Rücktritt vom Maklervertrag und Kaufvertrag

1. Juni 2023 13:00 |
Preis: 75,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten um folgende Auskunft zu diesem Sachverhalt:

Wir haben einen rechtskräftigen Immobilienkaufvertrag (inkl. Zahlungsaufforderung an den Käufer) und auch einen bestehenden Maklervertrag, zu welchem Käufer die Provisionsrechnung noch nicht bezahlt und sich sträubt. Der Käufer will weder den Kaufpreisforderung noch unsere Provisionsrechnung, welche bereits per Inkasso eingefordert wird, weil dieser Zustand schon länger anhält.
Die Begründung des Käufer die Wohnung als auch unsere Rechnung nicht zu bezahlen, lautet wie folgt:
Er wirft der Verkäuferin und uns vor, dass wir in seinen Augen wichtige Information ihm vorgehalten haben. Zum einen sagt er, dass wir ihm hätten sagen müssen, dass die Wohnung zwei Jahre leer gestanden hat (uns war dieser Umstand nicht bekannt). Weiter behauptet, dass die Gas-Therme nicht richtig funktioniert, was auch stimmte, aber mittlerweile von der Verkäuferin behoben wurde. Sein Argument ist nur noch, dass die Wohnung lange leer stand und er von diesem Umstand nichts gewusst hatte. Er sagt, dass die Wohnung dadurch gelitten hätte und deswegen ein erheblicher Mangel vorliegt. Die Wohnung liegt im Dachgeschoss und ist eine Maisonette-Wohnung. Rechts und links grenzen Häuser an.
Meinen Sie, dass es der Käufer berechtigt wäre vom Kaufvertrag zurückzutreten? Die Wohnung hat keinen Schaden erlitten und die Heizung funktioniert auch wieder. Wir haben nur das Gefühl, dass er einen Grund für den Rücktritt sucht, weil er sich anders entschieden hat.

Vielen Dank für Ihre Einschätzung

1. Juni 2023 | 14:49

Antwort

von


(1622)
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Sehr geehrte Ratsuchender, sehr geehrter Ratuschender,

lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten.

Mangels Details zum gesamten Vorgang kann ich nicht im Detail vortragen. Insoweit wären Unterlagen und der konkrete Ablauf zu püfen.

1.
Der Käufer ist zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt,
wenn
a) ein Rücktrittsrecht im Vertrag vereinbart wurde
oder
b) (soweit die Sachmangelhaftung nicht aus geschlossen wurde) die Immobillie mangelhaft war und der Mangel nicht fristgemäß beseitigt wurde,
oder
c) dem Käufer ein Mangel arglistig verschwiegen wurde (§ 444 BGB).

2.
Ein Recht zur Anfechtung des Immobilienkaufvertrages besteht bei einer arglistigen Täuschung des Käufers. Diese Täuschung muss zum Abschluss des Kaufvertrages geführt haben (§ 123 BGB).


Täuschung geht durch Vorspiegeln falscher Tatsachen oder durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen.

Ob der Verkäufer die schlechte oder Nicht-funktionsfähigkeit der Heizung verschwiegen hat, kann ich mangels Angaben nicht beantworten.

Jedenfalls kann Leerstand einer Immobilie eine offenbarungspflichtige Tatsache sein, BGH, Urt. v. 10.10.2008 – V ZR 175/07, Rz 10:

"Im Rahmen von Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den jeweils anderen über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können und für den Entschluss zum Abschluss des Vertrags von wesentlicher Bedeutung sind, sofern die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann [...]. Ebenso besteht die Pflicht, dem Vertragspartner keine Umstände vorzuspiegeln, die für dessen Entscheidung wesentlich sein können, in Wirklichkeit jedoch nicht vorliegen [...]. Ein zur Darstellung der Belastung aus dem Kauf von Wohnungs- und Teileigentum zur Vermögensbildung bestimmtes Berechnungsbeispiel ist dazu bestimmt, in dem Umworbenen den Entschluss zum Kauf zu erwecken oder zu bestärken. Die in dem Beispiel angegebenen Mieten bilden die Grundlage der Berechnung. Der Gedanke, dass diese tatsächlich nicht erzielt werden, liegt für den Kaufinteressenten fern. Für ihn erscheint als selbstverständlich, dass die Angaben des Verkäufers zu der oder den erzielten Mieten zutreffend sind. Verhält es sich so nicht, muss der Verkäufer daher auch ohne Frage hierüber aufklären."

Es kommt jetzt auf den konkreten Ablauf an und auch darauf, was der Käufer beweisen kann.

Im Fall 1a ist es Auslegungssache, ob der Provisionsanspruch besteht oder nicht.

Im Fällen 1b) und 1c) besteht der Anspruch auf den Maklerlohn (, wenn auch die anderen Voraussetzungen gegeben sind). Denn es liegt ein wirksamer Kaufvertragsabschluss, der u.a. Voraussetzung für den Maklerlohn ist. Auf die tatsächlich Ausführung des Vertrages kommt es nicht an.
Die Rückabwicklung (§ 346 BGB) des wirksamen Kaufvertrages ist für den Maklerlohn nicht relevant.

Anders verhält es sich wenn eine wirksame Anfechtung gemäß § 123 BGB vorliegt (2. oben). Durch die Anfechtung ist der Kaufvertrag "von Anfang an nichtig" / ex tunc nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB). Mangels Kaufvertrages besteht kein Anspruch auf Provision.

Es ist anhand Ihrer Angaben nicht auszuschließen, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann. Der Rücktritt lässt aber den Provisionsvergütungsanspruch nicht entfallen.

Das wäre nur bei Anfechtung des Kaufvertrages der Fall. Die arglistige Täuschung muss der Käufer beweisen, ebenso, dass der Käufer die immobilie bei Kenntnis der verschwiegenen Umstände nicht erworben hätte.

Bevor Sie den Provisionsanspruch weiter verfolgen, sollten Sie - unter Beachtung der Verjhrungsfrist - Sicherheit haben, ob der Kaufvertrag bestand hat.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt










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