Widerspruch Eigenbedarfskündigung

| 23. November 2023 14:21 |
Preis: 130,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


11:04

Zusammenfassung

Eigenbedarfskündigung nach Eigentümerwechsel

Hallo,

ich möchte einen Widerspruch zur Eigenbedarfskündigung meines neuen Vermieters schreiben.

Im November 2022 erhielt ich einen Anruf von einem Mann, der sagte, er habe meine Wohnung gekauft und sei der neue Vermieter. Er wolle die Wohnung sanieren, die Miete erhöhen und außerdem habe er sie für seine Eltern gekauft. Als ich ihm erklärte, dass das nicht so einfach möglich ist, schrie er mich an, ob seine Eltern auf der Straße schlafen sollen. Meine Anzeige wegen Nötigung wurde dann leider eingestellt. Ich war einfach geschockt.

Seit 19 Jahren wohne ich hier mit meinem Sohn in einer 3Raum-Wohnung mit 58m2. Die Wohnung gehört dem neuen Eigentümer seit dem 01.12.2022. Mit Schreiben vom 12.04.2023 erhielt ich eine Eigenbedarfskündigung zum 31.01.2024. Er erklärte, er hätte 2 Monate vorher schon eine Kündigung geschickt, die ich aber nicht erhalten hatte.

In der Kündigung stand kein Hinweis, dass ich als Mieter laut § BGB berechtigt bin, Widerspruch dagegen einzulegen. Ist die Kündigung nicht schon allein aufgrund dieses Formfehlers zu verwerfen?

Als Grund für den Eigenbedarf wurden die Eltern genannt. Sie wären alt und krank – das Wohnen am Stadtrand wäre beschwerlich. Wo? In welcher Stadt? . Außerdem hätte es im Haus einen Brand gegeben. Die Schäden hätten sich in der Wohnung ausgebreitet und wären nicht zu beseitigen. Im persönlichen Gespräch war es die Wohnung 1 Etage höher auf der anderen Seite, in der der Brand war. Es würde im Haus stinken. Schon das widerspricht sich. Die Gründe des Eigenbedarfs sind nur genannt, nicht nachgewiesen (Polizei Tagebuchnummer, Protokoll Brandmeister, Behindertenausweis…). Er muss sie aber nachweisen? Wie weit muss er sich hier einlassen? Außerdem ist dieser Stadtteil hier mit Öffentlichen nur schwer erreichbar. Deshalb geben sich hier diverse Lieferdienste die Klinke in die Hand.

Der neue Eigentümer hat allein in dieser Wohnanlage noch 3 andere Wohnungen.
1 x 1RW 30m2 3.OG
1 x 2RW 46m2 2.OG
1 x 3RW 58m2 1.OG
Er kann also nicht wegen Eigenbedarf kündigen. Er hätte sich ja an einer der anderen Wohnungen bedienen können. Oder? Zumindest die 2RW und 3RW wären für die Eltern passend gewesen.
Meine Wohnung ist eine 3RW mit 58m2 in 2. OG.
Die Vermieter wissen noch nicht einmal, wie groß diese Wohnung hier ist und schreiben in der Kündigung von einer 65m2-Wohnung. Wäre das nicht allein schon ein Formfehler, die Kündigung zu verwerfen?

Es gilt immer noch der alte Mietvertrag der Städtischen Wohnungsgesellschaft. Diese hat keinen Eigenbedarf und deshalb steht im Mietvertrag auch keine Eigenbedarfsklausel. Darf der neue Vermieter trotzdem auf Eigenbedarf kündigen?

