Anhörung in Probezeit

| 17. März 2023 19:42 |
Preis: 40,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Guten Tag,

mein Arbeitgeber (ÖD) beabsichtigt, mir aufgrund längerer Erkrankung (Unfallfolgen, Behandlungsfehler) zu kündigen. Vorab darf ich mich dazu äußern - im Rahmen einer Anhörung.

Mag sein, dass es aus unternehmerischer Sicht klug ist, mich ziehen zu lassen. Sozial-familiär-finanzielle Aspekte (Trennung von Ehefrau, eigenfinanzierter vorheriger Umzug über 500 km, massiver kostenintensiver Schaden an Unfallauto) haben in diesem System kaum Bedeutung - das ist nichts Neues. Dennoch:

Ich bot dem Arbeitgeber einige Lösungen an: Probezeitverlängerung, unbezahlter Urlaub, Vertragsbeginnverlegung, Umwandlung unbefristeten in befristeten Vertrag - alles wurde abgelehnt (natürlich auch, weil arbeitsrechtlich mitunter nicht umsetzbar).

Zu meiner Frage: Was erwartet der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung? Dass ich mich für meine Erkrankung entschuldige? Dass ich Drogen konsumiere, um wider Erwarten "arbeitsfähig" zu sein? Oder dass ich hellseherisch die Erleuchtung habe, dass ich bald genesen bin?

Oder möchte er sich nur rechtlich absichern, um eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, hoffend, dass ich der Kündigung zustimme?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüße!

17. März 2023 | 20:15

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Anhörung des Arbeitnehmers ist nur vorgesehen im Fall einer Verdachtskündigung, wenn dem Arbeitnehmer vertragswidriges Verhalten vorgeworfen wird. Dann müsste er Ihnen aber auch vorab den konkreten Verdacht mitteilen, damit Sie diesen entkräften können. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung ist das nicht relevant.

Der Arbeitgeber muss für eine personenbedingte Kündigung eine Negativprognose aufstellen, also für die Zukunft weiterhin erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten erwarten dürfen. Vor diesem Hintergrund ist es tendenziell besser, die Genesung nicht vage in die Ferne zu schieben, sondern eher baldige Genesung und volle Leistungsfähigkeit zu prognostizieren. Wenn man sich da irrt oder zu optimistisch ist, kann einem das keiner vorwerfen.

Es gibt aber auch weitere Punkte, die der Arbeitgeber eventuell abfragen möchte: liegt ein Arbeitsunfall vor oder ist die Erkrankung auf die Arbeit zurückzuführen, haben Sie eine Schwerbehinderung/Gleichstellung beantragt? Letzteres sollten Sie ernsthaft in Betracht ziehen, falls nicht völlig ausgeschlossen.

Und schließlich gibt es das berühmte BEM, bei dem der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung prüfen muss, ob andere Maßnahmen die Arbeitsfähigkeit wiederherstellen und Leistung ermöglichen können. Ein solches Verfahren läuft in der Regel mündlich und strukturiert, ich kann aber nicht ausschließen, dass es bei Ihnen andere Regelungen gibt. In dem Fall dürfte er Ihnen fragen stellen, wie ein „leidensgerechter" Arbeitsplatz aussehen könnte und ob Sie Maßnahmen (besondere Möbel, Brille, anderer Arbeitsort….) vorschlagen können. Auch hier gilt: lieber kreativ und offen zeigen hilft, den Arbeitsplatz zu sichern.

Egal wie Sie es drehen und wenden: wenn Sie keine positive Rückmeldung geben, helfen Sie dem Arbeitgeber bei der Begründung Ihrer Kündigung.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Sönke Doll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bewertung des Fragestellers 17. März 2023 | 20:26

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Ausführliche, verständliche, formvollendete Antwort! Herzlichen Dank! Sollte ich einmal in ernstere Schwierigkeiten geraten, werde ich mich an Sie gerne erinnern.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 17. März 2023
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