Fangprämie bei Ladendiebstahl, Aussage verweigern

1. Dezember 2023 01:07 |
Preis: 30,00 € |

Strafrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Zusammenfassung

Vermeintliche Ladendiebe sind gegenüber dem Kaufhaus oder von diesem eingesetzten Detektiven nicht zu Angaben verpflichtet, welche die Tat oder ihre Person betreffen.

Moin zusammen, folgender Sachverhalt…

Mein Bruder(33) ist im Baumarkt einkaufen. Nimmt zwei Duschgarnituren(100€) mit großer Verpackung, legt diese in Einkaufswagen. In diesen zwei Kartons die viel Luft und Platz bieten, landen aber noch einige andere Werkzeuge im Wert von ca.700-800€.

Bruder geht an die SB-Kassen scannt lediglich die zwei Kartons ohne den zusätzlichen Inhalt. Zahlt die 100€ für die Garnituren und wird beim verlassen des Kassenbereiches vom Detektiv angehalten und gebeten aufs WC zu folgen.
Da der Ausgang gleich neben dem Wc ist, hat dieser versucht noch die Flucht zu ergreifen, aber die Tür öffnete nicht.
Der Detektiv und ein Mitarbeiter des Baumarktes packen meinen Bruder und Scheiben diese in WC.

Der Detektiv wollte die Taschen durchsuchen, dies verweigerte mein Bruder und bestand auf eine Durchsuchung durch die Polizei.
Bis die Polizei kam hatte der Detektiv dann die Ware in den zwei Kartons gefunden.

Polizei kommt, durchsucht meinen Bruder und findet an ihm selber nichts.
Aussage gegenüber der Poliezi hat er verweigert und lediglich gesagt das die Ware wohl schon in den Kartons war und er nix von wusste.

Das Protokoll von der Polizei unterschrieb er mit dem Verweis das er die Aussage verweigert.

Detektiv sprach mündlich ein Hausverbot aus und mein Bruder konnte nach Hause.

Jetzt ne Woche später kam ein Schreiben vom Baumarkt mit der Aufforderung eine „Fangprämie" zu zahlen in Höhe von 50€.
Diese würde er jetzt zwar zahlen um Ruhe von dieser Seite zu haben.
Aber es stell sich die Frage ob das bezahlen der Fangprämie sowas wie ein indirektes Eingeständnis der Tat ist?

Ob es Videoaufnahmen gibt ist nicht bekannt und wurde auch vom Detektiv nicht erwähnt.

Er möchte eigentlich weiterhin die Aussage verweigern und hofft auf ein Strafbefehl mit Auflage einer Geldstrafe.
Wie realistisch ist dies?
Er ist nicht vorbestraft und soweit mir bekannt auch sonst keine Einträge in sonstigen Registern.

Spielt es ihm vielleicht in die Karten das er momentan in Behandlung beim Psychiater ist bezüglich Depressionen?

Mit freundlichen Grüßen
Danke im Voraus

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Bei der Beurteilung der Sache ist zwischen zivilrechtlicher und der strafrechtlichen Behandlung zu differenzieren.

Zivilrechtlich kann der Baumarkt eine Fangprämie verlangen, die allerdings im Verhältnis zu dem gestohlenen Gut angemessen sein muß. Eine Fangprämie von damals umgerechnet 25,00€ ist von der Rechtsprechung als zulässig angesehen worden
[BGH, Urteil vom 06.11.1979 (Az.: VI ZR 254/77)].

Als Anspruchsgrundlage werden § 823 Abs. I & Abs. II BGB i.V.m. § 242 Abs. I StGB genannt, also ein Schadensersatzanspruch.

Daher ist der Nachweis des versuchten Diebstahls an sich erforderlich. Daher könnte das Bezahlen der Fangprämie als ein indirektes Eingeständnis der Tat gewertet werden. Das hat aber strafrechtlich keine Relevanz.

Vermeintliche Ladendiebe sind gegenüber dem Kaufhaus oder von diesem eingesetzten Detektiven nicht zu Angaben verpflichtet, welche die Tat oder ihre Person betreffen.

Die Polizei ist berechtigt und verpflichtet, die Personalien von Straftätern zu ermitteln und die zu deren Identifizierung erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen. Zu Angaben zur behaupteten Tat ist niemand verpflichtet, die Aussage kann verweigert werden, was im Strafverfahren nicht zum Nachteil ausgelegt werden darf.

Ihr Bruder hat also das Recht, die Aussage zu verweigern und sollte das auch tun, bis er einen Rechtsanwalt konsultiert hat.

Insoweit hat sich Ihr Bruder richtig verhalten, indem er das Protokoll der Polizei mit einem Hinweis versehen hat, dass die Aussage verweigert wird.

Das nutzt aber natürlich nichts, wenn er jetzt einen Strafbefehl akzeptieren will, der bei Taten mit geringer krimineller Energie nach vorläufiger Würdigung nach Aktenlage ergehen kann.

Er beinhaltet das Angebot der Staatsanwaltschaft, indirekt und ohne Hauptverhandlung ein Geständnis abzugeben.

Da ihr Bruder nicht vorbestraft ist, ist es wahrscheinlich, dass ein Strafbefehl ergeht. Dann kommt aber der Umstand nicht zum Tragen, dass Ihr Bruder z.Zt. wegen einer Depressionen beim Psychiater in Behandlung ist.

Die psychiatrische Behandlung könnte zwar möglicherweise die Schuldunfähigkeit begründen. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass das Gericht im Ergebnis zu einer solchen Einschätzung kommt. Keinesfalls aber, ohne eine Hauptverhandlung durchzuführen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 1. Dezember 2023 | 12:27

Danke für Ihre Antwort. Er hatte nicht vor einen Anwalt zu konsultieren. Er wollte es in dem Sinne mit schweigen „aussitzen" bis der Strafbefehl kommt. Im Protokoll der Polizei wurde auch vermerkt das er mit einer Einstellung gegen Geldauflage einverstanden wäre, aber davon geht er in diesem Fall nicht aus.

Verstehe ich richtig das er einen Strafbefehl erwarten kann wenn er weiter schweigt? Wenn er diesen dann zahlt ist es somit ein indirektes Geständnis auch ohne vorherige Aussage?

Wäre eine Einstellung mit Geldauflage vorstellbar, wenn er in den sauren Apfel beißt und ein Entschuldigungsschreiben an den Baumarkt schreibt und die Tat bei der Polizei einräumt?

Danke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. Dezember 2023 | 12:38

Eine Einstellung gegen Auflage werden Sie ohne Rechtsanwalt nicht erhalten und ohne Kenntnis der Akte nicht erreichen können.

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