Die Wohnung wurde zum 01.12.2022 vom neuen Eigentümer gekauft. Darf er dann sofort nach Kauf, hier am 12.04.2023 eine Eigenbedarfskündigung schicken? Die Wohnung wurde – wissentlich, dass sie seit 19 Jahren vermietet ist (stand im Exposé) zum Zwecke des Eigenbedarfs gekauft. Das ist doch verboten, oder?
Es war eine schwer verkäufliche Wohnung. Wer sich an die Spielregeln hält, kann nicht so agieren. Er ist in diese Klebefalle reingetappt, weil er Selbstbewusstsein für viele hat aber kein Wissen dazu.

Aufgrund der verschärften Lage auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt ist derzeit keine passende Wohnung zu finden. Vor allem für kleine Einkommen nicht. Ich beziehe kein Bürgergeld, bin aber nicht viel drüber. Sicher gibt es Neubauten, die das Doppelte oder Dreifache dieser Wohnung kosten. Sie kommen aber für mich nicht infrage. Wenn ich krank bin, lege ich mich hin. Wenn es mir gut geht, arbeite ich. Nachts, wochenends, egal.

Ich habe seit über 10 Jahren ganz massive gesundheitliche Einschränkungen. Darauf habe ich den Vermieter auch bereits im 1. Gespräch hingewiesen. Bin selbständig von zuhause aus tätig. Das erschwert einen Umzug zusätzlich, da ich hier viele Kundenakten habe und ein Umzug viel Zeit beansprucht, in der ich nicht arbeiten kann, was wieder Regressforderungen meiner Kunden nach sich ziehen würde, wenn Fristen verpaßt würden. Ich kann derzeit keine Kisten tragen und bin gesundheitlich so eingeschränkt, dass ich tageweise große Mühe habe, die Treppe hoch bzw. runter zu kommen. Wenn es mir gut geht, arbeite ich. Nachts, wochenends, egal.

Am 01.09.2023 trafen wir uns in einem Café, um uns einmal persönlich kennenzulernen und die Punkte zu besprechen. Ich traf auf 2 Leute, die mir erklärten, dass es keine unbewohnten Wohnungen zu kaufen gäbe und man eben sich so entschieden hätte. Kein Entgegenkommen. Wie es zu erwarten war. Ich wollte aber auch diese Möglichkeit nicht unversucht lassen.

Welche dieser Punkte sind Gründe, die Eigenbedarfskündigung abzuwehren? Mit welchen Paragraphen kann man das unterlegen? Gibt es andere Gründe, die man hier anführen könnte?

Mit freundlichen Grüßen


23. November 2023 | 15:20

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragestellerin,

vielen Dank für Ihre ausführliche Schilderung. Ihre Anfragen möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Formfehler: Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs muss schriftlich erfolgen und begründet werden, vgl. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Begründung muss den konkreten Sachverhalt enthalten, auf den der Vermieter den Eigenbedarf stützt. Fehlt die Begründung oder ist sie unzureichend, ist die Kündigung unwirksam. Dies gilt erst recht, wenn die behaupteten Eigenbedarfsgründe tatsächlich nicht bestehen und nur fingiert wurden.

2. Nachweis des Eigenbedarfs: Im Streitfalle, also im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, müsste Ihr Vermieter den angeblichen Eigenbedarf für seine Eltern unter Beweis stellen. Dazu gehört auch, dass er darlegt, aus welchem Grund andere Wohnungen, die ihm gehören, nicht für den Eigenbedarf geeignet sind. Wenn ihm dies nicht gelingt, stünde zu erwarten, dass das Gericht einen auf diese Kündigung gestützten Räumungsanspruch abweisen wird.

Im Rahmen des Kündigungsschreibens muss er die behaupteten Eigenbedarfsgründe jedoch noch nicht unter Beweis stellen.

3. Grundsätzlich gilt der Grundsatz "Kauf bricht Miete nicht". Dies bedeutet, dass der Mietvertrag auch bei einem Eigentümerwechsel weiterhin gilt und dass der neue Eigentümer in die Rechte und Pflichten des alten Vermieters eintritt. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist allerdings auch nach einem Eigentümerwechsel möglich.

