Sehr geehrter Ratsuchender,
lassen Sie mich Ihre Frage nach einer Kündigungsmöglichkeit wie folgt beantworten.
Nach Ihrer Schilderung haben Sie keine Möglichkeit das Mietverhältnis über die Doppelhaushälfte wegen "Eigenbedarf" im Sinne des § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB zu kündigen, weil Voraussetzung einer solchen Kündigung ist, dass die "die Räume als Wohnung" benötigt werden.
Sie benötigen die Räume aber nicht zum Wohnen, sondern für Ihre berufliche Tätigkeit als Büro / Praxis / Unterrichtsraum.
In der Rechtsprechnung ist allerdings anerkannt, das ein solcher beruflicher oder geschäftlicher Bedarf (Betriebsbedarf) auch unter das "berechtigte Interesse" des § 573 Abs. 1 BGB fallen kann.
Voraussetzung ist aber - im Gegensatz zum Eigenbedarf für die Nutzung als Wohnraum, bei der vernünftige Gründe genügen -, dass die Nutzung aus betrieblichen Gründen "dringend erforderlich ist".
Sie müssten mit Nachteilen von "von einigem Gewicht" für Sie argumentieren, wenn Sie die Räume der Doppelhaushälfte nicht nutzen könnten/dürften (BGH, Urt. v. 10.5.2017 - VIII ZR 292/15, Urt. v. 29.03.2017 - VIII ZR 45/16).
Im Streitfall müsste ein Gericht den konkreten Einzelfall umfassend würdigen.
Sie müssten begründen, warum Sie gerade diese Räume benötigen und es Ihnen nicht zumutbar ist, Ihre bisherigen (frei)beruflichen Räumlichkeiten weiterzunutzen.
Dass es für Sie "bequemer ist", in unmittelbarer Nähe zur eigenen Wohnung zu arbeiten, genügt für ein berechtigtes Interesse auf Ihrer Seite nicht.
Auch ist zur berücksichtigen, dass die Hürden für eine Kündigung höher sind, wenn Sie die Doppelhaushälfte ausschließlich beruflich nutzen (wollen) im Gegensatz zu einer Mischnutzung (Wohnen und berufliche Nutzung).
BGH, VIII ZR 45/16, Leitsatz 9:
"Angesichts des Umstands, dass der Mieter allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, muss der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil von einigem Gewicht darstellen, was
etwa dann anzunehmen sein kann, wenn die geschäftliche Tätigkeit andernfalls nicht rentabel durchgeführt werden könnte oder die konkrete Lebensgestaltung die Nutzung der Mietwohnung erfordert (z.B. gesundheitliche Einschränkungen, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen)."
Sie sollten daher mit den Mietern sprechen und im besten Fall einen Mietaufhebungsvertrag schließen, der dann den Auszug der Mieter "vergoldet" oder jedenfalls finanziell attraktiv macht.
(Zur Kündigung berechtigt wären Sie sowieso erst, wenn Sie im Grundbuch als Eigentümer stehen.)
Ohne Mitwirkung der Mieter ist das Vorhaben nur schwierig umzusetzten, schwieriger als wenn Sie nur auf mehr Quadtratmeter wohnen wollten (, was auch ein Homeoffice-Zimmer einschließen würde).
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Peter Eichhorn
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Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Verstehe ich es richtig, dass es hierbei vor allem auf das "Wording" ankommt?
Wir benötigen nun mal mehr Platz zum Wohnen als eine "normale" Dreiköpfige Familie. Ich brauche ein Home-Office und meine Frau eben Platz für ihr Hobby (--> Klavierzimmer). Primär geht es uns somit gar nicht um wirtschaftliche Interessen. Dass meine Frau im Klavierzimmer PRIVAT unterrichtet ist wirtschaftlich vernachlässigbar (derzeit ca. 5000 Euro Umsatz pro Jahr). Meine Frau hat auch derzeit gar keine "beruflichen Räumlichkeiten".
Die beiden Haushälften ließen sich auch relativ einfach im Rahmen eines Umbaus innen verbinden.
Außerdem in diesem Zusammenhang: Wie verhält es sich mit § 573b BGB. "Danach steht dem Vermieter ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn er zusammen mit dem Mieter in einem Gebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen wohnt. Dann benötigt der Vermieter kein berechtigtes Interesse und kann auch kündigen, ohne dass er ausdrücklich Eigenbedarf oder sonstige Kündigungsgründe geltend macht."
Vielen Dank!
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen und Ihre Nachfrage.
Es kommt nicht bloß auf die Begriffe an, sondern auf die geplante Nutzung. Und ja, Kleinigkeiten machen hier einen enormen Unterschied. Die Erweiterung des Wohnraums - wie von Ihnen jetzt beschrieben - ist ein Eigenbedarfsgrund.
(Wenn Sie aber falsche Angaben zum Kündigungsgrund machen, drohen im Nachhinein Schadensersatzansprüche bei vorgetäuschtem Eigenbedarf und ein Strafverfahren wegen Betruges.)
§ 573a BGB ist ein sehr guter Gedanke. Jedoch nimmt die Rechtsprechung "eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude" nicht bei Doppelhäusern an, die durch eine Brandmauer getrennt sind (BGH, Urt. v. 25.06.2008 - VIII ZR 307/07, Rz 18). Solche Häuser sind selbstständige Gebäude.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Eichhorn
Rechtsanwalt