Geltungsbereich Rückzahlungspflicht Studiengebühren duales Studium

8. Oktober 2022 12:50 |
Preis: 50,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Zusammenfassung

Rückzahlungs-Vereinbarungen für Aus- und Fortbildungskosten sind arbeitsrechtlich zulässig und üblich, die Verträge unterliegen aber der AGB Inhaltskontrolle

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Frage bezieht sich auf die Rückzahlungspflicht der Studiengebühren meines ausbildungsintegrierten dualen Studiums nach Aufkündigung meines aktuellen Arbeitsvertrages.

Ich habe im Zeitraum von Oktober 2018 bis Oktober 2021 ein ausbildungsintegriertes duales Studium an einer Fachhochschule absolviert. Die Studiengebühren wurden zu 3/4 von meinem Ausbildungsunternehmen getragen. Zu Beginn meines Studiums habe ich mit meinem Arbeitgeber eine "Sondervereinbarung zur Finanzierung des Studiums" abgeschlossen, welche "ergänzend zum Ausbildungsvertrag" mich dazu verpflichtet bei Aufkündigung meines Arbeitsvertrages innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung des Studiums die übernommenen Kosten der Studiengebühren anteilsweise zurückzuzahlen. Meine Ausbildung habe ich im August 2020 abgeschlossen und für den restlichen Zeitraum unter einem "Training-on-the-Job" Vertrag gearbeitet, diesen hatte ich gleichzeitig zu meinem Ausbildungsvertrag bereits 2018 unterschrieben. Seit Oktober 2021 bin ich unter einem neuen Arbeitsvertrag festangestellt. Dieser enthält unter anderem den Paragraph "Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform" - eine zusätzliche Klausel über die Rückzahlungspflicht des Studiengebühren wurde nicht noch einmal abgeschlossen.

Vielleicht ist das hilfreich: Bei meiner Recherche hieß es, dass bei ausbildungsintegrierten Studiengängen das BBiG gilt. Hier bin ich auf den §12 BBiG gestoßen, der Vereinbarungen über Zahlung von Entschädigungen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses als nichtig erklärt.

Meine Frage wäre jetzt: Ist die Sondervereinbarung von 2018 noch rechtswirksam und bin ich bei Aufkündigung meines Arbeitsvertrages zum Ende des Jahres dazu verpflichtet einen Teil der übernommenen Studiengebühren zurückzuzahlen?

Mit freundlichen Grüßen



Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Rückzahlungs-Vereinbarungen für Aus- und Fortbildungskosten sind arbeitsrechtlich zulässig und üblich.

Rückforderungen sind berechtigt, wenn sie an eine Eigenkündigung während oder nach der Aus- und Fortbildungsmaßnahme innerhalb einer bestimmten Bindungsfrist geknüpft sind, oder an berechtigte Arbeitgeberkündigungen wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers.

Die Dauer der Frist ist aber von der Höhe der Fortbildungskosten abhängig und die Kosten müssen in Relation zum Gehalt erheblich sein.

Es kann dahingestellt bleiben, ob Ihr Rechtsverhältnis § 5 BBiG unterlag.

Bei Anwendung des § 5 Abs. I BBiG folgt der Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung Ihrer nach der Qualifikationsvereinbarung erhalten Zahlungen aus § 812 Abs. I S. 1 BGB.

Da die Qualifizierungsvereinbarung einer Inhaltskontrolle nach den Grundsätzen zur Rückzahlung von Ausbildungskosten in einem Arbeitsverhältnis zu unterziehen ist, und wirksam wäre, löst sie ebenfalls eine Erstattungspflicht aus.

Im Rahmen einer Ausbildung nach dem BBiG fallen die Kosten der betrieblichen Ausbildung dem Ausbildungsbetrieb zur Last und können nicht dem Auszubildenden auferlegt werden (§ 11 Abs. II BBiG).

Zu den Kosten der betrieblichen Ausbildung zählen auch die durch den Besuch außerbetrieblicher Lehrgänge anfallenden Beträge, die Teil des Ausbildungsgangs sind
[BAG Urt. v. 29.06.1988 (Az.: 5 AZR 450/87). Hierzu können auch Kosten einer auswärtigen Unterbringung gehören, die dadurch entstehen, daß die praktische Berufsausbildung außerhalb des Ausbildungsbetriebs erfolgt [BAG Urt. v. 21.09.1995 (Az.: 5 AZR 994/94)].

Vom Ausbilder nicht zu tragen sind die Kosten des Berufsschulbesuchs und Kosten eines Studiums. Das gilt für Fahrt- und Unterbringungskosten, sowie Kosten, die ausschließlich dem schulischen Bereich zuzuordnen sind [BAG Urt. v. 25.07.2002 (Az.: 6 AZR 381/00)].

Nach dem Ausbildungsvertrag und der Sondervereinbarung gehören die Studienphasen wahrscheinlich nicht zur betrieblichen Ausbildung.

Soweit das BBiG auf eine Ausbildung an einer Berufsakademie überhaupt anwendbar wäre, beträfe diese den schulischen Bereich der dualen Ausbildung. Die durch das Studium entstehenden Kosten fielen demnach Ihnen zur Last.

Wenn Ihre Sondervereinbarung eine Verpflichtung auf Erhaltung eines Arbeitsverhältnisses unwirksam wäre, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die vom Arbeitgeber gezahlten Studiengebühren und Fahrtkosten.

[BAG, Urteil v. 05. 2. 2002 (Az.: 6 AZR 537/00)]



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 10. Oktober 2022 | 18:32

Sehr geehrter Herr Müller-Roden,

vielen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Frage!

Dass die Rückzahlungspflicht rechtwirksam ist, ist mir bewusst, doch leider bin ich immer noch nicht im Klaren, ob die Sondervereinbarungen jetzt auch für meinen neu abgeschlossenen Arbeitsvertrag gilt. Wie bereits beschrieben, schließt der neue Vertrag etwaige Klauseln aus, die nicht nochmals schriftlich zum Arbeitsvertrag vereinbart wurden. Die Sondervereinbarung wurde zusätzlich zu meinem Ausbildungsvertrag geschlossen, unter diesem ich aber nicht mehr angestellt bin.

Lässt sich hiermit nicht auf Unwirksamkeit der Sondervereinbarung plädieren oder ist hier ein genauer Einblick in die Verträge nötig?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Oktober 2022 | 18:38

Nein, der der neue Arbeitsvertrag kann ja nur künftige Vereinbarungen erfassen. Durch den Abschluss eines Vertrags werden ja nicht alte Verbindlichkeiten hinfällig, es sei denn sie werden ausdrücklich einbezogen.

Aber vor dem Arbeitsgericht kann vieles versucht werden.

Also nehmen Sie gerne Kontakt auf.

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