Entdeckung zusätzlicher 'versteckter Kosten' nach dem Kauf einer Wohnung

| 18. Juni 2023 08:18 |
Preis: 60,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von


18:33

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Dezember 2022 habe ich von einem Verkäufer (nicht deutschsprachig), der in der Schweiz wohnt, eine Wohnung + angeschlossenen Parkstellplatz in Frankfurt gekauft. Da ich selbst kein Auto besitze, wollte ich ursprünglich nicht auch die Immobilie des Stellplatzes kaufen, aber wir haben uns auf einen Endpreis geeinigt, der beides beinhaltet.

Vor etwa zwei Monaten wurde ich von der Hausverwaltung kontaktiert und erfuhr, dass alle Stellplätze, die inzwischen über 20 Jahre alt sind, von den verschiedenen Wohnungseigentümern auf eigene Kosten renoviert werden müssen (die Kosten belaufen sich auf etwa 4000 Euro). Andernfalls kann ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden und sie sind potenziell unsicher. Sie schickten auch individuelle Schätzungen der Qualität der einzelnen Stellplätze, und der, den ich gekauft habe, hat die schlechteste Bewertung.

Das Problem ist, dass diese E-Mail nur eine Erinnerung war, denn eine ursprüngliche E-Mail wurde bereits im August 2022 an alle Eigentümer geschickt, bevor ich die Wohnung kaufte (ich habe jetzt diese ursprüngliche E-Mail als Beweis). Diese Information wurde mir beim Kauf der Wohnung und des Stellplatzes nicht mitgeteilt. Ich habe natürlich noch einmal in dem von beiden Parteien unterzeichneten Kaufvertrag nachgesehen, der natürlich auch einen Abschnitt enthält, in dem der Verkäufer erklärt, dass er keine Kenntnis von versteckten Zusatzkosten hat, die auf den Käufer abgewälzt werden. Wie Sie verstehen - es gab tatsächlich solche Kosten.

Ich habe mich sofort mit dem früheren Eigentümer per Email in Verbindung gesetzt, um ihn über den Fall zu informieren und ihn (in freundlicher Weise) zu fragen, wie er weiter vorgehen möchte. Er antwortete schnell, sagte, er wisse nichts davon und werde sich bei mir melden. Es verging mehr als ein Monat, und so schickte ich ihm eine weitere E-Mail, in der ich ihm ausführlicher erklärte, dass ich die Beweise von der Hausverwaltung habe, dass ich ihn erneut auf den Vertrag hinweisen kann und dass ich - da ich kein Auto besitze - den Stellplatz jetzt nicht einmal verkaufen oder vermieten kann und mein Schaden daher in der Tat größer wird, je länger wir warten. Und dass ich die Sache im Idealfall einvernehmlich beenden möchte, er mir aber sonst keine andere Wahl lässt, als rechtliche Schritte einzuleiten. Er antwortete auch diesmal schnell, behauptete wieder, dass er wisse nichts von der Sache und bat um die E-Mail der Hausverwaltung (in der seine E-Mail-Adresse als Empfänger deutlich angegeben ist) und fragte, was ich vorschlagen wolle. Ich sagte, ich schlage eine pragmatische Lösung vor, bei der ich mich um die Logistik und die Bürokratie kümmere, während er die Kosten übernimmt. Er hat wieder nicht geantwortet.

Für mich wäre es der Idealfall gewesen, einfach die Zahlung von dem Verkäufer auf freundliche Art und Weise zu erhalten. Da er jedoch nicht sehr entgegenkommend zu sein scheint, möchte ich wissen, wie ich weiter vorgehen soll. Insbesondere möchte ich wissen, wie komplex ein solcher Fall wäre, wenn ich einen Anwalt einschalten und eine Klage einreichen würde, und ob sich das für mich finanziell überhaupt lohnt, wenn ich alle zusätzlichen Kosten in Betracht ziehe. Ich möchte also wissen, wie "kompliziert" mein Fall ist: Ob ich mit meiner Interpretation des Falles tatsächlich richtig liege (dass ich Recht habe), mit welchen Kosten ich in einem solchen Fall rechnen muss, wenn ich alle rechtlichen Aspekte berücksichtige, und ob es sich für mich überhaupt lohnt, ein solches Unterfangen zu starten. Und wenn ja - was würden Sie empfehlen, wie ich am besten vorgehen sollte?

18. Juni 2023 | 09:04

Antwort

von


(2929)
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26135 Oldenburg
Tel: 0441 26726
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Sehr geehrter Ratsuchender,


nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung liegt der Verdacht einer arglistigen Täuschung nahe, sodass ein möglicher Gewährleistungsausschluss im Notarvertrag dann nicht greifen und die Mangelhaftung wieder einsetzen würde.

Denn eine solch arglistige Täuschung würde so einen Gewährleistungsausschluss über § 444 BGB unwirksam werden lassen.


Allerdings sind Sie in der vollen Darlegungs- und Beweispflicht, müssen also darlegen und im Streitfall auch beweisen können, dass der Verkäufer positive Kenntnis von dem Umstand hatte.


Allein die Email der Hausverwaltung mit dessen Emailadresse wird im Zweifel nicht ausreichen, da damit nicht bewiesen werden kann, dass der Verkäufer die Email auch tatsächlich bekommen hat.


