Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich haben Sie als Bauherr das Recht, den Vertrag jederzeit zu kündigen. Dies ergibt sich aus § 648 BGB. Allerdings hat der Unternehmer in diesem Fall Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
In Ihrem Fall könnte es jedoch sein, dass Sie aufgrund der erheblichen Verzögerungen und der mangelhaften Leistungen des Architekten ein Recht auf außerordentliche Kündigung haben.
Dies könnte sich aus § 648a i.V.m § 314 BGB ergeben, wonach ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Ob in Ihrem Fall ein solcher wichtiger Grund vorliegt, kann ich aufgrund der von Ihnen geschilderten Umstände nicht abschließend beurteilen. Hierfür wäre eine genaue Prüfung des Vertrags und aller Umstände des Einzelfalls erforderlich.
Da es sich bei der fristlosen Kündigung um eine Ausnahme handelt, wäre zu fragen, ob Sie Ihre Einwände über die Jahre hinreichend deutlich gemacht haben und nachweisen können.
Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist unterblieben?
Es wäre auch wichtig zu wissen, ob hier im Vertrag eine Zeit oder Zeitspanne festgelegt wurde, die trotz mehrfacher Fehlleistungen nicht eingehalten wurde und letztlich auch, ob Ihre Kreditumstände in den Vertrag einflossen.
Letztlich könnte man sich aber auf den Standpunkt stellen, dass hier derartig viele Fehler gemacht wurden, dass Ihnen insbesondere wegen des Auslandsbezugs hier kein längeres Zuwarten möglich ist.
Zu denken wäre auch an einen Rücktritt vom Vertrag, was aber grundsätzlich eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erfordert hätte, es sei denn, dass Ihnen dies nicht zumutbar war oder ist.
So liegt es hier, wie ich meine. Derartige schlampige Arbeiten müssen Sie nicht hinnehmen, das Ganze hat für Sie hier keinerlei Wert gehabt.
Gleich, ob man von einer Kündigung oder einem
Rücktritt ausgeht, muss man dazu kommen, dass Sie zudem schadenersatzberechtigt sind und allein aus diesem Grund jegliche (Teil-) Abnahme verweigern konnten.
Siehe hierzu:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2012 - I-23 U 132/11
Auszug:
„4. Ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht nach berechtigter außerordentlicher Kündigung des Werkvertrages durch den Auftraggeber dann nicht, wenn die bis zur Kündigung erbrachte Leistung infolge einer vom Auftragnehmer zu vertretenden Kündigung für den Auftraggeber ohne Wert ist, weil sie infolge der Kündigung (vollständig) unbrauchbar bzw. deren Verwertung dem Auftraggeber nicht zumutbar ist. Für diese Voraussetzungen trägt der Auftraggeber die - im Falle der Fortführung der Baumaßnahmen bzw. Nutzung des Objekts erhöhte - Darlegungs- und Beweislast."
oder
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2009 - I-5 U 57/09
„Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner abschließenden Entscheidung dazu, ob die Bestimmung einer Nacherfüllungsfrist nicht (auch) deshalb entbehrlich ist, weil eine solche für den Besteller, also den Kläger unzumutbar war (vgl. § 637 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dem Auftraggeber kann die Nacherfüllung durch den Auftraggeber dann unzumutbar sein, wenn der Unternehmer durch sein vorheriges Verhalten das Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit oder seine Leistungsbereitschaft erschüttert hat. Beispielsfälle für eine solche Unzumutbarkeit sind die Konstellationen, in denen die Mängel so zahlreich und gravierend sind, dass das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmers zu Recht nicht mehr besteht (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1966, VII ZR 144/64, BGHZ 46, 243, 245; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.08.1996, 22 U 42/96, NJW-RR 1997, 20, 21) oder bereits mehrere Nachbesserungsversuche ohne den gewünschten Erfolg geblieben sind (insgesamt hierzu Kniffka in Kniffka/Koeble, a.a.O. Rz. 131.). „
Alles in Allem sehe ich also Chancen die Sache zu beenden und nichts zu zahlen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Wilke
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wilke
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E-Mail:
Guten Tag Herr Wilke,
vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich hätte noch ein paar Rückfragen und möchte hiermit noch fehlende Informationen nachliefern.
Die gesamte geschilderte Kommunikation lief, außer ich habe explizit von einem Telefonat geschrieben, per Mail und es wurde nachweisbar auf die Einwände hingewiesen.
Eine Frist mit Ablehnungsandrohung wurde nicht gesetzt und das jetzt noch zu tun, halte ich für gewagt. Wahrscheinlich würde dann der Bauantrag zügig fertiggestellt und eingereicht werden (nach unserer Erfahrung auch weiterhin fehlerhaft), aber durch die enorme Verzögerung werden wir es mit großer Sicherheit nicht schaffen den Bau fertigzustellen, bevor die Bereitstellungsphase abgelaufen ist. Dann würde uns in der Bauphase die Finanzierung wegbrechen und wir müssten versuchen teurer nachzufinanzieren. Ob diese neue Finanzierung dann zu stemmen wäre, ist nicht abzusehen.
Im Vertrag wurde keine Zeit oder Zeitspanne festgelegt, ebenso sind die Kreditumstände nicht in den Vertrag eingeflossen. Diese wurden aber der Fertighausfirma gegenüber kommuniziert.
Wie würden wir vorgehen, um unabhängig, ob wir nun kündigen oder vom Vertrag zurücktreten, den Schadensersatz einzufordern und jegliche (Teil-)Abnahme zu verweigern? Eigentlich ist uns der Schadensersatz nicht einmal wichtig, uns widerstrebt es einfach nur für diese sinnlose Odyssee auch noch Geld zu zahlen, geschweige denn jetzt noch den Bau mit dieser Firma durchzuführen.
In diesem Fall sollten Sie schriftlich per Bote oder Einschreiben die außerordentliche Kündigung aussprechen und unter Berufung auf meine Urteile jegliche Zahlung verweigern.
Es könnte aber zum Problem werden, dass keine Fristen gesetzt wurden, aber bei stets fehlerhaften Leistungen kann auch dies entbehrlich sein.
Hilfsweise sollten Sie vom Vertrag zurücktreten und höchst hilfsweise ordentlich kündigen.
Gerne können Sie sich auch per Email an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
RA Wilke