Aufpreis für Sonderwunsch in letzter Minute

9. Mai 2023 22:40 |
Preis: 90,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

Wir haben ein Reihenhaus von einem Bauträger erworben, das sich gerade in der letzten Phase des Baus befindet. Einige Monate nachdem wir den Kaufvertrag unterschrieben hatten gab es einen Bemusterungstermin bei dem wir einige Sonderwünsche einbringen konnten. Diese wurden in einem Dokument festgehalten, dass sowohl vom Bauträger als auch uns unterschrieben wurde. Einige der Sonderwünsche waren mit einem Aufpreis verbunden (der auch in dem Dokument vermerkt war), andere nicht. Einer der Sonderwünsche wurde im Dokument nur als "gewünscht" vermerkt und dafür haben wir im Nachgang ein Angebot bekommen mit der Option dieses zu dem angebotenen Preis anzunehmen oder die Standardausführung beizubehalten. Nun will der Bauträger allerdings kurz vor Fertigstellung einen Aufpreis für einen der Sonderwünsche für die kein Aufpreis festgelegt war.

Der Sonderwunsch war die Duschwand statt Deckenhoch nur halbhoch zu ziehen und darüber ein Glasteil anzubringen. Diese Entscheidung hatten wir erst während der Bemusterung nach einem Gespräch mit dem Bauträger getroffen. Es ist zwar nett um etwas mehr Licht in die Dusche zu bekommen, aber der Fakt, dass hierfür kein Aufpreis berechnet wurde war definitiv ein starkes Argument für diese Änderung. Im unterschrieben Plan hat der Bauträger hier lediglich "Wand 1,20m hoch, darauf Glas" vermerkt - ohne Aufpreis.

Jetzt sind wir kurz vor der Fertigstellung des Hauses (in etwa 6 Wochen, was auch der späteste vertraglich garantierte Termin ist) und der Sonderwunsch wurde schon teilweise ausgeführt (die Wand ist wohl nur halbhoch gemauert). Heute erreichte uns eine "dringende" Anfrage mit der Bitte den Mehrpreis für die Glasscheibe zu bestätigen, da sonst nicht bestellt werden kann. Der Preis ist laut Bauträger der Mehrpreis den der Glaslieferant berechnet. Er kommt uns allerdings mit ca 1400 Euro relativ hoch vor und der Sonderwunsch ist uns das Geld einfach nicht Wert. Nach einem Gespräch mit dem Bauträger war klar, dass es von seiner Seite keine wirkliche Alternative gibt: entweder wir zahlen den Aufpreis, oder wir bekommen das Haus mit unfertiger Dusche und irgendwann nach der Übergabe kommt dann jemand vorbei um die Wand bis zur Decke zu ziehen. Bis zur Fertigstellung sei dies "unmöglich", da kein Maurer mehr auf der Baustelle ist. Wir werden quasi gezwungen einen willkürlichen Aufpreis zu zahlen oder ein unfertiges Haus zu bekommen.

Zu den Fragen:
1. Gewährt uns das vom Bauträger unterschriebene Protokoll der Bemusterung einen Rechtsanspruch auf die darin festgehaltenen Sonderwünsche und deren Ausführung?
2. Haben wir ein Recht diesen Sonderwunsch ohne Aufpreis zu bekommen da keiner im Bemusterungsprotokoll vermerkt war, oder kann der Bauträger nun einen Aufpreis verlangen?
3. Falls der Bauträger diesen Aufpreis verlangen darf, haben wir dann das Recht dies abzulehnen ohne daraus Nachteile zu erhalten (und er damit die Pflicht die Dusche in Standardausführung trotzdem zum vereinbarten Termin zu übergeben)?
4. Wenn wir bei der Übergabe bemerken, dass bestimmte Sonderwünsche nicht oder falsch ausgeführt wurden, gelten diese dann als Mängel die der Bauträger beheben muss?x

Vielen Dank schonmal für Ihre Antwort!

Einsatz editiert am 10. Mai 2023 12:18

10. Mai 2023 | 12:54

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,


Sonderwünschen könnte ein Unternehmen zwar in der Tat über § 650b BGB von der Zahlung einer weiteren Vergütung abhängig machen, allerdings findet diese Vorschrift nach § 650u BGB bei einem Bauträgervertrag keine Anwendung.

Das hat zur Folge, dass der Unternehmer dann nicht jetzt plötzlich einen Aufschlag verlangen kann, da die Ausführung mit "gewünscht" eben ohne Aufpreis Vertragsgegenstand geworden ist.


Daher sollten Sie den Unternehmer schriftlich anweisen, die Wand wie vereinbart nur 1,20 Meter zu mauern und darauf dann die ebenfalls vereinbarte Glasscheibe zu setzen und zwar ohne die Mehrkosten für Sie.

Hier gilt also vorrangig die vertragliche Vereinbarung und wenn diese ohne Aufpreis offenbar akzeptiert worden ist, ist es auch so auszuführen.


Zudem dürfte der Preis - auch wenn es wohl Sicherheitsglas werden dürfte - für die Glasscheibe deutlich überteuert sein, aber darauf wird es hier noch nicht ankommen, da es allein Sache des Unternehmers ist.


Für Ihre Fragen bedeutet das dann

1. Gewährt uns das vom Bauträger unterschriebene Protokoll der Bemusterung einen Rechtsanspruch auf die darin festgehaltenen Sonderwünsche und deren Ausführung?

Nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung ist das zu bejahen.


2. Haben wir ein Recht diesen Sonderwunsch ohne Aufpreis zu bekommen da keiner im Bemusterungsprotokoll vermerkt war, oder kann der Bauträger nun einen Aufpreis verlangen?

Der Bauträger wird keinen Aufpreis aufgrund der obigen Ausführungen verlangen können; Sie hingegen haben den Anspruch auf diese vereinbarte Ausführung.


3. Falls der Bauträger diesen Aufpreis verlangen darf, haben wir dann das Recht dies abzulehnen ohne daraus Nachteile zu erhalten (und er damit die Pflicht die Dusche in Standardausführung trotzdem zum vereinbarten Termin zu übergeben)?

Kann der Bauträger nicht. Aber Sie hätten immer das Recht, ein Preisangebot abzulehnen, sodass es dann die Standardausführung wäre. Aber wie oben beschrieben, können Sie auf Mauer mit einer Höhe von 1,2m und aufgesetzter Glasscheibe bestehen.


4. Wenn wir bei der Übergabe bemerken, dass bestimmte Sonderwünsche nicht oder falsch ausgeführt wurden, gelten diese dann als Mängel die der Bauträger beheben muss?

Ja.

Die Mängel und Abweichungen sowie Minderleistungen sind schriftlich aufzunehmen und bitte unterschreiben Sie ein Protokoll dann immer nur mit dem Zusatz "unter Vorbehalt", da Sie ansonsten Rechte verlieren könnten.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg



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