Daher sollten Sie sich zunächst mit der Hausverwaltung in Verbindung setzen, da diese ggfs. einen Nachweis hat (und sei es auch nur dessen Antwort an die Hausverwaltung).


Klären sollten Sie weiter, ob es dazu Beschlüsse der Eigentümerversammlung gegeben hat (was eigentlich anzunehmen ist und die Sie besser vor dem Verkauf auch hätten einsehen sollen), sodass Ihnen Protokoll und Beschlussfassung seitens der Hausverwaltung zur Verfügung gestellt werden kann.

Möglicherweise war der Verkäufer auch bei einer solchen Versammlung zugegen oder hat sich vertreten lassen. Auch das wäre dann ein wesentliches Beweismittel.


Kann damit der Beweis erbracht werden, hätten Sie Schadenersatzansprüche gegen den Verkäufer und sollten spätestens dann einen Rechtsanwalt beauftragen, Ihre Rechte durchzusetzen.

Der Verkäufer müsste die Kosten der Sanierung übernehmen und auch möglichen Gewinnausfall, wobei Sie Letzteres aber konkret nachweisen müsste - allein "ich hätte vermieten können" reicht nicht aus; es müsste dann ein konkretes Mietangebot vorliegen.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg


Rückfrage vom Fragesteller 19. Juni 2023 | 15:40

Sehr geehrter Herr Bohle,

vielen Dank für Ihre freundliche und ausführliche Antwort. Ich möchte noch einige klärende Fragen zu Ihren Ausführungen stellen und Sie bitten, auf meine ursprüngliche Frage noch deutlicher einzugehen:

1. Kann sich ein Mensch wirklich auf die Aussage "Ich habe es nicht gewusst" verlassen? Müsste er nicht beweisen, dass er es tatsächlich nicht wusste? Wenn ich nachweisen kann, dass er über dieselbe E-Mail-Adresse kontaktiert wurde, über die er in der Vergangenheit Mitteilungen erhalten hat, reicht das nicht aus? Oder kann eine Hausverwaltung rechtlich gesehen behaupten, dass die Benachrichtigung der Mieter über Änderungen und Protokolle per E-Mail rechtlich gesehen ausreichend ist. Bedeutet das in diesem Fall nicht, dass es rechtlich gesehen "gut genug" ist, dass der Eigentümer solche Mitteilungen und Aktualisierungen tatsächlich per E-Mail erhalten hat?

2. Der Eigentümer hält sich nicht in Deutschland auf und nimmt ganz sicher nicht an der Eigentümerversammlung teil. Dadurch wird noch deutlicher, dass ein solcher Eigentümer das Recht widerruft, über Änderungen auf anderem Wege als durch diese E-Mails informiert zu werden. Ich würde also noch einmal fragen: Bedeutet das nicht, dass eine solche E-Mail rechtlich ausreichend ist? Wie sonst könnten Personen, die nicht physisch anwesend sind, bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Haus/der Wohnung rechtlich etwas verlangen?

3. Sie schlagen vor, dass ich mich mit der Hausverwaltung in Verbindung setze und sie um zusätzliche Beweise bitte. Was für ein solcher zusätzlicher Nachweis kann das sein? Eine physische Kopie, die sie dem Verkäufer geschickt haben? Hier kann er wieder bequem behaupten, dass er das nicht erhalten hat.

4. Zum Schluss - ich habe keine Antwort auf eine meiner Fragen erhalten - aufgrund Ihrer Erfahrung mit dem Rechtssystem, den Kosten, die damit verbunden sind, dem Preis, um den es hier geht (diese ca. 4000 Euro, die ich erhalten möchte, das sind die Preise für die Reparatur) - für den Fall, dass ich und der vorherige Verkäufer nicht in der Lage sind, eine Lösung zwischen uns zu finden, glauben Sie, dass es sogar finanziell Sinn macht, den Fall zu eskalieren?

Vielen Dank im Voraus,

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Juni 2023 | 18:33

Sehr geehrter Ratsuchender,

zu den Nachfragen:


1.)

Nein; die Beweislast liegt bei Ihnen. Das ist nun einmal gesetzlich so verankert und nicht zu ändern.

Und bei der Email müssen Sie den konkreten Zugnag beweisen. Auch das ist gesetzlich so geregelt.


2.)

Nein; eine solche Email reicht nicht. Es ist auch egal, ob er im Aussalnd wohnt.


3.)

Möglicherweise hat er der Hausverwaltung geantwortet und auf die Email dabei Bezug genommen. Dann, aber nur dann kann der Zugang nachgewiesen werden.


4.)

Das hängt eben vom Streitwert ab. Ohne genaue Bezifferung lässt sich das nicht sagen. Wenn Sie den genauen Wert haben, können Sie unter

https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/apps/prozesskostenrechner

das Kostenrisiko dann in Erfahrung bringen. Aber dazu muss man eben auch den konkreten Schaden kennen.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg

Bewertung des Fragestellers 20. Juni 2023 | 14:15

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

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Stellungnahme vom Anwalt:

Möglicherweise wäre es ganz sinnvoll gewesen, Verträge und auch WEG-Beschlüsse einmal vorab prüfen zu lassen.

Die Gesetzeslage ist nun einmal so wie geschildert. Was daran nicht zu verstehen ist, dass Sie es beweisen müssen, erschließt sich mir nicht so richtig.

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