine Entfernung über Landesgrenzen hinweg, da § 1687 bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ins Ausland keine Anwendung mehr findet. Für die Aufhebung der gemeinsamen Sorge spricht auch der Umstand, dass ein Elternteil längere Zeit nur schwer bzw. faktisch gar nicht erreichbar ist.

Per Ferndiagnose lässt sich die außergewöhnlich umfangreiche Kasuistik (= Einzelfall bezogen) in der Rspr. vorliegend nicht annähernd abbilden.

Ich rate Ihnen daher dringend, sich zeitnah an einen auf Familienrecht spezialisierten Anwalt (m/w) im für Sie zuständigen Gerichtsbezirk zu wenden und diesen mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen (und der des Kindes( !) zu beauftragen. Dieser wird dann auf Basis vollständiger Aktenlage prüfen können, ob und wie gegen die Entscheidung vorgegangen werden kann.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 25. Juni 2024 | 17:04

Vielen Dank für Ihre Antwort.
Inwiefern ist hierbei die Tatsache zu bewerten, dass die vermeintlich negative Kommunikation nachweisbarer oder vermuteter Weise einzig und allein durch die Gegenanwältin provoziert wird und die Kindesmutter offenbar aufgrund von Krankheitsgründen sämtlichen Kontakt verweigert und passiv provoziert?
Bedauerlicherweise ist Offenbach am Main so ein Ort, wo die AnwältInnen mit ihren Cousins und Cousinen zu heiraten scheinen und sich niemals gegen die Richter auflehnen. Inwiefern kann man hierbei überhaupt eine Unabhängigkeit der Justiz sicherstellen und eine angemessene Hörbarkeit und Rechtsvertretung vor Gericht, sofern man nicht Millionär ist?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Juni 2024 | 18:22

die von Ihnen geschilderte Situation ist in der Tat sehr komplex und schwierig. Hier noch ein paar ergänzende Anmerkungen dazu:

Wenn die negative Kommunikation tatsächlich einseitig von der Gegenseite provoziert wird und die Kindesmutter den Kontakt krankheitsbedingt verweigert, spricht das eher für Sie. Das Gericht muss die Gründe für die Kommunikationsprobleme genau prüfen. Pauschale Schuldzuweisungen sind nicht sachgerecht. Vielmehr kommt es darauf an, wer sich ernsthaft um eine Verbesserung der Situation bemüht.
Die von Ihnen angesprochenen Verflechtungen und möglichen Befangenheiten vor Ort sind ein heikles Thema. Grundsätzlich sind Richter zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit, kann ein Befangenheitsantrag gestellt werden. Dies sollte aber gut begründet sein. Allgemein gilt: Jeder hat Anspruch auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör, unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten. Notfalls kann Verfahrenskostenhilfe beantragt werden.
Mein Rat bleibt, sich von einem spezialisierten Anwalt vertreten zu lassen. Dieser kann am besten einschätzen, welche Erfolgsaussichten bestehen und wie man taktisch am geschicktesten vorgeht. Eine Ferndiagnose ist bei einer so komplexen Gemengelage schwierig.
Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen gelingt, die Sache im Interesse Ihres Kindes zu einem guten Ende zu bringen. Scheuen Sie sich nicht, dafür professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Alles Gute!

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