4. Soweit Ihre Wohnräume in eine Eigentumswohnung umgewandelt und dann an den jetzigen Eigentümer veräußert wurden, so müsste Ihr Vermieter beim Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung zudem gem. § 577a BGB eine Kündigungssperrfrist von 3 Jahren seit seiner Eintragung im Grundbuch beachten bevor er eine Kündigung aussprechen kann. Soweit dies hier der Fall wäre, so wäre die Kündigung von Vornherein unwirksam.

5. Wenn die Beendigung Ihres Mietverhältnisses für Sie eine besondere soziale Härte darstellen würde, die sich auch aus gesundheitlichen Gründen oder durch das Fehlen von Alternativwohnungen ergeben könnte, so könnten Sie der Kündigung auch gemäß § 574 BGB widersprechen. Im Streitfalle müsste auch hier das Gericht über das Vorliegen oder Nichtvorliegen beachtlicher Härtefallgründe entscheiden.

Ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Mieters ist zwar empfehlenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Die Tatsache, dass Sie über das Widerpruchsrecht nicht aufgeklärt wurden, macht die Kündigung daher nicht automatisch unwirksam.

Insgesamt bestehen hier nicht ganz unerhebliche Zweifel gegen die von Ihnen beschriebene Eigenbedarfskündigung, so dass Ihnen grundsätzlich anzuraten ist weiterführende anwaltliche Hilfe bei der Kündigungsabwehr in Anspruch zu nehmen. Hierfür stünde ich Ihnen gern zur Verfügung, da meine auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisierte Kanzlei gerade auf bundesweite Mandate ausgerichtet ist. Die von Ihnen entrichtete Beratungsgebühr würde im Falle einer Beauftragung vollständig angerechnet werden. Soweit Sie rechtschutzversichert sein sollten, kann zudem auch eine kostenfreie Deckungsanfrage für Sie gestellt werden. Gern dürfen Sie sich insoweit über info@frischhut-recht.de mit der Kanzlei in Verbindung setzen.

Ich hoffe ansonsten, Ihre Fragen verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Beste Grüße!



Dipl.iur. Mikio A. Frischhut
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Miet- und Wohnungseigentumsrecht



Rechtsanwalt Mikio Frischhut

Rückfrage vom Fragesteller 23. November 2023 | 20:11

Sehr geehrter Herr Frischhut,

vielen Dank für Ihre hilfreiche Antwort.

Die Vermieter treten als Herr und Frau X auf. Diese Gesellschaftsform gibt es in Deutschland nicht. Die Miete soll auf ein Konto des Herrn X überwiesen werden. Briefumschläge ziert ein GmbH-Stempel.

Ich kenne es so, dass wenn Ehepartner gemeinsam eine Wohnung vermieten, sie dann zumindest eine GbR gründen. Der Herr X hat sich im persönlichen Gepräch eingelassen, wohl eine GbR zu haben "oder so". Sehr verwirrend.

Ist die Eigenbedarfskündigung nicht schon deshalb nichtig, weil keine Gesellschaftsform erkennbar ist?

Sollten weitere Aktivitäten nötig werden, werde ich Sie gerne kontaktieren. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. November 2023 | 11:04

Sehr geehrte Fragestellerin,

gern beantworte ich Ihnen Ihre Nachfrage wie folgt:

Die fehlerhafte oder fehlende Angabe der Rechtsform führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung. Allerdings kann die Kündigung ausschließlich durch die/den Vermieter ausgesprochen werden. Soweit die Kündigung daher nicht durch (sämtliche) Eigentümer oder nicht durch den wahren Eigentümer unterzeichnet worden wäre, so würde dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

Ich hoffe Ihre Nachfrage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich erneut für das entgegengebrachte Vertrauen.

Beste Grüße!



Dipl.iur. Mikio A. Frischhut
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bewertung des Fragestellers 24. November 2023 | 16:49

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