Sehr geehrter Fragensteller,
da ein Erbvertrag nach dem Gesetzt (§ 2286 BGB
) für den Erblasser keine Verfügungsbeschränkung über den Nachlass beinhaltet, außer bei absichtlichen beeinträchtigenden Schenkungen nach § 2287 BGB
, wäre Ihre Grossmutter grundsätzlich zum Verkauf der Immobilie berechtigt. Ein Erbvertrag gibt dem vertraglichen Erben nicht die Garantie tatsächlich auch etwas zu erben.
Soweit die Nichte beweisen könnte, das Mutter und Tochter den Vertrag nur zur Verschleierung einer den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkung abgeschlossen hätte, könnte Sie die Mutter nach § 2287 BGB
zur Herausgabe in Anspruch nehmen. Dann müsste aber die Absicht der Großmutter zu schädigen bei dem Vertrag im Vordergrund gestanden haben und es sich tatsächlich auch um eine Schenkung gehandelt haben. Hierbei wird der Umfang des Nachlasses vor udn nach dem Verkauf eine Bedeutung zukommen.
Ob in dem Verkauf zwischen Mutter und Grossmutter eine Schenkung gesehen werden kann, kann man nur durch Prüfung des Vertrages und der konkreten Umstände (Werthaltigkeit der ausgetauschten Leistungen, Wert des restlichen Nachlasses) abschließend beurteilen. Da jedoch der Notar über die besonderen Umstände informiert war und der Vertrag auch daher entsprechend verfasst wurde, würde ich das Risiko in dem Vertrag eine Schenkung zu sehen, für sehr gering erachten. Wenn könnte es sich auch nur um eine gemischte Schenkung handeln, da ja auch eine Gegenleistung (Kaufpreis) und der Nießbrauch vereinbart wurde. Dann wäre der Teil herauszugeben, der als Schenkung feststellbar ist. Das könnte eventuelle der 25% Abschlag sein.
Der Anspruch auf Herausgabe verjährt 3 Jahre nach dem Erbfall. Da Ihre Großmutter noch lebt, hat die Verjährung noch nicht begonnen.
Die Sorge ob die Nichte den Verkauf anfechten könnte und wird, kann man Ihrer Mutter derzeit nicht nehmen.
Um hier zu einer Rechtsklarheit zu kommen, könnte jedoch die Großmutter die Nichte auffordern, im Rahmen einer notariellen Urkunde zu bestätigen, dass diese den Verkauf der Immobilie als rechtgültig erachten wird. Hierzu könnte Ihre Mutter sich auch noch mal mit dem Notar in Verbindung setzten, um diesen Weg zu besprechen. Eine solche Vereinbarung müsste notariel beurkundet werden.
Ich hoffe Ihnen geholfen zu haben.
Für Fragen stehe ich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Glahn, Rechtsanwältin
Erbvertrag vs. Kaufvertrag
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Erbrecht
Beantwortet von
Rechtsanwältin Susanne Sibylle Glahn
Sehr geehrte Rechtsanwältin, sehr geehrter Rechtsanwalt,
im Auftrag meiner Mutter möchte ich Ihnen folgenden Sachverhalt darlegen und Sie um einen dringenden Rechtsrat bitten:
Die Mutter meiner Mutter hatte vor einigen Jahren zugunsten ihrer Nichte einen Erbvertrag geschlossen (ohne Rücktrittsmöglichkeit!). Die Nichte sollte alles erben, meine Mutter nichts. Einige Monate später kam meine Großmutter offenbar zur Vernunft und verkaufte meiner Mutter das Haus samt Inventar, welches eigentlich in dem notariellen Erbvertrag für die Nichte gedacht war. Der Notar wurde über den gültigen Erbvertrag informiert und gestaltete daher den Kaufvertrag wie folgt:
Der Verkaufspreis betrug nur ¼ des eigentlich ohnehin geringen Immobilienwerts (lt. Wertgutachten). In Anrechnung gebracht wurde ein lebenslanges Niesbrauchsrecht zugunsten der Großmutter sowie Schulden der Großmutter, die meine Mutter tilgte. Zudem hielt der Notar im Kaufvertrag fest, dass wegen des schlechten Gebäudezustands, der Lage und der Nachfrage von einem weiteren Abschlag von 25% vom Immobilienwert ausgegangen werden muss.
Meine Mutter (einziges Kind der Großmutter, das Verhältnis zwischen beiden ist sehr angespannt) erwartet nunmehr nach dem Ableben ihrer Mutter, dass die Nichte der Großmutter mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit versuchen wird, über das eigentlich ihr zugedachte Erbe (Gegenleistung der Nichte: nur Bestattung und Grabpflege der Großmutter) zu verfügen, obwohl, wie beschrieben, die Großmutter meiner Mutter die Immobilie einige Monate nach der Errichtung des Erbvertrags verkauft hat. Dies wurde als einzige Möglichkeit angesehen, um letztendlich den Erbvertrag faktisch außer Kraft zu setzen.
Fragen:
Könnte die Nichte den Kaufvertrag anfechten, weil sie hier z.B. eine versteckte Schenkung vermutet?
Gesetzten Falls, das Argument einer (versteckten) Schenkung würde diskutiert werden: ist meine Mutter dann nicht nach 10 Jahren von dieser Sorge ohnehin befreit?
Muss sich meine Mutter weiterhin Sorgen machen, in einen Rechtsstreit verwickelt zu werden, dessen Kostenrisiko wahrscheinlich nicht einmal durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden kann (Erbrecht, Familienstreitigkeit)?
Für Ihre Mühe danke ich sehr und sehe Ihrer Antwort mit Spannung und Sorge um das Wohlbefinden meiner Mutter entgegen.
Schenkung Schenkung Mutter 10